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Marsch auf Madrid: Kommunalwahlen in Andalusien als vorentscheidende Schlacht

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Von: Marco Schicker

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Pedro Sánchez mit weiteren Politikern auf einer Wahlkampfveranstaltung der PSOE.
Der kommunale Wahlkampf der PP in Andalusien zielt darauf ab, Pedro Sánchez bei den Parlamentswahlen Ende des Jahres die Macht in Madrid abzuringen. © EFE

Bei den Kommunalwahlen am 28. Mai sollte es eigentlich um lokale Themen gehen. Der Wahlkampf der PP in Andalusien hat aber etwas anderes im Blick: den angestrebten Machtwechsel in Madrid.

Update, 29. Mai: Ergebnisse der Kommunalwahlen in Málaga, Costa del Sol und Andalusien.

Sevilla - Seit die Volkspartei (PP) 2022 die Landtagswahlen in Andalusien mit absoluter Mehrheit gewonnen hat, zielt Ministerpräsident Juanma Moreno fast manisch in jeder Rede mit giftigen Pfeilen gen Madrid. Sánchez erlegen, das ist das große Ziel, Moreno will der Scharfschütze sein, neben Feldherr und Parteichef Feijóo und Madrids Ayuso am Maschinengewehr der Dauerpolemik. So bleibt am Superwahltag des 28. Mai den Andalusiern zwar, im Unterschied zu 12 der 17 anderen Autonomen Gemeinschaften in Spanien, eine Landtagswahl erspart. Nicht aber, dass die Kommunalwahlen, die eigentlich über Hundespielplätze, Parks und Tiefgaragen bestimmen sollen, zu einer vorentscheidenden Schlacht beim Marsch auf Madrid und dem ultimativen Machtwechsel hochgeschrieben werden.

Kommunalwahlen in Andalusien: PP will Hoheit in Städten und Dörfern - und in Provinzverwaltungen

Moreno stellt seinen PP-Kandidaten bei ihren Auftritten immer seinen Wahlkampfleiter Elias Bendodo zur Seite. Spricht die Bürgermeisterin von Torremolinos vom Schutz der Sandstrände, ergänzt Bendodo, dass „die Sozialisten sich einen Dreck um die Strände kümmern“. Träumt Málagas Stadtchef wieder von der Expo 2027, schiebt Bendodo nach, dass Sánchez die Menschen ins Elend stürzt und seine Aktion, Rentnern am Dienstag einen Kinotag für 2 Euro zu spendieren, eine Demütigung sei.

Die Volkspartei will alles. Nach der 2022 gewonnen Landtagswahl auch die Hoheit in Andalusiens Städten und Dörfern, obwohl sie da schon recht stark aufgestellt ist. Sie will die Hoheit in den Provinzverwaltungen, deren Zusammensetzung durch die Rathäuser definiert wird und über die sehr viel Geld zu verteilen ist. Und sie wollen die Andalusier bei der Kommunalwahl schonmal einnorden für die Parlamentswahl im Dezember, Moreno will seiner Partei das Fell von Sánchez liefern. Ein bisschen Ablenkungstaktik steckt in der Fixierung auf das nationale Thema auch, denn seit dem Wahlsieg auf Landesebene hat sich Moreno mit seiner Privatisierungspolitik im Gesundheitswesen, seiner Klientelpolitik und dem Streit um die Legalisierung von Wasserraub rund um Doñana einigen Unmut zugezogen, der kanalisiert werden muss. Der „Sanchismus“ scheint die richtige Zielscheibe zu sein.

Andalusien wählt: PSOE zeigt sich im Wahlkampf passiv

Zumal Andalusiens Sozialisten im Wahlkampf auffallend passiv agieren, schwer gezeichnet vom ERE-Skandal, in denen ihnen die Hinterziehung von 600 Millionen Euro öffentlicher Gelder für gefakte Abfindungen und betrügerische Förderungen während der letzten PSOE-Landeschefs nachgewiesen wurde, die einen roten Lauf von 40 Jahren beendete. Ex-Ministerpräsident Griñan steht an der Schwelle des Haftantritts, nur eine Krebsbehandlung steht noch zwischen ihm und gesiebter Luft. Die tausenden Sozialwohnungen von Sánchez nimmt der PSOE kaum jemand ab, sein Krisenmanagement steht auch bei den Kommunalwahlen indirekt zur Abstimmung.

