Route mit Aussichten: Auf der Rückseite der Stadt des Lichts

Eine grüne Strecke mit tollen Blicken auf Aliforniens B-Seite bietet die Sierra de los Colmenares: Filmstudios und Flughafen hier, ländliche Huerta und iberische Spuren dort.
Alicante - Traumhafte Aussichten auf die Costa Blanca bieten so einige Routen. Möglich machen dies die Berge, die in der Provinz Alicante so nah am Meer erwachsen. Nicht alle diese Strecken sind an Spaniens Mittelmeerküste von Touristen überlaufen. Der Wanderweg der Sierra de los Colmenares hinter den Filmstudios Ciudad de la Luz etwa ist selbst unter Bewohnern ziemlich unbekannt. Und das, obwohl er - auf der Rückseite von Alicante City - von attraktiven Aussichtspunkten aus tolle Blicke auf die „Stadt des Lichts“, den Flughafen Alicante-Elche, das Hinterland und das Meer bietet.
Costa Blanca: Route mit Aussichtspunkten am Meer - Alicantes Rückseite
Es ist die Rückkehr eines großen valencianischen Traums: Die Wiederaufnahme der Dreharbeiten in den Filmstudios, die den Standort Alicante in ein spanisches Hollywood verwandeln sollten. Ciudad de la Luz, also „Stadt des Lichts“, taufte man die filmreife Produktionsstätte und übernahm dabei eine Bezeichnung für Alicante, die bereits vor Jahrtausenden entstanden war. Weniger Durchhaltevermögen hatte „Aliforniens“ Traumfabrik, als Finanzdesaster sie schon 2010 stoppten. Doch hinterließen die Filmstudios unbeachtete, wahrhaft nachhaltige Spuren. Denen wollen wir heute nachgehen: auf der Rückseite der Ciudad de la Luz.
Ja, das sanfte Gebirge hinter den Studios ist ein angenehmes Gebiet zum Wandern, in das sich der Ausflug lohnt. Sowohl das Interesse an der Natur, als auch an der Stadt- und Kulturgeschichte wird entlang der fabelhaft aufgearbeiteten Pfade gestillt. Die Route mit tollen Aussichten wurde im Boom der Ciudad de la Luz zum Jahrtausendwechsel in Top-Form gebracht und das Gebiet ordentlich aufgeforstet. Ein überraschendes Grün bieten daher die Hügel der Sierra de los Colmenares – übersetzt Gebirge der Bienenkörbe – und unterscheiden sich markant vom Rest der kahlen, wüstenartigen Umgebung der Lichtstadt am Meer.
Aussicht auf Start und Ziel: Nie ein Besuchermagnet
Entspannt und zahlreiche Stopps mit Dach, Bänken und Infotafeln nutzend, kann man die gesamte Strecke gut in unter drei Stunden bewältigen. Jede Menge Kennzeichen des Zwischenraums von Alicante und Elche sind auf dem grünen Wanderweg in der Sierra de los Colmenares aus überraschenden Perspektiven zu bewundern – allem voran der Flughafen „Miguel Hernández“. Eine perfekte Sicht bietet auf der Route durch Alicantes Rückseite der Aussichtspunkt „Ilicitano“ auf die – je nach Windlage – über dem Meer oder dem Hinterland startenden oder landenden Flieger.
Woher kommt dieses Flugzeug? Und wohin fliegt jenes? Das Gedankenspiel lässt sich hier am besten spielen, auf der B-Seite von Alicantes Traumfabrik. Start und Ziel unserer Route – sowie alle sechs Aussichtspunkte – sind auch anschaulich auf dem schönen Prospekt markiert, das Alicante netterweise zum Herunterladen und Ausdrucken (externer Link) bereithält. Sogar Audio-Kommentare und Infotafeln stehen online und zeigen, wieviel Mühe die „Stadt des Lichts“ in die Förderung der Route steckte. Ein Besuchermagnet wurde die Sierra de los Colmenares trotz aller tollen Aussichten allerdings nie.
