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In jedem Dorf ein Wasserfall: Ofenreis, Mandelblüten und Tiersegnung bei Anna im Hinterland der Costa Blanca

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Von: Stephan Kippes

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Dorfpanorama in Spanien mit Wasserfall
Im Canal de Navarrés gibt es viele Dörfer mit Wasserfällen © Stephan Kippes

Bei Anna hat jedes Dorf seinen Wasserfall. Der Canal de Navarrés im Hinterland der Costa Blanca lockt mit fantastischen Naturlandschaften.

Anna – Bei Anna rauscht und plätschert es immer. Das Wasser verfolgt den Besucher im Landkreis Canal de Navarrés auf Schritt und Tritt. In dem 70 Kilometer von Valencia entfernten Dorf im Hinterland der Costa Blanca fließt es gar vor den Türen der historischen Häuser und läuft als kanalisiertes Bächlein in der Alameda auf den Palacio de Los Condes de Cervellón zu, wobei ersteres gerne als das kleine Venedig und letzteres als die kleine Alhambra Valencias beworben wird. Große Vergleiche können sich als kleine Enttäuschen entpuppen. Denn allzu viel kann Anna im Winter seinen Besuchern nicht auf dem silbernen Tablett servieren, was einen Ausflug aber keineswegs weniger lohnenswert macht – ganz im Gegenteil. Anna und ihr Landkreis Canal de Navarrés überraschen durch ihre Lässigkeit.

Im Winter besticht die Lagune Anna durch ihre wildromantische Stimmung, wenn die Sonne durch die hohen Bäume bricht und ihre Strahlen sich auf dem Wasser spiegeln. Reiher, Gänse und Enten haben sich an dem 300 Meter langen und 180 Meter breiten See und seinem Ufer niedergelassen. Quellen unter seinem fünf Meter tiefen Grund speisen das Wasser und mit etwas Glück sieht man Wassersäulen aufsteigen, die auf ihre Weise den Namen Anna anrufen, der aus dem Arabischen stammt und ein Gebiet bezeichnet, in dem Quellen entspringen.

Bei Anna im Winter: Naturerlebnis, Tiersegnung und Mandelblüte als Alternative zum Badetourismus

Im Sommer zählt die Albufera zu den beliebten Ausflugszielen im Südosten der Provinz Valencia. Im Winter, da kann man die etwas morbide Stimmung und Feuchtigkeit auf sich wirken lassen. Ab und an schallt Kinderlachen von den Picknickbänken am Ufer herüber, die Familien am Sonntag in Beschlag nehmen. Denn keines der Seerestaurants macht sich die Mühe, im Winter zu öffnen – wozu auch, kommt ja kaum jemand vorbei. Soviel geballte Ruhe und Schönheit findet man an der touristischen Costa Blanca kaum noch. Wer es turbulenter mag, sollte am Dienstag, 17. Januar, nach Anna zur Tiersegnung und Fiesta San Antón kommen, wenn das Dorf seinen Schutzheiligen hochleben lässt. Oder vielleicht drei, vier Wochen später, wenn die Mandelbäume in voller Blüte stehen.

Die Winter sind mild im nur 190 Meter über dem Meeresspiegel liegenden Anna. Das Wasser des Sees speist das ganze Dorf und gibt den drei Wasserfällen, die man bei einem Spaziergang entlang der Ruta de las tres cascadas ablaufen kann, ihre Kraft. Man kommt auch an den Ruinen einer alten Textilfabrik vorbei und es gab auch mal ein Wasserwerk – Zeugen aus einer Zeit, in der mit dem Wasser Wohlstand in die Region floss, über die Industrie, aber auch über die Landwirtschaft.

Wasserfall in einem Wald bei Anna.
Bei Anna in der Region Valencia kann man viele Wasserfälle bewundern. © Stephan Kippes

Man steigt über Stufen in die Schlucht des Sellent-Flusses hinab und macht Gaspar seine Aufwartung. Gaspar schießt mit einer Urgewalt aus dem Gestein und taucht die Umgebung in einen Nebel aus Wasser ein. Das Mikroklima ändert sich Schritt für Schritt. Je tiefer man die Schlucht hinabsteigt, desto mehr taucht man in eine Art Urwald ein, sattes Grün, Moos und dichter Baumbewuchs bestimmen das Bild. Das Rauschen und Brausen nimmt an Intensität zu und mit einem Mal steht man fast mitten im Wald unter dem wunderschön gelegenen Gorgo de la Escalera. Ein vergleichbar malerisch und leicht zugänglicher Wasserfall liegt unweit von hier acht Kilometer von Quesa entfernt, ebenfalls mitten in der Natur.

Ein wenig erinnert der Landkreis La Canal de Navarrés an einen Ausflug in das in der Marina Alta gelegene liebliche Vall de Gallinera, das man den Fluss entlang hochfährt, um über das Bergtal Vall de Ebo zurückzukehren. Diese Berge bieten Wanderern, Radfahrern und Tagesausflüglern ein immenses Naherholungsgebiet, das im Sommer 2022 allerdings von einem furchtbaren Waldbrand heimgesucht wurde. Ein ähnliches, noch intaktes Landschafts- und Naturerlebnis bietet der Landkreis Canal de Navarrés, und es liegt gar nicht so weit weg davon, man kann auch über Ontinyent nach Xàtiva fahren und schon ist man 15 Kilometer von Anna entfernt. Eine landschaftlich sehr reizvolle Autofahrt, die sich mit einem Abstecher in das zauberhafte Dorf Bocairent verbinden lässt.

