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Kreiskrankenhaus Torrevieja: Einstellungen gegen Warteschlangen

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Von: Stefan Wieczorek, Till Florian Tognino

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Medizinisches Personal steht in Reihe und trägt grüne Kleidung und Masken.
Das Krankenhaus von Torrevieja will mit neuen Arbeitskräften für Patienten die Warteschlangen verkürzen. © Land Valencia

Viel Kritik erntet die Klinik seit dem Betreiberwechsel vor einem Jahr. Das Land Valencia sieht hingegen lauter Fortschritte. Unter deutschen Residenten ist der Wechsel von privat zu öffentlich kein großes Thema.

Freudige Nachrichten bringt die Klinik Torrevieja diese Woche. Noch im Oktober werde der Brustkrebs-Ateilung ein neues anatomisch-pathologisches Labor zur Verfügung gestellt. Ein multidisziplinäres Team aus Onkologie, Strahlendiagnostik, Gynäkologie und Chirurgie werde Erkrankte besser versorgen. Und mit Radiologin Dr. María José Fuster sei eine Expertin für Mammographie neu mit an Bord. Ferner seien 630 Stellen durch neue Angestellte besetzt worden. Es sind Umstrukturierungen und Einstellungen nicht zuletzt gegen die ewigen Patienten-Warteschlangen, für die das Krankenhaus so viel Kritik erntet.

Krankenhaus Torrevieja: Einstellungen gegen Warteschlangen

Die Einstellungen und Erneuerungen meldete der Gesundheitsbezik von der Costa Blanca am Dienstag, kurz vor einem wichtigen Jahrestag. Am 15. Oktober ist es ein Jahr her, dass die Landesregierung die Leitung des Gesundheitsbezirks übernahm. Jede Menge habe sich seit der Entprivatisierung gebessert, bekräftigte das Land Valencia am Montag. Einige Tage zuvor freute sich das zum Bezirk gehörende Guardamar über eine Neustrukturierung der primären Gesundheitsfürsorge, die unter anderem die Anzahl der Patienten pro Arzt auf unter 1.500 senkte. Nimmt man allein die Verlautbarungen aus Valencia, ist der Wechsel, der dem privaten Unternehmen Ribera Salud die Kontrolle abnahm, ein voller Erfolg.

Motiviert war der Wechsel in Torrevieja nicht unbedingt durch Mängel in der Versorgung von Patienten. Vorzeigbare Resultate meldete das Krankenhaus unter dem privaten Betreiber. In der enormen Corona-Belastung etwa galten die Kliniken von Ribera in Elche und Torrevieja als besonders effizient, obgleich - siehe Dénia - Patienten auch üble Erfahrungen in Ribera-Kliniken machen. So oder so: Mit dem Hospital Torrevieja bereicherte sich der Konzern aus Spanien kräftig. Noch 2021 verzeichnete Ribera Salud bei einem Umsatz von 128 Millionen Euro sechs Millionen Euro Gewinn. Den regierenden Sozialisten und Valencianisten ist dies ein Dorn im Auge, da sie für eine Gesundheitsversorgung stehen, die „zu hundert Prozent dem Bürger gehört“.

Nicht nur Ribera-Befürworter klagen Krankenhaus-Mängel an

Aber von einem reibungslosen Betrieb der neuen öffentlichen Leitung des Gesundheitsbezirks kann insgesamt keine Rede sein, zumindest was die mediale Wahrnehmung angeht. Befürworter von Ribera Salud, allem voran die konservative PP, halten den Finger auf eine Vielzahl erschreckender Mängel, besonders in Bezug auf die Notaufnahme. Nimmt man die Stimmen der Ribera-Befürworter, stellt die Klinik ein einziges Desaster dar – und zwar seit dem Wechsel von privatem zu staatlichem Betreiber am 15. Oktober 2021. Ein solches Bild propagierte in Torrevieja auch kürzlich eine Demo mit 700 Teilnehmern, unter denen sich wohlgemerkt jede Menge PP-Politiker und Personen aus dem Ribera-Umfeld tummelten.

Ob Patienten, die 20 Stunden auf den Fluren warten, Brustkrebspatientinnen, die in andere Krankenhäuser überwiesen werden müssen, oder Abteilungsleiter, die wegen Überforderung zurücktreten – es sind Zustände, die allerdings nicht nur konservativ-liberale Gruppierungen und Zeitungen wiederholen, sondern auch ideologisch eigentlich der öffentlichen Gesundheitsversorgung zugeneigte Organe wie die Gewerkschaft CCOO. Wir fragten in deutschen Gruppen des Raums Torrevieja nach, ob der Umstieg von privat zu öffentlich ein größeres Thema unter den Residenten sei.

„Wer noch Auto fahren kann, dem empfehle ich das Krankenhaus Elche“

Nein, melden die Wanderfreunde Torrevieja und der Deutsche Tisch Orihuela Costa. Den Eindruck bestätigt uns der deutsche Ansprechpartner der Stadt Orihuela, Stefan Pokroppa: Höchstens die Engländer sprächen von „chaotischen Zuständen“ in der Klinik Torrevieja. Er selbst habe es aber schon erlebt, als Begleiter einer Person in der Notaufnahme acht Stunden gewartet zu haben. „Daher rate ich immer: Wer bei einem Notfall noch Auto fahren kann, dem empfehle ich das Krankenhaus Elche.“ Sind diese Probleme eine Folge des Betreiberwechsels? Das könne man nicht einfach behaupten, mahnt Pokroppa, den die Verstaatlichung des Gesundheitsbezirks an sich jedoch verwundert habe.

Deutliche Kritik äußert dagegen costanachrichten-Leserin Miranda Chrestin: „Ich bekam bei einem medizinischen Notfall einen Termin in drei Wochen. Da hätte ich schon tot sein können“. Der Residentin sei der Personalmangel in Torrevieja aufgefallen: „Das Hospital ist heillos überlastet. Gerade im Sommer bei den Touristenmassen.“ Durchaus räumt die durch das Land eingesetzte Klinikleitung einige Kritikpunkte ein. Jedoch sieht Leiterin Pilar Santos den Grund bei den Vorgängern. Jede Menge Untersuchungen in Bereichen wie Kernspin, CT oder Mammographie hätte Ribera Salud aufgeschoben. Dieser Stau würde in öffentlicher Hand nun nach und nach abgebaut. Für die Probleme in der Notaufnahme suche die Leitung stetig nach Lösungen.

Leiterin unter Beschuss: Alles nur Propaganda?

Vor drei Wochen erklang erstmals seitens Befürwortern der öffentlichen Gesundheitsversorgung laute Kritik an der Chefin des Krankenhausbezirks Torrevieja. Die Plattform Sanidad 100x100 Pública y de Calidad forderte den Rücktritt von Pilar Santos. Es herrschten „offensichtliche Probleme“ in der Klinik Torrevieja. Bisher hatte die Leiterin all die Kritiken als irreführende und schädigende Propaganda der politischen Gegner abgewiegelt. Mit Blick auf die Verlautbarungen aus Valencia kann man ihr fast nicht widersprechen.

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