Mar Menor künstlich beatmet: Zu wenig Sauerstoff, zu viel Algen

Dem beliebten Urlaubsziel Mar Menor bleibt die Luft weg – im wahrsten Sinne des Wortes. Massenhaft Algen verursachen akuten Sauerstoffmangel. Wie dem Binnenmeer geholfen werden kann? Darüber gehen die Meinungen auseinander.
Cartagena - Im Mar Menor im Südosten von Spanien herrscht weiterhin Sauerstoffmangel. Zuletzt wurden in dem Küstengebiet zwischen Punta de las Lomas und Villas Caravaning in Cartagena Konzentrationen von weniger als zwei Milligramm Sauerstoff pro Liter gemessen. Bei diesem Wert ist das Unterwasserleben bedroht. Betroffen sind Bereiche in Ufernähe in einer Tiefe von 20 bis 40 Zentimetern.
Die Verschmutzung von Europas größtem Binnenmeer in der Region Murcia mit Abwässern aus der Landwirtschaft und die andauernden Regenfälle im April verursachen eine massive Vermehrung der Algen, die Flora und Fauna den Sauerstoff nehmen und Fische sterben lassen. Reinigungstrupps entfernen täglich große Mengen an Pflanzen, um eine Verschlechterung des Zustands zu vermeiden. Seit Anfang des Jahres kamen 5.900 Tonnen Algen, sagte Emilio María Dolores, Sprecher des wissenschaftlichen Komitees zur Rettung des Mar Menor. Allein im April und Mai wurden 4.200 Tonnen Algen gesammelt.
Mar Menor mangelt es an Sauerstoff: Rettung durch künstliche Beatmung
Eine weitere Aktion, um noch mehr Schaden vom Mar Menor abzuwenden, ist die Bergung von verlassenen und verrottenden Booten in der Lagune. Die Landesregierung von Murcia lässt halbgesunkene Schiffswracks, deren Verfall das Ökosystem ebenfalls belasten, aus dem Wasser holen.
Unterdessen ist das Pilotprojekt der Landesregierung von Murcia zur Beatmung des Mar Menor mit Sauerstoff angelaufen. Die ersten Tests werden am Club Náutico de la Isleta in Cartagena durchgeführt. Mit einer kleinen Anlage wird durch eine dünne Pipeline Sauerstoff in die tiefste Wasserschicht rund einen Meter über dem Meeresboden geleitet. So soll in einem Umkreis von 20 Metern eine Sauerstoffkonzentration von mindestens vier mg/l aufrechterhalten werden.
Sauerstoffmangel im Mar Menor: Nitrate mit grünen Filtern und Feuchtgebieten entfernen
Das System dosiere den Sauerstoff entsprechend des Bedarfs des Gewässers, erklärte Emilio María Dolores. Eine Überdosierung sei ausgeschlossen. Behandelt werden die Bereiche, in denen akuter Sauerstoffmangel herrscht, da die Versorgung des gesamten, 135 Quadratkilometer großen Binnenmeers auf diese Weise nicht möglich wäre, so Dolores. Die Ergebnisse der Versuche werden in zwei Monaten erwartet. Das Umweltministerium in Madrid ist wenig überzeugt und hält die Maßnahme für nicht wirksam. Das Ministerium setzt dagegen auf langfristige Lösungen in Form von grünen Filtern und Feuchtgebieten um die Lagune. Die Systeme sollen das nitrathaltige Wasser, das durch den erhöhten Grundwasserspiegel kontinuierlich ins Mar Menor fließt, auffangen und filtern.
Dabei nehmen, vereinfacht zusammengefasst, geeignete Pflanzen, wie Pappeln oder Eukalyptusbäume, die Schadstoffe auf, die mit Hilfe von Mikroorganismen im Boden abgebaut werden. Das Umweltministerium plant, für 72 Millionen Euro sieben künstliche Feuchtgebiete anzulegen, die den Eintrag von 1.575 Tonnen Nitrate pro Jahr um mindestens die Hälfte reduzieren sollen.
Sauerstoffmangel im Mar Menor: Zustand verschlechtert sich im Sommer
In diesem Sommer ist mit einer weiteren Verschlechterung des Zustandes des Mar Menor zu rechnen, allein aufgrund der zunehmenden Temperatur. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich der Sauerstoffmangel verschärfen und es zu weiteren Fischsterben kommen wird.
Ein Kollaps droht auch der Hotelbranche. Der Verband in Cartagena, Hostecar, ist pessimistisch. Die Situation am Mar Menor schlage sich in den wenigen Reservierungen und sich häufenden Stornierungen nieder.