Brücke über eine Flusslandschaft.
Bezaubernde Flusslandschaft in Bolbaite bei Anna. © Stephan Kippes

Eine malerische Panoramastraße, die CV-580, führt von Anna aus in diese Berggegend hinein über Chella, Bolbaite, Navarrés, Quesa bis ins 23 Kilometer entfernte Bicorp hinauf. Nur 16.000 Menschen leben in dem Gemeindeverbund aus acht Dörfern und das auf einer Fläche von 700 Quadratkilometern. Sicherlich, jedes einzelne Dorf hat seinen Besuchern etwas zu bieten, was hängen bleibt ist Eindruck verwinkelter Gassen, die sich die Dorfhügel hinauf schlängeln und die von weiß gekalkten Fassaden mit wuchtigen Holztüren umgeben sind. Fernab der touristischen Pfade spricht man dort einen ganz eigenen Dialekt, eine Mischung aus Spanisch, Valenciano und Aragonesisch. Um die Mittagszeit liegt ein Duft von Ofenreis – arroz al horno – oder nach den deftigen Reiseintöpfen – arroz caldoso – und Gazpacho Manchego in der Luft.

Bei Anna im Winter: Dorfmetzgereien, Zigarren und Ofenreis im Hinterland der Costa Blanca

Man sollte in einer der Dorfmetzgereien vorbeischauen. Würste zählen zu den Spezialitäten und werden auf herzerwärmend freundliche Weise an den Touristen gebracht. Wer es deftig mag und ein wenig Schmugglerromantik einsaugen möchte, die bekannte Caliqueño-Zigarre stammt aus Chella und wird bis heute dort hergestellt. Chella hat einen schönen Dorfkern und am Rande des Dorf stürzt ein spektakulärer Wasserfall 25 Meter in die Tiefe.

Die Flussläufe, Wasserfälle, Wälder und Naturgebiete machen den Canal de Navarrés zu einem attraktiven Naherholungsgebiet sowohl für Familien als auch Freizeitsportler. Aber auch einige Highlights für landeskundlich interessierte Besucher kann der Kreis bieten. In Anna lohnt es sich, sich für eine Führung im Palast des Grafen von Cervellón unter V 616 551 877 anzumelden. Der Palast steht auf der ursprünglichen Burg von Anna, die Jaime I. im Jahr 1244 dem Santiago-Orden vermachte. Eine Burg aus der Zeit vor der Reconquista und Jaime I. thront heute noch über Bolbaite, einem Nachbardorf mit einem sehr malerischen Flusslauf.

Bei Anna im Winter: Papstfamile der Borjas bauten Burg zum Cervellón-Palast aus

In Anna aber vermachte Felipe III. die Burg 1604 der Papst-Familie Borja, die darauf den barock-arabisch geprägten Palast errichten ließ und ihn aufgrund der Nähe zu ihrem Machtzentrum Xàtiva nutzen konnte. Heute gehört der mit dem Palast in Gandía vergleichbare Prachtbau der valencianischen Familie Trenor und er besticht durch prächtige Gemächer, verschnörkelt-verspielte Arabesken, Mudéjar-Fliesen, romantische Bogengänge und den wunderschönen Patio mit dem Brunnen.

Wer gerne mal erleben möchte, wie Olivenöl hergestellt wird, kann die Almazara Pepe Ginia in Navarrés besuchen, wo bereits in der vierter Generation ausgezeichnetes Natives Olivenöl gepresst wird. Eine Führung kann man über www.almazarape peginia.com buchen.

Die Gegend wartet auch mit Höhlenmalereien aus der Bronzezeit auf, bekannt sind Szenen von Jagd und Honigsammeln aus der Cueva de la Araña bei Bicorp. Einen guten Einblick bietet ein 3,7 Kilometer langer Rundweg in Bicorp, bei dem man verschiedene Höhlenmalereien bewundern kann.

Die Webseite lacanalturis mo.com führt eine Vielzahl von Wanderungen, Radtouren und Vogelbeobachtungstouren auf, die man unternehmen kann. Der Schwierigkeitsgrad der Touren ist angegeben. Landschaftlich traumhaft gelegen sind das Benefetal-Hochtal und das Quellgebiet um den Río Fraile über Bicorp. Beide gelten zurecht als Geheimtipp. Das Wald- und Quellgebiet lässt sich auch hervorragend bei einer Radwanderung entlang der BTT-8-Tour entdecken. Die 32 Kilometer lange und gut ausgeschilderte Tour ist technisch nicht sehr anspruchsvoll und kann mit jedem Tourenfahrrad oder E-Bike gefahren werden. Die Batterien sollten aber gut geladen sein, denn auf den ersten zehn Kilometern geht es ordentlich nach oben, aber dann fährt man gemütlich schöne Wald- und Schotterwege am Fluss entlang, bis man bei einem Campingplatz ankommt. Dann geht es wieder bergauf und bergab hinunter zurück nach Bicorp.

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