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Ältester Landgasthof Andalusiens zu verkaufen: Reisen und speisen wie die Bandoleros

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Von: Marco Schicker

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Landgasthof in Andalusien.
Die Venta Alfarnate zwischen den Provinzen Málaga und Granada soll das älteste Landgasthaus Andalusiens sein. © Venta Alfarnate

In der Venta de Alfarnate zwischen Granada und Málaga kehrten Könige und andere Räuber ein. Andalusiens älteste Raststätte steht jetzt zum Verkauf, ihre Legenden sind im Preis inbegriffen.

Alfarnate/Málaga – Über 800 Jahre Geschichte hat sie auf dem Buckel, sie sei die älteste „Venta“ Andalusiens, die in Betrieb ist. Nun steht sie zum Verkauf. Die Rede ist von der Venta Alfarnate am Kilometer 513 der Carretera de Málaga, tief im Hinterland am Wegekreuz zwischen Sevilla, Granada, Málaga und Córdoba. Der Landgasthof liegt am Camino Real, Königsweg, der sozusagen das offizielle Wegenetz bezeichnet, auf dem die Kuriere unterwegs waren, sich Händler zu Kolonnen zusammenschlossen, um sich vor Überfällen zu schützen. Viele Abschnitte des Camino Real in Andalusien sind identisch mit der einstigen Vía Augusta der alten Römer.

Gasthof zwischen Granada und Málaga: Venta mit viel Geschichte zu verkaufen

Das malerisch gelegene Gehöft unweit des Dorfes Alfarnate, das derzeit für 855.000 Euro bei Idealista angeboten wird, hat Grundmauern aus dem 14. Jahrhundert, wurde aber vielfach umgebaut. Eine Venta ist im Unterschied zu einer Posada dem Wortsinne nach eigentlich nur ein Verkaufspunkt mit der Funktion einer Raststätte. Doch historisch hatte sie immer auch einige Zimmer für erschöpfte Reisende anzubieten. „Ich übernahm das Objekt als Ruine und habe es wieder aufgebaut“, erzählt Cristina Zuleta, die derzeitige Eigentümerin, die 25 Jahre ihres Lebens hier wirkte und den alten Ruhm in die neue Zeit brachte, durch viel Liebe zum Detail, gute, deftige Küche und ein Gespür für den Zauber des Ortes. Ihr ist auch zu verdanken, dass das Gehöft nicht zum Räuber-Disneyland verkitscht wurde. Im Moment ist das Lokal nicht immer geöffnet, offiziell dienstags bis sonntags 10-18 oder 11-19 Uhr, doch ein vorheriger Anruf sei angeraten.

Venta Alfarnate
Die historische Venta Alfarnate liegt im Bergland im Norden von Málaga, eine für ihre Bandoleros berüchtigte Gegend. © Venta Alfarnate

Hier, in dieser Einkehr für Wanderer, die das Autozeitalter an manchen Tagen zu einem Ausflugslokal zuparkt, machten nicht nur Handelsreisende Rast, sondern zog praktisch die halbe andalusische Geschichte vorbei. Schon unter den Mauren soll hier eine Pferdewechselstation gestanden haben, bei der immer auch ein Feuer mit Essen loderte. Allerdings lag Alfarnate über 150 Jahre im Grenzgebiet maurischer und christlicher Reiche, zwischen dem Emirat von Granada und der Krone Kastililens, diente als Versteck für Morisken, die hier, unweit der malerischen und verwunschenen Alpujarra, einem wunderbaren Wandergebiet, noch Ende des 16. Jahrhunderts einen Aufstand gegen den „christlichen“ Terror anzettelten. Erst um 1600 wurde die Gegend „bereinigt“. Sicherer wurde sie dadurch kaum, denn bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die Gegend Bandolero-Land. Vielleicht ist auch das der Grund, warum hier nie ein echtes Hotel entstand, wer würde hier schon ruhigen Schlaf finden?

König Alfonso & El Temptranillo: Illustre Gäste in Andalusiens ältester Raststätte

Spaniens König Alfonso XIII. kehrte in den 1920er Jahren hier ein, angezogen auch von dem verruchten Ruf der Venta, die einst als Unterschlupf und „Konferenzhotel“ für die berühmtesten Bandoleros Spaniens ihrer Zeit gedient hat. Alfarnate, das war Territorium von El Tempranillo, einem berüchtigten, von manchen als Volksheld gefeierten Räuberhauptmanns nach den Napoleonischen Kriegen, der so erfolgreich in seinem Handwerk war, dass der König ihm einen Posten als Kommandeur eines Freikorps anbot. El Tempranillo bezahlt diesen Verrat mit dem Leben. Heute sitzt seine Statue an einem der Tische der Venta und isst mit den Reisenden mit.

In der Venta Alfarnate
Melancholisch sitzt der berühmte Räuberhauptmann El Tempranillo mit am Tisch in der Venta Alfarnate. © Venta Alfarnate

Auch ein anderer Bandolero, der bekannte König der Duelle, Luis Candelas, kam hier durch und habe 1824 in Alfarnate übernachtet, aber nicht als Reisender, sondern als Gefangener im „calabozo“, einem kleinen Verließ, dessen Ketten-Anker noch in der Wand stecken. Die Armee hatte ihn nach einem Tipp gefangen genommen und schaffte ihn zur Hinrichtung nach Madrid.

„Meine Söhne haben andere Interessen“, erzählt Cristina Zuleta, die Wirtin, nüchtern den Grund für den Verkauf des musealen Gasthofs. Sie hoffe, dass sich jemand findet, der beides weiterführt, das Lokal ebenso wie die historische Stätte. 1,6 Hektar Grund, mehrere Salons, 900 Quadratmeter Nutzfläche gehören zum Grundstück, alle Betriebslizenzen sind in Kraft. Wer ein bisschen Zeit und Geld für einige Anpassungen hat, kann auch Zimmer zum Vermieten anbieten. Im Preis inbegriffen: Unbezahlbare Legenden. Zu beachten sind einige Denkmalschutzmaßgaben, doch bliebe genug Raum für eigene Gestaltungen: Immer mehr „digitale Nomaden“ oder Home Office-Arbeiter, auch aus Deutschland wandern in die Berge Granadas aus.

Venta de Alfarnate, Carretera de Málaga, Km 513, 29194 - Granada
Telefon: 952 75 91 16, Email: ventadealfarnate@gmail.com

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