Costa Blanca: Die wertvolle Tätigkeit der Imker trägt zum Erhalt der Bienen bei

Bienen spielen eine bedeutende Rolle für den Erhalt der globalen Ökosysteme. Doch ihr Bestand ist gefährdet. Einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Insekten leisten Imker. Auch an der Costa Blanca.
Ruben Pérez ist konzentriert und besonnen. Ohne schroffe Bewegungen geht er durch die Reihen seiner mehr als 100 Bienenstöcke, die hoch oben in der Sierra de Alfaro nahe des Dörfchens Castell de Castells im Hinterland der Costa Blanca in Spanien stehen. Der 36-Jährige, der den Imker-Beruf in vierter Generation ausführt, ist mit Bienenvölkern aufgewachsen.
„Wenn sich Bienen nicht bedroht fühlen, greifen sie nicht an“, erklärt der Imker. „Und sie spüren sehr genau, in welcher Verfassung du dich ihnen näherst.“ Über zwei Stunden halten wir uns zwischen den Bienenstöcken auf, werden von Hunderten der kleinen Insekten umschwirrt. Schutzkleidung ist beim Besuch der colmenas natürlich ein Muss. Doch wie harmlos diese wunderbaren Tiere sind, zeigt allein die Tatsache, dass Pérez, obwohl er keine Handschuhe trägt und den Insekten sehr nahe kommt, nicht ein einziges Mal gestochen wird. Und das, obwohl er einen Bienenstock nach dem anderen öffnet und einzelne Wände mit den Waben herausholt, um seine regelmäßige Kontrolle durchzuführen.
An der Costa Blanca: Die Imkerei Miel Apícola Pérez ist seit vier Generationen im Bienen-Geschäft
1.500 Bienenstöcke mit insgesamt geschätzten neun Millionen Bienen betreibt die Imkerei Miel Apícola Pérez – ein Familienunternehmen, das die Bienenstöcke derzeit zur Blüte auf Feldern in Tárbena, Guadalest, Benissa, Llíber, Dénia, Gandía und Castell de Castells stehen hat. Unterstützt wird Pérez von Vater und Bruder. Alleine ließe sich die zeitintensive Arbeit kaum bewerkstelligen. Denn kaum ist die Blütezeit in dieser Region vorbei, geht es per Lkw mit einem Teil der Bienenstöcke nach Toledo und mit dem anderen Teil nach Teruel. „Die Transhumanz ermöglicht es uns, die Blütezeiten verschiedener Regionen zu nutzen“, erklärt der Imker. „Nach Toledo bringen wir unsere Bienen hauptsächlich wegen des Bienenpollens, nach Teruel wegen des Thymians. Wir führen die Transporte nachts durch, wenn alle Tiere in ihren Stöcken sind, und holen sie nach zwei Monaten wieder ab.“
Doch sind Toledo und Teruel nicht die einzigen Gebiete, in denen die Imkerei ihre Bienen arbeiten lässt. „Derzeit haben wir Bienenstöcke in Ciudad Real, die Anfang Juli zum Teil nach Burgos und zum Teil in die ländliche Region von Guadalajara wandern werden.“ Dieses Gebiet werde wegen seiner riesigen Lavendel-Anbauflächen auch die spanische Provence genannt. Lavendel-Honig sei bei Briten sehr beliebt, während Deutsche Rosmarin- und Heidekraut, Franzosen Orangen und Asiaten den kräftigen Geschmack von Heidekraut und Thymian bevorzugten. Pérez kennt die Vorlieben seiner Kunden ganz genau, betreibt er doch einen Laden in Guadalest, wo er sich eines internationalen Publikums sicher sein kann.
