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Gestank an der Costa Blanca: Anwohner kämpfen bereits seit 13 Jahren gegen Müll-Anlage in El Campello

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Von: Anne Götzinger

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Ein Berg mit Abfällen, im Hintergrund das Meer und die Costa Blanca.
Eine Müll-Anlage an der Costa Blanca verbreitet regelmäßig Gestank. © Rathaus El Campello

Seit nunmehr 13 Jahren verbreitet eine Müll-Anlage an der Costa Blanca bestialischen Gestank. Der Protest von Anwohnern aus El Campello und Maßnahmen der Behörden bleiben nutzlos.

El Campello – Die Anwohner der nördlichen Wohngebiete El Campellos haben die Nase gestrichen voll, im wahrsten Sinne des Wortes. Seit 13 Jahren leiden sie an der Costa Blanca unter dem bestialischen Gestank, den die 2009 eröffnete Müll-Verwertungsanlage Les Canyades verbreitet. Allein im vergangenen Monat haben die Anwohner an die 100 Mal die Ortspolizei angerufen, um auf den unerträglichen Geruch nach Vergorenem aufmerksam zu machen. Dieser macht es ihnen unmöglich, bei offenem Fenster zu schlafen, denn der Gestank beginnt meistens in den frühen Morgenstunden.

Rund 100 Anwohner haben sich am 14. Mai – mal wieder – vor der verhassten Anlage eingefunden, um diesmal gleich deren komplette Schließung zu fordern. Denn alle Maßnahmen, die bisher ergriffen wurden, um das Gestank-Problem zu beheben, haben offensichtlich nichts gebracht. Und jedes Jahr im Sommer oder bei den derzeit ungewöhnlich hohen Mai-Temperaturen wird der Gestank schlimmer.

Costa Blanca: Gestank bringt Anwohner seit 13 Jahren schier um den Verstand

Die Geschichte der Müll-Anlage an der Costa Blanca ist eine Aneinanderreihung von Ignoranz, Versagen und Ohnmacht. Im Jahr 2017, nach bereits acht Jahren Beschwerden über den Gestank der Anlage, hatte die Landesregierung der Region Valencia atmosphärische Geruchs- und Schadstoffmessungen rund um Les Canyades durchführen lassen. In einem ausführlichen Powerpoint-Vortrag erklärte Enrique Mantilla von der mit der Studie beauftragten Stiftung Ceam (Centro de Estudios Ambientales del Mediterráneo) im Januar 2018 den Betroffenen in der Stadtbibliothek in El Campello Methodik und Ergebnisse der Messungen. Nach Erläuterungen zu Topografie und Windströmungen, auf deren Basis die Standorte der sechs Messgeräte ausgewählt wurden, stellte Mantilla das Ergebnis der beiden Messperioden – vom 4. bis 18. Juli und 13. bis 27. September 2017 – vor.

Eine Gruppe von Demonstranten steht mit Plakaten und Megafon vor einer Industrieanlage.
Seit 13 Jahren protestieren Anwohner an der Costa Blanca gegen den Gestank einer Müll-Anlage in El Campello. © Rathaus El Campello

Analysiert habe sein Labor das Auftreten anorganischer und organischer Stoffe, in beiden Fällen habe man direkt in der Müll-Verwertungsanlage eine hohe Konzentration gemessen, die mit zunehmender Entfernung abgenommen habe. In den Wohngebieten der Costa Blanca habe man „sehr moderate“ Werte gemessen. Ob die erfassten Stoffe gesundheitsschädlich sind oder nicht, dazu konnte oder wollte er keine eindeutige Antwort geben.

Dabei räumte der Verantwortliche des Ceam ein, dass es sich um flüchtige Stoffe handele und die Messgeräte lediglich einen Durchschnittswert ermitteln, während der Gestank aus der Anlage vornehmlich in den Nacht- und Morgenstunden die nahegelegenen Häuser erreicht. „Sie sprechen von Mittelwerten, aber uns trifft der Gestank wie ein Schlag“, sagte dazu Eduardo Ruiz, einer der Sprecher der betroffenen Anwohner.