Ciudadanos, die nie ihre Mitte fanden, löst sich in den Kandidatenlisten der PP auf, Vox will kommunal eine Rolle spielen, die ihr die Andalusier auf Landesebene rundweg verweigerten. Im Osten Andalusiens erstarkt Vox auffallend, gen Westen flacht die Überzeugungskraft der Rechtspopulisten merklich ab, rund um Cádiz oder in Sevilla Stadt bekommen sie keinen Fuß in die Tür. Freilich, auf Dörfern und in Kleinstädten, aber auch in den Provinzhauptstädten gibt es jeweils eine eigene Dynamik. Einzelfiguren können das nationale Hintergrundrauschen übertönen. Vorbei sind zwar die Zeiten, da es dem örtlichen Pfarrer egal war, wer unter ihm Bürgermeister wird. Doch hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Sevilla nicht vom Bürgermeister, sondern vom Leiter des Festkomitees der Feria de Abril und „alten Familien“ dahinter regiert wird.

Spannendes Rennen in Sevilla: Wird die PSOE ihre große Bastion in Andalusien verteidigen können?

Sevilla ist auch die große Bastion der Sozialisten und die wichtigste Landeshauptstadt in PSOE-Händen. Ein nun ergangenes Urteil des Obersten Gerichtshofes über das Recht der Bürgermeister, Touristen-Apartments zu beschränken, gibt der Linken unerwarteten Aufwind, denn die Gentrifizierung der Innen- und Küstenstädte Andalusiens ist ein Problem und Thema und kann in nicht wenigen Gemeinden sogar wahlentscheidend sein, zumal die PP, traditionell Statthalter der Immobilenbranche, Banken und Hoteliers, dahingehend schnell ins Stammeln kommt.

Ferienwohnung in Benidorm
Das jüngste Urteil des Obersten Gerichtshofes, das den Rathäsern das Recht zuspricht, Ferienwohnungen in ihren Städten zu limitieren, ist zu einem heißen Wahlkampfthema geworden. © David Revenga

Dennoch wird Sevillas Bürgermeister Antonio Muñoz PSOE kein Spaziergang vorhergesagt, sondern es läuft in der Landeshauptstadt eher auf „technisches Patt“ zwischen den beiden Blöcken hinaus. Denn auch das ist ein sehr spanisches Phänomen: Koalitionen zwischen PP und PSOE scheinen ausgeschlossen, eher friert die Hölle zu. Dennoch wird in Andalusien diese parteiliche Bipolarität, aus Gewohnheit und Mangel an Alternativen, bestehen bleiben. Wieder nur der Südwesten, das wilde Cádiz, bricht hier aus und gibt neuen progressiven Kräften eine Chance. Das Abschneiden von Vox bei der Kommunalwahl und der wackelige Zusammenhalt der linken Gruppen werden über Sevilla entscheiden, ein einziges Mandat kann hier alles ins Kippen bringen.

Andalusiens zweitwichtigste Stadt: Málaga steuert auf sechste Amtszeit von Francisco de la Torre zu

Málaga, Andalusiens zweitwichtigste Stadt, steuert auf eine sechste Amtszeit des mittlerweile 80-jährigen Francisco de la Torre zu, der voll auf Immobilien-Boom und Luxus-Wachstum setzt. Sein Kontrahent, Dani Pérez von der PSOE, jung dynamisch, kommt dagegen in den Umfragen vor der Kommunalwahl bis dato kaum an, obwohl er mit der Karte Sozialwohnungen eigentlich punkten sollte. Málaga verzeichnete in den vergangenen zwei Jahren die höchsten Anstiege der Mieten und Quadratmeterpreise in Spanien, die Malagueños werden aus ihrer Stadt gedrängt. Dennoch trauen sie dem Sozi nicht zu, das Ruder herumzureißen. De la Torre kann die meisten Ciudadanos-Stimmen absorbieren, Vox wird erstmals ins Rathaus einziehen und damit eine linke Mehrheit verhindern.

In Cádiz wird José María González „Kichi“, jener Bürgermeister, der die Landesregierung bei der Frage der Touristen-Apartments gerichtlich in die Knie zwang, nicht mehr antreten. Er kam über Podemos und die Vereinigte Linke ins Amt. Cádiz könnte auf eine knappe, linke Koalitionsregierung zusteuern. Die Ankündigung einer neuen Makrourbanistaion mit 300 Luxusvillen unweit von Doñana dürfte der Rechten ausreichend Stimmen kosten. Hingegen werden Jaén und Córdoba umkämpfter sein, der Zusammenbruch der Ciudadanos könnte die PP in beiden Städten und Provinzverwaltungen an die Macht bringen, Granada hingegen gilt als PSOE-Land. Doch auch hier sind die Umfragen nicht sehr beruhigend für die PSOE. Die wird wahrscheinlich die Bürgermeister in Baza, Armilla, Maracena und Salobreña behalten, während die PP wohl auf Siege in Loja, Motril, Alhama und Almuñécar hoffen kann.

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