Beschwerden über Strände: Zu viele Algen, zu wenig Sand? Kampagne gegen Urlauber-Kritik

„Der Strand ist kein Swimmingpool“: Ein Urlaubsort an Spaniens Mittelmeerküste reagiert im Sommer 2022 auf übertrieben kritische Touristen.
Pilar de la Horadada – Zu viele Algen und Felsen, zu wenig oder zu nasser Sand. Mit solchen Beschwerden müssen sich selbst die mit Blauen Flaggen ausgezeichneten Strandorte der Costa Blanca im Sommer herumschlagen, und dank der Sozialen Netzwerke prasst die Kritik am vermeintlich nicht ganz so perfekten Zustand der Playas umso lauter ein. Nach dem Motto „Ich zahle Steuern, also verdiene ich einen Strandurlaub nach meinem Maß“ wird in den Ferien an Spaniens Mittelmeerküste um die Wette herumgepoltert. Dem Urlaubsort Pilar de la Horadada wurde es in der Hochsaison 2022 zu bunt. Klagende Touristen wurden mit der Info-Kampagne „La playa no es una piscina“ aufgeklärt. Von Spanisch auf Deutsch übersetzt: „Der Strand ist kein Swimmingpool“.
Costa Blanca: Beschwerden über Strände - Wegen Erosion wenig Sand
Was offensichtlich klingt, ist es nicht im Bewusstsein aller Sommer-Besucher an der Costa Blanca. Eigentlich sind solche übertriebenen Urlauber-Beschwerden nichts Neues. Siehe viele skurrile Beschwerden im Raum Torrevieja, an die zuletzt die „Información“ erinnerte: Etwa als Bürger einmal forderten, die Felsen vom „Paseo de las Rocas“ – also „Felsen-Pfad“ – am Meer zu beseitigen. In Pilar de la Horadada, das 2022 sechs blaue Flaggen für Top-Strände vorweisen kann, nutzt das Umweltamt die Sozialen Netzwerke nun einmal konstruktiv und legt ausführliche Erklärungen zu den angeprangerten Zuständen vor. Da wäre einmal die hohe Zahl an Steinen, die auf dem Weg vom Strand ins Meer stufenartig bewältigt werden muss.
Diese Steine, antworten auf die Beschwerden die Fachleute des Ortes an der Costa Blanca, habe es dort schon immer gegeben. Allerdings waren sie meist vom Sand bedeckt. Dieser jedoch ist 2022 leider Mangelware, allerdings nicht wegen mangelnder Strand-Pflege seitens der Stadt. Der Grund des Schwundes ist an der ganzen Costa Blanca bekannt. Im März und April hat es an der Küste außerordentlich oft geregnet und gewittert. Jeder zweite Strand der Region Valencia beklagt seitdem eine Erosion. In Pilar habe es Spaniens Umweltministerium genehmigt, so viel neuen Sand anzuhäufen wie in keinem andereren Jahr. „Dennoch haben wir einfach weniger Sandstrand als sonst“, erklärt die Stadt Pilar an Spaniens Mittelmeerküste.
Zum Thema: Strände mit Blauen Flaggen an Costa Blanca im Test
Seegräser schützen die Küste: Teufelskreis Sand-Aufschütten
Aber sowieso könne man Strand-Probleme wie mangelnder Sand oder Steine im Meer nicht eben so mit einem Anruf erledigen. „Man muss auch mal Zeit vergehen lassen, denn bei der Wiederherstellung der Strände es handelt sich um Naturprozesse“, erklärt den kritischen Urlaubern das Umweltamt von Pilar de la Horadada. Ähnliches gelte für den anderen großen Kritikpunkt: die Algen. Diese Beschwerde sei in sich bereits nicht korrekt. Denn eigentlich handle es sich bei den auf den Stränden liegenden Pflanzen um Posidonia-Gräser, eine geschützte Pflanzenart, die sich in den vergangenen Monaten wieder gehäuft an der Costa Blanca niedergelassen hat, und das auch wegen des regnerischen Frühlings.
Diese Seegräser jedoch hätten unter anderem die Funktion, sich auf diese Weise am Meer festzusetzen. Der Grund: Die so entstehenden Wälle befestigten die Strandküste auf natürliche Weise. Laut einem neuen Dekret der Landesregierung Valencia dürfen etwa die Gemeinden der Costa Blanca die Posidonia-Pflanzen nicht von den Stränden einfach so wegräumen, außer eine Sondergenehmigung liegt vor. „Außerdem: Für jeden Lkw, mit dem wir die Gräser wegschaffen, schaffen wir auch dieselbe Menge an Sand weg und begünstigen den Schwund des Strandes“, mahnt das Umweltamt von Pilar de la Horadada.
Nicht nur Naturprozesse: Auch administrative Hürden
In einer Sache gibt das Rathaus im Süden der Costa Blanca den Kritikern aber Recht: Immer noch war selbst zu Sommer-Beginn am Südende des Strandes Mil Palmeras die beim schweren Hochwasser 2019 in der Vega Baja zerstörte Überführung über das Flussbett des Río Seco unbenutzbar. Allerdings hat dieser Mangel nichts mit Naturprozessen zu tun, sondern mit den gewohnten, viele Küsten-Projekte verlangsamenden, administrativen Hürden. Denn schließlich können Gemeinden am Mittelmeer noch so gute Pläne für ihre Strände entwickeln. Die Kompetenzen haben allzu oft die Zentralregierung oder die Landesregierung von Valencia. Die gute Nachricht: Das zuständige Wasserwirtschaftsamt habe den Wiederaufbau kürzlich endlich genehmigt.