Geistersiedlung in Dénia: Wie aus einem Luxusprojekt Ruinen voller Graffiti wurden

In den 1970er Jahren als Luxuswohnungen konzipiert, zerfallen die Rohbauten der Urbanisation El Greco in Dénia immer mehr. Die Geistersiedlung blieb Sprayern nicht verborgen.
Dénia - Eine kleine Gruppe Jugendlicher kommt aus einem Gebäude und läuft vor uns davon. Mühelos haben wir uns gerade durch den Haupteingang der Urbanisation El Greco, die aus 111 unfertigen Gebäuden besteht und die man in Dénia an der Costa Blanca als die Geistersiedlung kennt, Zugang verschafft. Kein ungefährliches Unterfangen. Seit 50 Jahren bröckeln die Mauern und Treppenstufen der Ruinen vor sich hin, und es gibt kein Schild, das auf mögliche Gefahren hinweist - anders als bei anderen Lost Places entlang der Costa Blanca.
Eine von Dénias größten Bausünden: Geistersiedlung aus den 70er Jahren
Vor einer der Bauruinen in der Geistersiedlung in Dénia bleiben wir stehen und lassen die Szenerie auf uns wirken. Über Geschmack lässt sich streiten, und vom Himmel ist noch kein Meister gefallen. Schrille Farben in Pink, Blau, Gelb und Orange schreien uns entgegen. Nachdem die Jugendbande von dannen gezogen ist, umgibt uns mit einem Mal gespenstische Stille. Es ist so still, dass man Insekten summen und das Gebüsch knacken hört. Versteckt sich da hinten noch jemand, oder war es der Flügelschlag eines Vogels, den der Wind zu uns trug?
El Greco ist eine der Bausünden Dénias aus den 1970er Jahren. Wie ein Mahnmal erhebt sich die Geistersiedlung hoch oben in den Bergen über dem Küstengebiet Las Rotas und in einiger Entfernung der bewohnten Häuser. Eine Urbanisation mit spektakulärem Rundumblick auf das Wanderparadies am Berg Montgó und auf die Küste sollte dort in einer Zeit entstehen, in der man an der Costa Blanca vielerorts drauflos baute, als gebe es kein Morgen mehr.

Von der Luxus- zur Geistersiedlung: El Greco in Dénia entstand im Naturpark
Als eine Luxussiedlung war El Greco konzipiert, mit dessen Bau 1973 begonnen wurde. „Excelente inversión. Confort Suizo en Dénia („Exzellente Investition. Schweizer Komfort in Dénia“) lautete die Werbung, mit der der Genfer Bauherr Kunden das Blaue vom Costa-Blanca-Himmel versprach. Ein wahres Paradies würde in diesem herrlichen Stückchen Natur entstehen. Vorgesehen war auf 60 Hektar der Bau von 616 Reihenhäusern. Der Preis pro Immobilie: 1,3 Millionen Pesetas. Doch Konflikte zwischen dem Bauherrn und der Baufirma Dragados y Construcciones führten schon bald zum Baustopp. Zu dem Zeitpunkt befanden sich 111 Wohnungen im Bau, 40 waren vollkommen fertiggestellt, die schließlich nach und nach zur Geistersiedlung verkamen.
Lange Zeit war es ruhig um die Geistersiedlung El Greco, bis 1993 die Firma Valcomar S.A. die Siedlung in Dénia erwarb. Zu dem Zeitpunkt war das Gebiet schon sechs Jahre als Teil des Naturparks Montgó ausgewiesen. Versuche, es wieder in Bauland umwidmen zu lassen, scheiterten. 1993 erklärte Dénias Rathaus die 60 Hektar zu unbebaubarem Land. Eine Eingabe von Valcomar gegen die Entscheidung schmetterte der Oberste Gerichtshof 1999 ab.
Abriss der Geistersiedlung in Dénia: Keiner will zahlen
Mehrmals war seitdem vom Abriss der Geistersiedlung die Rede, doch es scheint, dass weder die Stadt Dénia noch Valencias Umweltministerium für die Kosten aufkommen wollen oder können. Auf Anfrage von costanachrichten.com erklärte Baustadträtin María Josep Ripoll (PSOE): „Wir haben versucht, den Eigentümer ausfindig zu machen. Das ist uns nicht gelungen. Die Kosten des Abrisses und vor allem auch die der Entsorgung des Bauschutts - im Gespräch sind weit über 400.000 Euro - kann unsere Stadt nicht stemmen“.
Auf die Gefährlichkeit der Ruinen in der Geistersiedlung angesprochen, erklärte Ripoll: „Wer das Gelände betritt, tut dies auf eigene Gefahr.“ Mehr gibt es dazu scheinbar nicht zu sagen. Höchstens, dass die Zukunft von El Greco auch weiterhin ungewiss ist. Übrigens gibt es in Spanien bei weitem nicht nur halbstarke Hobby-Sprayer, sondern auch erfolgreiche Graffiti-Künstler wie Tardor, dessen Kunstwerk in Torrecremada unlängst unter die weltweit zehn besten gewählt wurde.