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Land Valencia: Rauchverbot an immer mehr Stränden

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Von: Andrea Beckmann

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Ein Mann mit einer Zigarette in der Hand schwimmt im Meer.
Der Badegast demonstriert: Für ihn gehört die Kippe mit an den Strand. © Ángel García

Nichtraucher atmen auf. Zunehmend erlassen spanische Küstenorte Rauchverbot an den Stränden. Die Maßnahme findet viele Befürworter - sogar unter den Rauchern.

Dénia - Es ist noch früh am Morgen, als Asunción de la Torre mit ihrer zweijährigen Tochter Isabel den Strand Marge Roig in Las Rotas in Dénia betritt. Ganz bewusst hat sie an diesem Morgen einen längeren Fußmarsch in Kauf genommen. Die Spanierin will den Vormittag an Dénias neuem Nichtraucherstrand verbringen. „Ich bin zwar ein paar Minuten länger unterwegs als sonst, weil dieser Strand am Ende der Marineta Cassiana weiter weg vom Zentrum liegt“, erzählt die junge Mutter. „Aber das nehme ich gerne in Kauf, wenn ich mich in einer rauchfreien Zone am Meer aufhalten kann.“ Sie begrüße das Rauchverbot sehr.

„Ab jetzt komme ich nur noch hier her“, versichert die Spanierin. „Schon meiner kleinen Tochter zuliebe, die in dem Alter ist, in dem sich Kinder alles, was ihnen interessant erscheint, in den Mund stecken.“ An einem Nichtraucherstrand sei die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kippe im Mund ihres Kindes landen könnte, geringer als anderswo. Und dann ruft sie uns noch hinterher: „Außerdem muss man als Nichtraucher doch erwarten können, dass es auch rauchfreie Zonen an Stränden gibt, in denen die Luft nicht mit Zigarettenqualm verpestet wird.“ Das Rauchverbot an der Costa Blanca sei ganz in ihrem Sinne.

Valencianische Gemeinschaft
LandSpanien
HauptstadtValència
Fläche23.255 km2
Einwohner5.003.769 (1. Jan. 2019)
AmtssprachenSpanisch, Valencianisch

Rauchverbot Costa Blanca: Kippen am Strand sind für viele Badegäste ein scheußlicher Gedanke

Für manche mag die Zigarette am Strand purer Urlaubsgenuss sein, für andere aber sind Qualm und Kippen am Meer ein scheußlicher Gedanke. Immer mehr Erwachsene stören sich am Rauch und möchten nicht, dass ihre Kinder in Zigarettenstummeln spielen. Sie begrüßen das Rauchverbot am Nichtraucherstrand. Epidemiologen raten, an Stränden sowie auch auf Terrassen nicht zu rauchen, um Infektionen vorzubeugen. So fordert die spanische Gesellschaft für Epidemiologie (SEE), dass Strände, öffentliche Terrassen, Veranstaltungen im Freien und private Pkw rauchfreie Räumen werden sollen. Tabakkonsum in Außenräumen gefährde sowohl Raucher als auch Nichtraucher und erhöhe die Ansteckungsgefahr mit Covid-19.

Noch verstärkt durch die Coronavirus-Pandemie wurde der Ruf nach playas sin humo (rauchfreien Stränden) zuletzt immer lauter, auch an der Costa Blanca - und die Kommunen – unterstützt von den autonomen Regierungen – reagieren zunehmend darauf, indem sie Strände oder zumindest Teile davon als rauchfreie Gebiete ausweisen. Vorgemacht hat es Galicien im Nordwesten Spaniens. Dort wurde bereits 2012 eine entsprechende Maßnahme zum Rauchverbot in freier Natur gestartet. Mittlerweile ist die Autonome Region mit mehr als 80 Nichtraucherstränden oder Strandgebieten und Flussufern die mit den meisten rauchfreien Naturgebieten.

Dem Beispiel Galiciens folgten Regionen wie Katalonien, Andalusien und Murcia, und auch im Land Valencia wurden in diesem Jahr erstmals Nichtraucherstrände ausgewiesen. 22 Strände an der Zahl gelten in den Provinzen Castellón, Valencia und Alicante nun als rauchfreie Naturoasen. Allen voran der Küstenort Cullera (Provinz Valencia), der die gesamten Strände des 15 Kilometer langen Küstenstreifens zur rauchfreien Zone deklariert hat. Rauchverbot also im großen Stil.

Ein Strand sei kein Aschenbecher sagen die Befürworter der Nichtraucherstrände - Rauchverbot eine notwendige Maßnahme

Auf die Frage, ob man nicht befürchtet, sich damit den Groll der Besucher einzuhandeln, erklärte eine Mitarbeiterin des städtischen Umweltamtes in Cullera, sie denke nicht, dass dies ein Problem sei. „Wir stellen den Tabakkonsum am Strand ja nicht unter Strafe. Dazu müsste die kommunale Strandverordnung entsprechend geändert werden.“ Kein Raucher, der sich am Nichtraucherstrand doch einmal zu einer Zigarette hinreißen lasse, müsse mit einer Geldstrafe rechnen. Man vertraue darauf, dass sich die Badegäste freiwillig an das Rauchverbot halten. So wie Cullera handhaben es in der Regel die meisten Küstenorte. Nur die wenigsten sehen Sanktionen vor.

