Für immer jung: Wie sich Quallen unsterblich machen

Quallen können Urlaubern zwar den Badespaß verderben, dennoch sind sie alles andere als eine Belästigung. Die „Unsterbliche“ trägt das Geheimnis der ewigen Jugend. Die Spiegeleiqualle an der Küste von Murcia rettet Jungfische.
Murcia – Strandbesucher mögen Quallen als Badespaßverderber und sogar Gefahr empfinden. Dabei sind die Meeresbewohner alles andere als ein Ärgernis. Sie spielen eine bedeutende Rolle in dem Ökosystem der Meere und gehören zu den ältesten Organismen der Welt, wie über 500 Millionen Jahre alte Funde von fossilen Quallen belegen. Und sie haben etwas, um das sie viele Menschen beneiden: Die ewige Jugend.
Genau genommen geht es um eine einzige Quallen-Art, die so genannte Unsterbliche mit dem wissenschaftlichen Namen Turritopsis dohrnii, die auch im Mittelmeer von Spanien und im Alborán-Meer vorkommt. Wie macht die winzige, nur wenige Millimeter lange Qualle das? Sie kehrt ihren Lebenszyklus einfach immer wieder um und verjüngt sich.
Quallen an Spaniens Küste: Forscher entschlüsseln das Erbgut der unsterblichen Qualle
Einem Team aus Wisschenschaftlern an der Universität Oviedo ist es nun gelungen, das Genom, also das Erbgut der unsterblichen Qualle, zu entschlüsseln. Die Studie wurde am 29. August in der US-amerikanischen wissenschaftlichen Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht und sorgte für Aufsehen. Die Forscher enthüllten die molekularen Schlüsselmechanismen, die hinter der Verjüngung stecken und den Tod vermeiden.
Ist das Geheimnis der ewigen Jugend nun gelöst? Carlos López-Otín, Professor für Biochemie und Molekularbiologie an der Universität Oviedo wiegelt ab. „Diese Arbeit zielt nicht darauf ab, Strategien zu finden, um die Träume von menschlicher Unsterblichkeit zu verwirklichen, sondern die Schlüssel und Grenzen der faszinierenden zellulären Plastizität zu verstehen, die es einigen Organismen ermöglicht, in die Vergangenheit zu reisen. Von diesem Wissen erhoffen wir uns bessere Antworten auf die vielen Krankheiten, die mit dem Altern zusammenhängen und die uns heute überfordern.“
Quallen an Murcias Küste: Harmlose Spiegeleiqualle mit wichtiger Rolle fürs Ökosystem
Normalerweise sind Quallen kurzlebig und werden einige Monate alt. Grob vereinfachend zusammengefasst entwickeln sich aus den befruchteten Eiern Larven, aus denen am Meeresboden Polypen entstehen, die wiederum zu freischwimmenden Quallen werden. Doch statt zu sterben verwandeln sich die Zellen der Turritopsis dohrnii wieder in einen Polypen. Auf diese Art und Weise kann sie den gesamten Lebenszyklus immer wieder durchlaufen und wird unsterblich. Diese Fähigkeit hat die kuriose Qualle vermutlich entwickelt, um widrige Wetterbedingungen zu überstehen. Die Turritopsis dohrnii ist die einzige unsterbliche Qualle.
Nicht unsterblich, aber dennoch besonders ist die Spiegeleiqualle, schon allein, weil sie ihrem Namen alle Ehre macht. Sie ist eine alte Bekannte an der Küste von Murcia im Südosten von Spanien. Das schwimmende Spiegelei lässt sich immer wieder an den Stränden von Águilas, Mazarrrón, La Manga am Mar Menor oder Cabo de Palos in Cartagena blicken. Hauptsächlich kommt sie an der Levante-Küste vor, lässt sich aber auch bis nach Málaga treiben.
Quallen an Murcias Küste: Spiegeleiqualle als Retterin für kleine Fische
Kürzlich ist sie vermehrt an der Küste von Águilas aufgetaucht, so dass das Rathaus der Stadt beschlossen hat, Informationstafeln über diese Meeresbewohner aufzustellen. Anhand von Fotos und Daten können Badegäste identifizieren, mit wem sie es im Wasser zu tun bekommen haben und ob das Nesseltier harmlos oder gefährlich ist.
Die Spiegeleiqualle gehört zu den harmlosen Vertretern. Eine Berührung mit ihren Tentakeln kann bei allergischen Personen leichte Spuren hinterlassen, die aber meist schnell vorübergehen. Ihre Fäden besitzen im Vergleich zu anderen Quallen, die als gefährlicher gelten, nur eine sehr geringe Toxizität. Die Spiegeleiqualle ist wichtiger Bestandteil der Nahrungskette und steht unter anderem auf dem Speiseplan von Schildkröten, Thunfischen, Haien und Pinguinen. Darüber hinaus dient sie als eine Art Zufluchtsort für viele Jungfische unterschiedlicher Makrelenarten, Goldstriemen oder Näslinge.

Die kleinen Fische sind immun gegen das Gift und verstecken sich in der Qualle, wenn Gefahr durch Raubfische droht. Auch nutzen sie die Tentakeln, um etwas von der Nahrung abzubekommen, die die Qualle erbeutet hat, wie Plankton, kleine Fische oder andere Quallen. Deshalb werden die Glibbertiere auch häufig umgeben von Jungfischen gesichtet. Der Aufruf an die Badegäste: Die Spiegeleiqualle unbedingt in Ruhe lassen, nicht aus dem Wasser holen, sondern sie einfach ihren Job im Meer erledigen lassen.
Quallen an der Küste: Exotische gepunktete Qualle breitet sich im Mar Menor aus
Im Mar Menor macht sich derweil eine exotische Art breit. In der letzten Zeit wurde die Gepunktete Wurzelmundqualle in ungewöhnlich großen Mengen in dem Binnenmeer gesichtet, wie das wissenschaftliche Komitee zur Überwachung des Mar Menor mitteilte. Die Qualle mit den unverkennbaren kleinen weißen Punkten ist eigentlich im Pazifischen und Indischen Ozean von Australien bis Asien zu Hause.
Umweltschützer vermuten, dass sie im Ballastwasser von Schiffen mit ins Mittelmeer gereist ist. Wie sich ihre Population im Mar Menor entwickelt, könne erst in ein paar Wochen bestimmt werden, sagte der Leiter des Komitees zur Überwachung des Mar Menor, Emilio María Dolores. Die Gepunktete Wurzelmundqualle zählt mit 35 Zentimetern zu den größten Exemplaren, stelle aber keine Gefahr für den Menschen dar, versicherte er. Sie sei eher von Nutzen und bilde ein Ökosystem für sich, indem sie mit ihren Tentakeln Algen aufnimmt, die Photosynthese betreiben und dadurch den im Mar Menor so dringend benötigten Sauerstoff produzieren.
Quallen sind dem Menschen in vielerlei Hinsicht nützlich. Heute werden die nicht giftigen Meerestiere in der asiatischen Küche als Speisen zubereitet. Auch die Spiegeleiqualle gehört zu den essbaren Vertretern. Sie dienen darüber hinaus als Lieferant für Kollagen, das in der Kosmetik eingesetzt wird, oder als Knorpelersatz bei verschlissenen Gelenken.