Gestank aus Müll-Anlage an der Costa Blanca verantwortlich für Atembeschwerden

„Dass die Anlage oben und wir weiter unten liegen, der Wind mal so, mal so weht und es direkt in der Anlage mehr stinkt als an der Küste, das hätte ich Ihnen auch sagen können, und für weniger Geld“, empörte sich damals auch die Anwohnerin Begoña de Miguel, die seit der Inbetriebnahme der Verwertungsanlage an der Costa Blanca unter Atembeschwerden leidet. Ständiger Husten, Hautausschlag, Atemnot, ihre Beschwerden hatten plötzlich im Jahr 2009 begonnen. Doch es dauerte eine ganze Weile, bis Begoña de Miguel ihre gesundheitlichen Probleme mit der Müll-Verwertungsanlage Les Canyades in Verbindung brachte. Heute verfügt sie über ein fachärztliches Gutachten, das ihre Bronchitis als Umweltkrankheit einstuft, ausgelöst durch chemische Substanzen in den Emissionen der Müll-Anlage. Das Dokument liegt der Redaktion vor.

Ein Messgerät an einem Strommast vor Bergen.
Gestank an Costa Blanca: In der Nähe der Müll-Anlage in El Campello wurden Messgeräte aufgehängt. © Rathaus El Campello

Die Anwohnerin war im Jahr 2018 unter der Woche meist in Madrid und beschwerdefrei. „Wenn ich am Wochenende an die Costa Blanca kam, habe ich prompt wieder husten müssen“, erzählt de Miguel. „Das Problem ist, dass diese Anlage nicht dort stehen dürfte, wo sie steht“, sagt sie. Denn laut EU-Gesetz sei die Entfernung zu Wohngebieten zu gering. „Immer mehr Leute ziehen weg“, erzählt die Anwohnerin - und müssten ihre Häuser trotz des Booms auf dem Immobilienmarkt zu einem Spottpreis verkaufen.

Millionen in Müll-Anlage an Costa Blanca investiert ‒ Gestank-Problem bleibt bestehen

Im November 2020 hatte der Vorsitzende des Müllrats der Marina Baja und Bürgermeister von Orxeta, José Vicente Ferriz, bekannt gegeben, dass der Betreiber FCC nun umfangreiche Arbeiten durchführen lasse. Mit einer Investition von 20 Millionen Euro sollte nicht nur die Recyclingrate der Anlage verbessert, sondern endlich auch das Gestank-Problem gelöst werden. Wie unter anderem die Umweltorganisation Ecologistas en Acción seit Jahren bemängelt, landen in Spanien noch immer 60 Prozent aller Abfälle auf der Halde, entgegen der laut EU-Vorgaben geforderten 35 Prozent. Doch nicht nur die Müll-Anlagen, auch veraltete Kläranlagen sind ein Problem und handeln dem Land immer wieder EU-Strafen ein.

Trotz Anzeigen gegen den Betreiber FCC, den Bürgermeister von El Campello und die Landesregierung, trotz Gutachten, etlicher Protestaktionen und Millioneninvestitionen stinkt die Müll-Verwertungsanlage an der Costa Blanca weiter. „Wir sind hier, um zu schreien, dass die Luft, die wir atmen, 200 Komponenten enthält, eine giftiger als die andere, die uns in einen permanenten Stresszustand versetzen und eine irreversible Spur in unserer mentalen Verfassung hinterlassen“, klagte die Vorsitzende der Betroffenen-Gemeinschaft, Nieves Rodríguez. Die Momente unerträglichen Gestanks seien eine „Folter“ für die Anwohner. „Tausende Telefonanzeigen spiegeln das Leiden unserer Nachbarschaft wider“, erklärte sie.

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