Wie Deutsche vor 100 Jahren Murcia aufmischten: ein Spion und ein Chemiker

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts zog es ausländische Persönlichkeiten in die Region Murcia. Sie hinterließen Spuren, so wie zwei Deutsche: ein Spion und ein Chemiker.
Cartagena – Wie haben ausländische Persönlichkeiten das Leben in der Region Murcia im 20. Jahrhundert verändert? Dieser Frage ging kürzlich eine Ausstellung in Cartagena mit dem Titel „Spuren der Europäisierung“ nach. Im Mittelpunkt standen zwölf Menschen und Familien aus Deutschland, Italien, Frankreich, England und Schweden. Sie hatten großen Einfluss auf das wirtschaftliche und kulturelle Leben der Gemeinden, in denen sie sich niedergelassen haben, und trugen zweifellos zur Modernisierung der Gesellschaft in der Region Murcia bei, sagt Klaus Schriewer, deutscher Professor für Anthropologie an der Universität von Murcia, der sich mit dem Thema beschäftigt und Kurator der Ausstellung war.
Zu den Protagonisten der Ausstellung in Cartagena gehören auch zwei Deutsche, ein Chemiker und ein spionierender Konsul, die es in die Region Murcia zog. Der Chemiker Hans Nonnast, der 1911 nach Mazarrón kam, um in einer Gießerei zu arbeiten, sorgte 1915 für eine Überraschung. Er flog mit einem selbstgebauten Prototyp eines Segelflugzeugs ohne Motor über Puerto de Mazarrón. Nonnast war beliebt bei seinen Nachbarn.
Cartagena | |
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Höhe | 10 m |
Fläche | 558,1 km² |
Bevölkerung | 213.943 (2018) Instituto Nacional de Estadística |
Provinz | Murcia |
Er arbeitete mit Amateurtheatergruppen zusammen, eröffnete den ersten Fitnessclub und entwickelte eine eigene Bodybuilding-Technik. Heute wäre der deutsche Chemiker ein berühmter Influencer, sagt der Chronist im Rathaus von Mazarrón, Mariano Guillén. Nonnasts Enkel Fernando soll noch immer seine Sommer in Mazarrón genießen.
Wie Deutsche vor 100 Jahren die Region Murcia beeinflussten: Ein Spion, Schmuggler und Geschäftsmann
Cartagena bekam es dagegen mit einer nicht unumstrittenen deutschen Persönlichkeit zu tun, mit der sich Cartagenas Chronist Francisco J. Franco auskennt. Heinrich Karl Fricke, der in Spanien Enrique Carlos Fricke genannt wurde, war Konsul, Geschäftsmann, Spion und Schmuggler in einer Person. Fricke wurde bei einer Spionageaktion während des Ersten Weltkrieges in Cartagena gefangen genommen und ließ sich nach Ende des Krieges in der Hafenstadt nieder. Er etablierte sich als Geschäftsmann und nutzte seine Erfolge, um sich in den 1920ern Zugang zu Cartagenas Bourgeoisie zu verschaffen. Der Aufstieg in der murcianischen Gesellschaft gelang dem Deutschen.

1924 wurde er zum deutschen Konsul befördert, heiratete die Erbin einer reichen Familie aus Lorca und gründete 1931 die Deutsche Schule Cartagena, die großen Anklang fand. Fricke gelang es, auch nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland 1933 seinen Job als Konsul zu behalten. Nebenbei schmuggelte er deutsche Produkte und spionierte. So soll er 1937 Pläne der spanischen republikanischen Marine verraten haben, was zur Versenkung eines U-Boots im Hafen von Cartagena durch die Deutschen führte. Die 44 Opfer an Bord stammten überwiegend aus Cartagena, sozusagen Frickes Nachbarn.
Deutsche in Murcia: Nazi-Kollaborateur missachtet Spaniens Neutralität im Zweiten Weltkrieg
Während des Zweiten Weltkrieges missachtete Fricke die spanische Neutralität und sorgte dafür, dass deutsche Unterseeboote in La Algameca auftanken konnten. Im Jahr 1944 starb Frickes einziger Sohn im Dienst der Wehrmacht. Der Tod soll Vater Fricke am 21. Oktober 1945 in Cartagena in den Selbstmord getrieben haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt Dénia an der Küste von Alicante als Rückzugsort für Nazis.