Für Familien und nicht ganz so Mobile: Kaum 100 Meter
Und das verwundert, da die Strecke auf Alicantes Rückseite gerade für Familien mit Kindern, oder nicht ganz so mobile Menschen eine super Wanderoption bietet. Selbst in Lockdown-Zeiten, als die urbanen Routen um Alicante und Elche boomten, liefen die Ströme irgendwie an den grünen Pfaden des Bienenkorb-Gebirges vorbei. Vielleicht liegt es am etwas verruchten Bezirk Agua Amarga, vielleicht sogar an der Pleite der Filmfabrik der Costa Blanca. Mit deren nahendem Comeback jedoch sollte auch die grüne Route auf Aliforniens Rückseite Aufwind bekommen.
Ein reger Verkehr, der sich nun auf der Küsten-Nationalstraße konzentriert, verlief jahrtausendelang über die kaum 100 Meter hohen Hügel der Sierra de los Colmenares. Alte Strecken aus iberischen bis römischen Zeiten sind hier – mit gekonntem Auge – aufzufinden. Teile der Route, nun mit der Aufschrift „Vía pecuaria“ markiert, wurden noch vor Jahrzehnten vermehrt durch Farmer genutzt, die mit ihrem Vieh den Süden der Costa Blanca durchstreiften. Das heutige Wandergebiet war ein Raum für Begegnungen, zwischen Menschen die unterwegs waren. Nicht, weil sie ausspannen wollten, sondern weil sie davon lebten.

Fruchtiger Teppich: Geheimnisvolle iberische Anlage
Eine zumindest innere Begegnung mit diesen Vorfahren macht die Ruhe, die in diesem Gebirge herrscht, für den achtsamen Wanderer möglich. So nah und doch so fern erscheint hier das Treiben der Hafenstadt. In der Ferne räkelt sich die Landzunge von Santa Pola – ein einstiges, versteinertes Korallenriff – ins Blau. Vom Meer abgewandt, zu sehen vom Aussichtspunkt „Fontcalent“, streckt sich der Teppich der fruchtigen Huerta-Landschaft, noch mit einigen Landhäusern versehen, in Richtung Fontcalent, dem markanten Berg mit den drei Gipfeln.
Das klirrendste Grün hat unten am Fuß der Sierra der Golfplatz El Plantío, auf dem die Spieler kleiner als Legofigürchen sind - siehe Aussichtspunkt „El Bacarot“. In dieser Zone, am Vorort Bacarot, befindet sich die Stelle, die dem Gebirge hinter der Stadt des Lichts womöglich seine Identität verlieh: Eine Anlage aus iberischer Zeit, in der vor 2.500 Jahren landwirtschaftliche Tätigkeiten ausgeführt wurden. Gelegen ist die geheimnisvolle Stätte etwas abseits unserer Route. Aber sie stand auf dem strategischen Weg zwischen den einstigen Siedlungen und heutigen Ausgrabungsstätten La Alcudia (Elche) und Lucentum (Alicante).
Wo sind die Bienen? Einladung zum Stopp
Welche Aktivität genau die iberische Stätte vollführte, ist wegen mangelnder Erforschung bisher ein Rätsel. Aber: Die Stätte weist Ähnlichkeiten mit vorantiken Anlagen auf, die sich auf die Bienenzucht konzentrierten. Es ist der einzige - allerdings bisher nicht ausgiebig erforschte - Hinweis auf den Ursprung des Namens der Sierra de los Colmenares (Gebirge der Bienenkörbe), die einen so grünen Kontrast zum kahlen „Akra Leuka“ bietet, also dem „Weißen Hügel“, wie der altgriechische Name von Alicante besagt. Wie ein Gemälde lässt der Holzrahmen des Aussichtspunkts „Els Reiets“ die perfekte Stadtsilhouette von Alicante erscheinen:
Aus der unruhigen Menge an Häuserblöcken ragen die zwei hellen Hügel heraus, und hinter dem Hafen mit seiner Kreuzfahrtschiff-Mole das einst ländliche, nun üppig bebaute Cabo de la Huerta ins blaue Meer. Ein fast totaler Kontrast zum chaotischen Alicante ist die gemütliche Route über unsere zeitlos-geheimnisvollen Bienenhügel. Selbst am Start- und Zielpunkt (Google Maps): Denn hier herrscht zur Abwechslung keine Parkplatznot, sondern eine endlose, fast leergefegte Straße lädt zum Stoppen auf der Rückseite der Stadt des Lichts ein. Allein das ist ein valencianischer Traum!