Überraschung auf Baustelle: Archäologen bergen römische Basilika an Costa Blanca

Beim Renovieren des Platzes von Petrer kommen Grundmauern der spanischen Spätantike zutage. Die Ortsgeschichte muss neu geschrieben werden, das Hinterland ist um eine Attraktion reicher.
Petrer – Vor einem Jahr war noch die alte Säule die Attraktion unter Petrers Weihnachtsbaum: Aus dem fünften Jahrhundert stammend, spätrömisch, ein Prachtstück, was Archäologen da am 23. Dezember auf der Plaça de Baix bargen! Aber kein Vergleich dazu, was nun an selber Stelle zutage kam: Die Grundmauern eines großen Gebäudes, wohl einer christlichen Basilika aus den Zeiten der römischen Säule. Seit 2021 laufen in der Stadt im Hinterland der Costa Blanca die Grabungen. Gedacht waren sie nur als Boden-Untersuchung für die Renovierung und den bürgerfreundlichen Umbau des Platzes an der Kirche. Doch auf der Baustelle reiht sich Überraschung an Überraschung, und neue Attraktionen gesellen sich zu den Schätzen der historischen Ortschaft.
Costa Blanca: Überraschung auf Baustelle - Archäologen bergen römische Basilika
Dass in Petrer etwas Besonderes schlummert, hatte vor einem Jahr auch schon Guy Ritchie erkannt. Der berühmte Filmemacher drehte im Hinterland-Ort der Costa Blanca einen Action-Thriller. Eine große Überraschung war die Wahl dieses Drehorts in Spanien. Aber die Entdeckung auf der Baustelle im Herbst 2022 ist ein noch größerer Hammer. Kaum begann die Untersuchung des Platzes, stießen die Archäologen auch schon auf die ersten Reste der Stadtgeschichte. „Zunächst war es der Eingang eines Bunkers aus dem Spanischen Bürgerkrieg“, erzählt Fernando Tendero, Direktor des örtlichen Archäologiemuseums. Sogleich folgten schon die Reste aus der Zeit der Villa Petraria, wie örtliche Forscher die römische Ära der Stadt bezeichnen.
„Was wir vor einem Jahr dachten, das es sei, hat nichts damit zu tun, was es ist.“
Zunächt tauchten auf der Baustelle erste Gebäudeteile, dann - ausgerechnet an Weihnachten - die singuläre Säule, daraufhin ein Mosaik und nun der Jackpot. „Es erschien ein großes Gebäude mit viereckigem Saal und einer Apsis am Kopfende“, berichtet Fernando Tendero. Für die überraschten Archäologen der Costa Blanca handelt es sich ganz klar um die Form einer Basilika, gebaut auf 52 Quadratmetern in Richtung Nordost-Südwest. Bestätigt ist der religiöse Charakter der Stätte noch nicht. Theoretisch, so Tendero, könnte es auch die Residenz einer bedeutenden Person in der letzten Phase der römischen Villa Petrera gewesen sein. Ferner muss noch bestätigt werden, ob die mittlerweile im Museum ausgestellte Säule wirklich zu dem Bauwerk gehörte.
Christen imitierten Stile ihrer Zeit - und füllten sie mit neuem Inhalt
So wahrscheinlich das alles erscheint – gerade im Vergleich zu ähnlichen Anlagen wie die Baños de la Reina in Calpe – müssen die Hypothesen im Sinne der Wissenschaft noch geprüft werden. Tatsächlich ahmten die frühen Christen in ihrer Geschichte die Stile ihrer jeweiligen Zeiten nach - ob beim Feiern von Weihnachten oder bei Bräuchen zu Allerheiligen -, füllten sie aber mit ihrem neuen Inhalt: der Ausrichtung auf Jesus Christus. Dasselbe galt auch für den Stil, in dem sie bauten: Eine Apsis etwa hatten auch römische Markt- oder Gerichtshallen, nur war dort in der Regel die Figur des Kaisers aufgestellt. Die Christen dagegen platzierten an dieser prominentesten Stelle den Altar für den Gottesdienst und die Feier des Heiligen Abendmahls.
Erst kürzlich sorgte im Süden der Costa Blanca ein Fund aus frühchristlichen Zeiten für Aufsehen. In Rojales bargen Archäologen die größte byzantinische Begräbnisstätte der ganzen Iberischen Halbinsel. In Petrer dagegen kommen bei der Untersuchung der römischen Basilika nach und nach weitere Schätze zutage. Was das Kopfende des gefundenen Gebäudes angeht, fanden die Forscher ein zu 50 Prozent erhaltenes Mosaik. Mit geometrischen Dekorationen und vier Farben erinnert es an ein 1975 in Petrer gefundenes Kunstwerk. Eine Sensation für die Stadt ist die neue Entdeckung und habe das bisherige Bild von der Villa Petraria total verändert. „Was wir 2021 dachten, das es sei, hat nichts damit zu tun, was es ist“, meint der Museumsdirektor.
Dank eigener Vergangenheit „sensibel und engagiert in die Zukunft“
Die Bürgermeisterin von Petrer, Irene Navarro (PSOE), freute sich indes über einen „sehr süßen Moment für unsere Stadt, was das historische Erbe und die Archäologie angeht“. Das Wiederherstellen der eigenen Vergangenheit sei notwendig, um als „sensible und engagierte Stadt in die Zukunft zu schreiten.“ Neugierig auf Petrer geworden? Lesen Sie auch über die größte Düne des iberischen Hinterlandes sowie über das Burgenland, in dem sich der Ort in der Provinz Alicante befindet.