Imker Ruben Pérez kann seine Bienenstöcke per App über mehrere 100 Kilometer kontrollieren
Ruben Pérez liegt das Wohl seiner Bienen sehr am Herzen. Nicht nur, weil sie ihm kostbaren Honig bescheren, sondern auch, weil sich der Spanier ihrer großen Bedeutung für eine intakte Umwelt bewusst ist. Über ein Programm kann der Imker vom heimischen Sofa aus seine Bienenstöcke im 400 Kilometer entfernten Toledo kontrollieren. Per App lassen sich etwa die Temperatur und Feuchtigkeit der Bienenstöcke abrufen und die Menge des Honigs, den die Bienen am Tag produzieren. Zudem kann Pérez im Falle eines Diebstahls genau verfolgen, wo sich seine Stöcke befinden. Doch stehen Bienenstöcke überhaupt auf der Liste von Dieben? „Leider ja“, lautet die Antwort. „Vor vier Jahren hat man uns 80 Stöcke gestohlen, die nie wieder aufgetaucht sind. Damals hatten wir das GPS-System noch nicht. Mit ein Grund, warum wir uns das Kontrollsystem zugelegt haben.“
Pérez betont, er bringe seine Bienenstöcke bevorzugt in möglichst naturbelassene Gebiete. „Obstanbauplantagen meiden wir so gut es geht, weil in der Landwirtschaft Herbizide eingesetzt werden, die den Bienen nicht gut tun“, erklärt der Imker. Es sei ihm wichtig, dass sich seine Bienen weitgehend von unbelasteten Blüten ernähren. Auch deshalb, damit sie kräftig und damit widerstandsfähiger gegen Schädlinge seien. In der Regel kommt ein gesundes Bienenvolk mit den meisten Krankheiten gut zurecht. Ein großes Problem stellt jedoch die Varroamilbe dar. Dieser winzige Parasit befällt die Honigbienen und ernährt sich von ihrem Blut. Mit den Bisswunden überträgt die Milbe Krankheitserreger und schwächt die Biene.
Forscher sind der Ansicht, dass dieser Parasit einen großen Anteil am Bienensterben hat, wenngleich dieses Phänomen vielfältige Ursachen hat. Die Wissenschaft ist sich einig, dass ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, wie etwa der zunehmende Aufbau von Monokulturen, die Reduzierung landwirtschaftlicher Flächen und der Einsatz von Pestiziden in der Agrarwirtschaft, verheerende Folgen für die Bienenvölker hat.

Abrupte Temperaturveränderungen können Bienen aus dem Gleichgewicht bringen, wissen Imker an der Costa Blanca
Aber auch der zunehmende Klimawandel, der plötzliche Temperaturveränderungen und vorgezogene Blütenphasen mit sich bringt, kann die Bienen aus dem Gleichgewicht bringen. Wetterkapriolen zehren an den Energievorräten der Bienen. Sie bringen ihren gesamten Kreislauf ins Wanken und machen sie anfälliger für die Varroamilbe, die Ende der 1980er Jahre aus Asien eingeschleppt wurde.
Mit plötzlichen Klimaveränderungen muss Ruben Pérez immer rechnen. „Im März sah es anfänglich noch sehr gut aus“, berichtet er. „Wir hatten milde Temperaturen und gingen von einer guten Saison für Rosmarinhonig aus.“ Doch dann änderte sich das Klima von einem Tag auf den anderen. „Es fing an zu schneien“, erinnert sich der Imker. „Der Schnee lag fünf Zentimeter hoch und die Honigproduktion fror im wahrsten Sinne des Wortes ein.“
Bienen seien sehr wetterorientiert. „Sie sind nur bei sonnigem Wetter aktiv“, weiß der Unternehmer. „Bei Nebel, Regen, Schnee oder extremer Kälte schwärmen sie nicht aus, sondern bleiben in ihrem Bienenstock.“ Der Wintereinbruch im März werde ihn etwa 30 Prozent der Erträge kosten, schätzt Pérez. „Man lernt damit umzugehen“, sagt er und lacht. „Krasse Wetterschwankungen hat es in den vergangenen Jahren reichlich gegeben. Meistens durch extreme Regenfälle im April. Man erlebt immer Überraschungen, aber das bringt die Arbeit mit Bienen so mit sich.“ Er sehe die Imkerei nicht als Arbeit an. „Ich schätze mich glücklich, dass ich dieser Tätigkeit nachgehen kann“, betont er. Man dürfe die Stunden, die man für die Imkerei aufwendet, nur nicht im Verhältnis zu den Einnahmen sehen.
An der Costa Blanca: Die meisten Profi-Imker können allein von der Honigproduktion ihrer Bienen nicht leben
„Reich wird man damit nicht“, stellt Pérez klar. „Die meisten professionellen Imker haben deshalb ein weiteres Standbein.“ Auch seine Familie bildet da keine Ausnahme. Neben der Honigproduktion und dem Verkauf von Bienenprodukten betreibt das Familienunternehmen ein Restaurant in Benichembla und den Online-Versand für Naturkosmetik auf Honigbasis Abeelium.com.
