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Müll verpestet Luft an Costa Blanca: Anwohnerin leidet seit über zehn Jahren unter Anlage

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Von: Anne Götzinger

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Müllberge in einer Halle der Verwertungsanlage in El Campello.
Die Verwertungsanlage in El Campello nimmt Müll aus 52 Gemeinden der Costa Blanca auf. © Rathaus El Campello

Seit über zehn Jahren verpestet eine Müllverwertungsanlage an der Costa Blanca die Luft. Wie der Gestank Anwohner in El Campello krank macht.

El Campello – Wer raucht, entscheidet selbst, welchem gesundheitlichem Risiko er sich dabei aussetzt. „Wir aber werden gezwungen, täglich Giftstoffe einzuatmen“, sagt Raquel Sempere. Die 51-Jährige besitzt seit 2003 ein Haus an der Costa Blanca, konkret in der Urbanisation El Poblet im Norden El Campellos. Im Jahr 2009 wurde nur rund einen Kilometer entfernt die Müll-Verwertungsanlage Les Canyades in Betrieb genommen.

Damit änderte sich das Leben der Anwohner in den Wohngebieten Cala d’Or, Venta Lanuza, Coveta Fumà und La Merced schlagartig. Ein abartiger Gestank – ein Gemisch aus Vergorenem und chemischen Substanzen – weht seitdem praktisch täglich über mehrere Stunden zu ihren Häusern herüber. Wer derzeit morgens gegen 9 Uhr auf der Costa-Blanca-Autobahn AP-7 zwischen El Campello und Villajoyosa unterwegs ist, weiß genau, wie der Müll selbst bei geschlossenen Fenstern bestialisch stinkt.

Costa Blanca: Müll-Anlage in der Nähe von Wohngebiet

„Meist beginnt es gegen 22 Uhr, dann muss ich mich in das obere Stockwerk meines Hauses zurückziehen“, erzählt Raquel Sempere. Dort sei sie dann eingesperrt, in einem Raum, dessen Fenster sie mit Panzerband abgeklebt hat, damit der Gestank nicht bis ins Schlafzimmer dringen kann. „Am nächsten Morgen so gegen 10 Uhr hört es dann auf zu stinken.“ Die Anlage in El Campello nimmt Müll und Kompost aus 52 Gemeinden der Costa Blanca auf.

Sempere sagt, sie sei psychisch am Ende. Und das wirke sich auf ihr ganzes Leben aus. „Die Gelegenheiten entgleiten dir“, meint sie traurig, momentan sei sie arbeitslos. „Dein Zuhause ist normalerweise dein Zufluchtsort, aber wenn das zum Hauptproblem wird, dann wird aus dem Zufluchtsort die Hölle“, versucht sie, ihr tägliches Leid in Worte zu fassen.

Müll aus 52 Costa-Blanca-Gemeinden

Natürlich will sie weg, zumal die Verwertungsanlage jetzt sogar noch erweitert werden soll. Aber ihr noch nicht abbezahltes Haus müsste sie deutlich unter Wert verkaufen. Die Wohngegend ist durch die Müll-Anlage und ihre Probleme gebrandmarkt. „Ich werde mir wohl ein billiges Häuschen im Hinterland der Costa Blanca oder ein Wohnmobil kaufen müssen“, meint sie. Andere Nachbarn seien ebenfalls weggezogen. „Wir Anwohner fühlen uns ignoriert, misshandelt und unverstanden“, sagt Raquel Sempere. Im vergangenen Jahr alarmierten die Anwohner über 1.000 Mal die Ortspolizei, die die Geruchsbelästigung zu Protokoll nahm.

Eine Frau steht an einer Straße in El Campello, Spanien.
Raquel Sempere leidet seit über zehn Jahren unter dem Müll-Gestank an der Costa Blanca. © Anne Götzinger

Immer wieder hatten der Betreiber der Müll-Verwertungsanlage, FCC, und die Behörden Lösungen versprochen, das Gestankproblem zu lösen. Zuletzt sollte die Anlage an der Costa Blanca mit 20 Millionen Euro umgerüstet werden. Jetzt hat die Landesregierung erklärt, bis diese Arbeiten nicht abgeschlossen seien, könne sie kein neues Überwachungsprotokoll aufstellen.

Leben in verpesteter Luft: 250 toxische Substanzen

Das Problem sei auch, dass Geruch etwas Flüchtiges sei, meint Sempere. „Die Sensoren, die die Stadt vor einigen Jahren installieren ließ, um die Schadstoffe in der Luft zu messen, waren über 20 Jahre alt und erfassten nur einen Bruchteil der Substanzen“, erzählt die 51-Jährige. Die Anwohner der Costa Blanca hätten dann eigenständig ein Unternehmen beauftragt, das im Umkreis der Müll-Verwertungsanlage bis zu 250 teils hochtoxische Substanzen aus der Luft filterte. „In unserer Wohngegend sind auffällig viele Personen an Krebs erkrankt“, berichtet Sempere. „Ich habe Angst.“

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