„Ein Strand ist kein Aschenbecher“, sagte Valencias Sekretärin für Gesundheit, Isaura Navarro, als sie in Cullera die neue Kampagne „Playas sin humo“ („Strände ohne Rauch“) der valencianischen Landesregierung vorstellte und das Rauchverbot probagierte. „Strände sind öffentliche Bereiche und wir dafür verantwortlich, dass die Gesundheit der Nutzer gewährleistet ist.“

Ähnliche Worte fand Navarro bei der Inbetriebnahme des Nichtraucherstrandes in Dénia, wo Bürgermeister Vicent Grimalt (PSOE) versicherte, mit dem Strand Marge Roig mache Dénia den ersten Schritt hin zu einer komplett rauchfreien Küste. Dénias Strandstadtrat Pepe Domenech äußerte sich verhaltener. Den Costanachrichten sagte der überzeugte Nichtraucher: „Wir sehen es als Test und wollen erst einmal schauen, wie die Reaktionen auf das Rauchverbot sind. Im kommenden Jahr entscheiden wir dann, ob und wie wir das von der Landesregierung geförderte Projekt ausweiten.“

Und warum fiel die Wahl für das Rauchverbot auf den Marge Roig? „Weil wir bei Säuberungsaktionen immer wieder festgestellt haben, dass an diesem Strand der meiste Müll landet“, berichtet der Stadtrat. „Neben anderen Abfällen fischen wir hier immer die meisten Kippen aus dem Sand.“ Dabei sei der Naturstrand einer der am wenigsten besuchten Strände, weil der Meeresgrund wegen der Seegraswiesen sehr nachgiebig sei. „Dass wir hier immer so viele Kippen finden, erklärt sich damit, dass Passanten Zigarettenkippen von der Promenade aus auf den Strand schnippen.“ Es werde sich zeigen, wie sich die Ausweisung als Nichtraucherstrand auf dieses Verhalten auswirke.

Rauchverbot Costa Blanca: Zigarettenstummel stecken voller giftiger Substanzen

Eine Person steckt eine Zigarettenkippe in ein Etui, um diese nicht am Strand zurückzulassen.
Zigarettenkippen sollte man vor dem Verlassen des Strandes ordentlich entsorgen. © Ángel García

So wie vielerorts ist es auch in Dénia vor allem der Umweltaspekt, der die Kommune dazu bewegt hat, sich der Kampagne der Generalitat anzuschließen, Rauchverbot an Stränden zu erteilen. „Zigarettenstummel sind voller giftiger Substanzen und somit ein Umweltproblem“, weiß der Alicantiner Biologe Juanma Torres. „Die Filter bestehen aus dem Kunststoff Celluloseacetat. Je nachdem, wo sie landen, kann es bis zu 15 Jahre dauern, bis sie sich zersetzen.“ Problematischer sei es im Salzwasser, wo der Zersetzungsprozess noch langsamer voranschreite. Neben dem Nervengift Nikotin seien in Kippen Arsen, Formaldehyd, Blei, Chrom, Kupfer, Benzol, Cadmium, Blausäure, Quecksilber und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) enthalten“, sagt der Biologe. „Sie gehören in den Sondermüll, doch dort kommen sie am wenigsten an.“

Spanische Küstenorte versuchen deswegen schon lange, gegen die Massen an Zigarettenkippen anzugehen, die an den Stränden zurückbleiben. Die Stummel maschinell einzusammeln ist schwierig“, sagt Dénias Strandstadtrat Pepe Domenech. Mit den Reinigungsmaschinen komme man nicht nah genug an die Mauern der Promenaden oder an die Felsen an der Küste heran. Um das Müll- und Kippenproblem einigermaßen in den Griff zu bekommen, sind Säuberungsaktionen notwendig, wie sie in Dénia jedes Jahr im September nach Ende der Hauptsaison mit Freiwilligen durchgeführt werden, und bei denen immer Unmengen an Zigarettenstummel per Hand aufgelesen werden. „Für uns ist das ein Problem“, sagt Stadtrat Domenech. „Viele Raucher machen sich scheinbar gar keine Gedanken darüber, wie sehr sie der Umwelt schaden, wenn sie ihre Kippen sorglos in die Landschaft werfen.“ Die wenigsten würden ihre Zigarettenreste einsammeln. „Früher oder später landet das dann alles im Meer“, bedauert Domenech. Die Natur könne von dem Rauchverbot an den Nichtraucherstränden nur profitieren.

Passivrauchen am Strand kann krank machen, so die alarmierende Erkenntnis der Forscher vom Italienischen Krebsinstitut in Mailand. Messungen hätten ergeben, dass unter Sonnenschirmen von Rauchern hohe Schadstoffbelastungen entstehen. Bei einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit seien die Werte höher als in einem Kreisverkehr. Außerdem würden pro Kippe, die in der Natur landet, zwei bis sechs Milligramm Nikotin freigesetzt, während die Europäische Union bereits 0,5 Milligramm als gefährlich einstufe.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden jährlich weltweit schätzungsweise 5,6 Billionen Zigaretten geraucht. Davon finden sich bis zu zwei Drittel auf Straßen, in Parkanlagen, Naturlandschaften und an Stränden. Ein gigantischer Berg an toxischem Sondermüll, dem inzwischen zunehmend der Kampf angesagt wird.

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