Gewitter mit Hochwasser an Costa Blanca befürchtet - Fluss Segura ausgebaggert

Vor dem Herbst häufen sich an Spaniens Mittelmeerküste die Warnungen: Viele Stellen seien nicht ausreichend vor Überschwemmungen geschützt.
Guardamar – Noch während die Hitze die spanische Mittelmeerküste plagt, geht der Blick langsam aber sicher über den Tellerrand des Sommers auf den Herbst. Auch dort bahnen sich extreme Wetterkapriolen an. Die viel zu hohe Temperatur des Meeres etwa ist ein berüchtigter Auslöser des Dana-Phänomens mit heftigen Gewittern. Ein solches setzte 2019 den Süden der Costa Blanca unter Wasser. Viel gesprochen wurde seit dem katastrophalen Hochwasser über vorbeugende Maßnahmen. Aber in Kraft getreten seien nur wenige von ihnen, mahnen im Sommer 2022 Kenner aus unterschiedlichen Bereichen. In diesen Tagen funkten etwa die Landwirte sowie Fachleute einiger Rathäuser im Kreis Vega Baja SOS. Das Wasserwirtschaftsamt CHS hat indes begonnen, mit Baggern den Fluss freizuräumen und bei möglichen Unwettern den schnellen Abfluss des Regenwassers zu gewährleisten.
Costa Blanca: Gewitter mit Hochwasser befürchtet - Fluss verstopft
Wie schnell ein Unwetter die Mittelmeerküste überrumpeln kann, zeigte sich in diesen Tagen im Hinterland der Costa Blanca: Im Ort Beneixama richtete am 30. August ein schwerer Sturm mit heftigem Regen und sogar einer Art Tornado zahlreiche Schäden an, riss Dächer von Gebäuden weg, schmiss Bäume um. Nebenan in Villena fielen außerordentliche große Hagelkörner herab, zwischen Biar und Campo de Mirra trat der Fluss übers Ufer und überschwemmte die Landstraße CV-799. Rasche und unvorgesehene Gewitter sorgten in unterschiedlichen Teilen Spaniens zuletzt für Aufsehen. 2019 an der Costa Blanca sorgte ein solches für ein Hochwasser, dessen Schäden bis heute nicht bereinigt sind. Mit nahendem Herbst 2022 häufen sich daher die Warnungen.
Umgehend das Flussbett des Segura im freizugraben – dazu hatte der Alicantiner Bauernverband Asaja die Verwaltungen just aufgefordert. Voller pflanzlicher und künstlicher Reste sei das alte Flussbett (cauce viejo) an der chronisch verstopften Mündung in der Stadt Guardamar. Im Fall eines Hochwassers sei in Süden der Costa Blanca ein Stöpsel-Effekt zu befürchten: Das Wasser des Kreises Vega Baja würde sich, wie 2019 geschehen, tagelang vor Guardamar stauen. Allein aus Sicht der Landwirte seien die Folgen „schrecklich“, mahnte Asaja. An der Misere schuld sei in erster Linie Spaniens Ministerium für Ökologischen Wandel (Miteco), das lediglich durch „Tatenlosigkeit“ auffalle und den mit Schilf, Gräsern und Schlamm versperrten Segura seinem Schicksal überlasse.
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Schleusen sind nicht genug: Dringende Ausbaggerungen
Längst hätte das Miteco unterstellte Küstenamt, das für die letzten 500 Meter des Seguraverlaufs zuständige ist, handeln müssen. Völlig tatenlos sind die Organe des Ministeriums allerdings nicht. Soeben startete sdas Wasserwirtschaftsamt CHS ein 1,7 Millionen Euro schweres Projekt, das auf einem Verlauf von 66,50 Kilometern ab der Region Murcia bis nach Guardamar gezielt Sicherheitsrisiken im Flussbett identifizieren und beseitigen soll. Nicht inbegriffen ist darin aber Guardamars alte Flussstrecke, die für sechs landwirtschaftliche Kanäle als Abfluss zum Meer dient. Deren Ausbaggerung ist jedoch auch deshalb schwierig zu regeln, da es sich um ein geschütztes Feuchtgebiet handelt.
Immerhin installierte Guardamar nach der Katastrophe 2019 zwei Schleusen, mit denen die Stadt im Notfall das alte Flussbett mit dem neuen verbinden und somit entlasten kann. Doch diese Vorrichtung würde bei einem Hochwasser nicht reichen. Davor warnt nicht nur Asaja. Auch Guardamars Bürgermeister José Luis Sáez (PSOE), zugleich örtlicher Wasserrichter, räumte diese Gefahr kürzlich ein. Doch die Gefahr einer Überschwemmung drohte eben nicht nur an der Küste, sondern auch im Hinterland der Costa Blanca. Der Ort Benferri etwa funkte SOS: Dringend müsse das Wasserwirtschaftsamt (CHS) auch den Kanal Rambla de Abanilla aufräumen. Denn das Trockenflussbett ist dafür zuständig, bei viel Regen das Wasser abfließen zu lassen.
Erster Hotspot der Katastrophe warnt: Spezielle Eingriffe
Dies aber funktionierte beim zerstörerischen Gewitter im Spätsommer 2019 wegen der Verstopfung nicht, sodass der Raum Benferri zum ersten Hotspot der Katastrophe im Süden der Costa Blanca wurde. Das durch den Ort verlaufende Stück habe das Rathaus Benferri, wie es mit CHS vereinbart ist, gesäubert, versichert Bürgermeister Luis Vicente Mateo (PSOE). Momentan konzentriert sich das Wasserwirtschaftsamt aber auf den Raum zwischen Rojales und Guardamar: Auf einer Länge von über vier Kilometern werden allerlei Hindernisse, allem voran wuchernde Gräser, herausgeholt, um das Abfließen des Wassers über die Mündung ins Meer zu erleichtern.
Die Verstopfung dieses Abschnitts war ein Grund dafür, dass sich nach dem außerordentlichen Gewitter 2019 vor Guardamar die mehrtägige Überschwemmung bildete. 326.000 Euro lässt sich das zu Spaniens Umweltministerium gehörende Amt diesen Eingriff kosten. Beim Besuch vor Ort überprüfte der Vize-Kommissar von CHS, Adolfo Mérida, kürzlich auch die korrekte Funktion der Schleuse in Guardamar, die im Notfall das Flusswasser aus der alten Mündung in die neue leiten kann. Bei den Pflanzen, die den Flusslauf versperren, handelt es sich laut CHS um einheimische wie invasive Arten.
Der spezielle Eingriff geschieht im Rahmen eines Hochwasser-Vorbeugungsplans des Landes Valencia und ergänzt die regulären CHS-Instandhaltungsmaßnahmen, die sich zum Herbst wegen dem Regenrisiko verstärken. Vor einigen Tagen verkündete CHS zudem den erfolgreichen Abschluss der Arbeiten, die ein im Fluss bei Guardamar angebrachtes Absperrgittter mit Strom versorgt haben. Das selbstreinigende Gitter soll schwimmende Reste vorm Eindringen in die Mündung stoppen. Dieses Problem sorgt seit Jahren unter Ökologen für Kopfzerbrechen, wurde aber bereits durch spezielle Dämme, die das CHS im Fluss installiert hatte, deutlich reduziert.