Flamingos und Kormorane, Lachmöwen und Stelzenläufer, Graureiher und Seidenreiher sowie Spießenten und Stockenten sollten laut Infotafel hier neben vielen weiteren Vogelarten anzutreffen sein – weil ihnen im Wasser unter anderem Ringelbrassen, Pfauenschleimfische, kleine Krebstiere und Wasserschnecken oder auch Schwimmkäfer als Nahrung dienen müssten. Doch der Hobbyornithologe – der professionelle ebenso – wird schwer enttäuscht. Nichts davon bekommt er zu sehen, nur eine triste Einöde.
Die Lagunen füllen sich nämlich nicht in einem natürlichen, sondern in einem industriellen Prozess mit Meerwasser. Durch einen Kanal wird dieses dorthin geleitet. Sie sind quasi das erste Becken, in dem man das Wasser zur Salzgewinnung verdunsten lässt. Von dort wird es dann in weitere, künstlich errichtete Becken geleitet, wo sich der Verdunstungsprozess fortsetzt, bis zuletzt das Salz geschöpft werden kann.
Besagter Kanal ist indes schon seit Monaten durch Erdrutsche infolge der reichen Niederschläge des Frühjahrs verstopft und lässt kein Meerwasser passieren. Der Betreiber der Salzgewinnungsanlage, das Unternehmen Unión Salinera, sah wohl keine Eile geboten, den Schaden zu beheben. Und die andalusische Regierung, die seit Mai davon wusste, sah anscheinend auch keinen Grund, den Salzproduzenten zur Reparatur zu drängen.
Erst als die Salinen trocken lagen und die Vögel weg waren, woraufhin die Umweltorganisation Grupo Ecologista Mediterráneo (GEM) Anfang Juli Alarm schlug, sah sich die Landesregierung, die sich die grüne Revolution auf ihre Fahne geschrieben hat, zum Handeln genötigt. In ihrem Protest ist GEM auch nicht mehr allein, denn mit weiteren Umweltvereinigungen – Amigos del Parque Natural, Ecológistas en Acción, Greenpeace, SEO-Birdlife Aquiferos Vivos., Asociación Posidonia, Promar und Serbal – hat man sich mittlerweile zur Bürgerplattform SOS Salinas Cabo de Gata zusammengeschlossen.
Nachdem die Anwohner bereits vor einigen Wochen zu einer spontanen Kundgebung zusammengekommen waren, hat die Plattform am vergangenen Wochenende eine zweite Demonstration organisiert, die diesmal an die 500 Personen am Cabo de Gata zusammenbrachte. Von dem Küstenort San Miguel marschierten diese, der Spur des kaputten Kanals folgend, bis zur Salzgewinnungsanlage.
Der Druck der Umweltschützer zeigte bereits Wirkung. Nach der Ankündigung, aber noch vor Abhaltung der Demo kündigte das Unternehmen Unión Salinera nämlich an, Anfang August die Arbeiten zur Wiederherstellung des Kanals in Angriff nehmen zu wollen, wofür die Landesregierung auch schon die erforderliche Genehmigung erteilt hat.
Die Austrocknung der Salinen und die Flucht aller Wasservögel sehen indes nicht alle Umweltexperten als ökologische Katastrophe an. Jose María Matemala, Vorreiter im Kampf für den Schutz der Feuchtgebiete in Almería, wertet das Ganze als Naturunfall. Wenn die Ursache behoben sei und das Meerwasser in die Salinen zurückkehre, würden auch die Wasservögel wieder eintreffen, zeigt sich Matamala zuversichtlich.
Ein Präzedenzfall, der dafür spräche, ereignete sich in der Laguna Fuente de Piedra im Norden der Provinz Málaga. Als die Lagune im vergangenen Frühjahr aufgrund der Dürre weitgehend austrocknete, ergriffen die Flamingos die Flucht und zogen in andere Feuchtgebiete weiter. Wobei sie sogar ihre bereits gelegten Eier zurückließen. In diesem Winter – die Dürre hielt immer noch an – schien ihre Rückkehr fast ausgeschlossen. Der Dauerregen in den Monaten März und April sorgte am Ende aber doch dafür, dass Zartrosa in den Lagunen wieder zur dominanten Farbe wurde.