Ruben Pérez brennt für die Imkerei. Der Spanier ist davon beseelt, diesen Beruf, der für ihn eine Berufung ist, interessierten Menschen näherzubringen. „Ich möchte Naturliebhabern vor Ort zeigen, wie die Zusammenarbeit mit Bienen funktioniert, wie Bienenstöcke aufgebaut sind und wie hervorragend sich diese Tiere organisieren“, sagt er. Damit wolle er unter anderem erreichen, dass die Bedeutung der Bienen ein größeres Gewicht erhält, denn: „Es gibt immer weniger Bienen. Um ein Aussterben zu verhindern, ist es enorm wichtig, dass die Imkerei erhalten bleibt. Dessen sollten sich viel mehr Menschen bewusst sein.“ Der Imker möchte aus diesem Grund Gruppenführungen zu seinen Stöcken organisieren. Interessenten können ihn unter der Rufnummer 645 759 800 (Spanisch und Englisch) kontaktieren.
Bienen spielen eine bedeutende Rolle für den Erhalt der globalen Ökosysteme. Forscher warnen bereits seit langem vor dem Rückgang der Bestände. Dabei sind Bienen ganz extrem wichtig. Nicht nur, weil sie uns mit gesundem Honig versorgen, sondern auch, weil sie mehr noch als Hummeln und andere Insekten zur Bestäubung von Obstbäumen und Gemüsepflanzen beitragen. Somit sind sie ganz besonders wertvoll für den Erhalt der Artenvielfalt. Insekten bestäuben rund 80 Prozent der Pflanzen und sichern somit das Überleben von Bäumen, Gräsern und Blumen sowie die Nahrungsquellen der Weltbevölkerung.
Weltweit hat sich der Bestand der Bienen wie auch der Insekten drastisch reduziert, wissen auch die Imker der Costa Blanca
Sorgen bereitet Wissenschaftlern und Umweltschützern, dass weltweit immer mehr Bienenpopulationen verschwinden. Die 2019 veröffentlichte Studie „Worldwide decline of the entomofauna – A review of its drivers“ kommt denn zu dem Schluss, dass sich der weltweite Bestand sämtlicher Insekten im Laufe der Jahrzehnte dramatisch reduziert hat. Und auch die Naturschutzorganisation WWF spricht von einem weltweiten Rückgang der Fluginsekten seit den 1990er Jahren um 70 Prozent. Allein in Europa seien 40 Prozent der Bienen vom Aussterben bedroht. Vor allem wegen des „unverantwortlichen Einsatzes von Pestiziden“, aber auch wegen des Klimawandels und der Reduzierung von Agrarflächen, so WWF. Auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hat negative Auswirkungen auf Bienen, belegt eine Studie des Wissenschaftsnetzwerkes der Europäischen Union EASAC aus dem Jahr 2015.
Diese Entwicklung rückt die wertvolle Tätigkeit von Imkern in ein ganz besonderes Licht. Auch die des Hobbimkers Armando Camps aus dem Vall de Gallinera, dessen Bienenstöcke ihm jährlich etwa 400 Kilogramm Honig bescheren. „Hauptsächlich für den Eigenbedarf“, berichtet der Spanier. „Was übrig bleibt, verkaufe ich.“ Auch wenn er die Bienen als Steckenpferd betreibe, müsse er die selben gesetzlichen Vorgaben beachten wie ein Berufsimker.
Bienenbestäubte Obst- und Gemüseplantagen der Costa Blanca werfen höhere Erträge ab und sorgen für größere Früchte
Bis vor wenigen Tagen hatte Camps drei seiner Bienenstöcke auf dem Avocado-Feld des Pegoliner Landwirts Vicent Dominguis stehen. Eine „Leihgebühr“ hat er dafür nicht in Rechnung gestellt. „Mir ist es wichtig, dass meine Bienen eine abwechslungsreiche Ernährung haben“, sagt der Tierfreund. Einen finanziellen Nutzen ziehe er daraus nicht. Den könne höchstens Landwirt Dominguis erwarten. Denn als erwiesen gilt: Die Bestäubung von Obst- und Gemüseplantagen durch Bienen führt nicht nur zu höheren Ernteerträgen, sondern wirkt sich auch auf die Größe der Agrarprodukte aus.
Der Landwirt aus Pego, der vor fünf Jahren ein Mandarinenfeld auf Avocado umgestellt hat, ist optimistisch. „Die Blüte der Avocadobäume fiel durch die Bienen viel üppiger aus“, weiß er zu berichten. „Noch sind die Früchte sehr klein. Eine Prognose zu stellen ist schwierig“, meint er. „Ich gehe aber davon aus, dass die Erträge in dieser Saison höher ausfallen werden als im vergangenen Jahr.
Noch ein Tipp zum Schluss. Sollte sich einmal ein Bienenschwarm in Ihrem Garten oder auf Ihrer Terrasse eingenistet haben, dann holen Sie sich am besten die Hilfe eines Imkers, um die Insekten einfangen zu lassen. Denn die haben das nötige Knowhow.