Corona-Krise: Baubranche soll in Andalusien Einbruch des Tourismus kompensieren

Die Coronavirus-Krise treibt spanienweit die Arbeitslosigkeit in die Höhe. Andalusien ist durch seine Abhängigkeit vom Tourismus besonders betroffen. Nun soll es die Baubranche richten.
- Wirtschaftsleistung wird in der Region in diesem Jahr stark zurückgehen.
- Tourismus wird sich aufgrund der eingeschränkten Mobilität erst spät erholen können.
- Baubranche soll Arbeitslose aus dem Dienstleistungsektor auffangen.
Sevilla - Wenn sich die andalusische Wirtschaft im zweiten Halbjahr relativ schnell wieder erholt, würde die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um fünf Prozent zurückgehen. Bleibt eine zügige Erholung indes aus, könnte der Rückgang sogar bei 6,7 Prozent liegen. Das prognostizierte zumindest der andalusische Wirtschaftsminister Rogelio Velasco noch vor einigen Tagen, allerdings für den Fall, dass der Notstand nur bis zum 10. Mai andauert.
Es ist nach jetzigem Stand aber davon auszugehen, dass der Notstand erneut verlängert wird und zwar mindestens ein weiteres Mal. Der Minister wird seine relativ optimistische Prognose daher wohl ebenfalls erneuern und nach unten korrigieren müssen. Zu Beginn des Jahres hatte er für 2020 noch eine Zunahme der Wirtschaftsleistung von 1,5 Prozent vorausgesagt. Davon wird Andalusien definitiv ganz weit entfernt sein.
Pandemie nicht wie ein Erdbeben
An eine relative zügige Erholung der regionalen Ökonomie glaubt Rogelio Velasco jedoch schon, denn die Coronavirus-Pandemie sei ja nicht wie ein Erdbeben. Die wirtschaftliche Infrastruktur werde nicht zerstört und auch das Humankapital gehe nicht verloren. Dennoch räumt der Minister ein, dass Andalusien von der Corona-Krise stärker betroffen sein wird als andere Autonome Gemeinschaften, aufgrund der besonders hohen Abhängigkeit der Wirtschaft vom Tourismus und vom Dienstleistungssektor.
Pessimistisch stimmt ihn hinsichtlich der Tourismusbranche, nicht nur, dass zurzeit keine ausländischen Urlauber ins Land dürfen, sondern auch, dass der nationale Tourismus bis auf weiteres nicht als Rettungsanker dienen wird, da die spanische Zentralregierung bis Ende Juni eine Mobilität der Personen zwischen den einzelnen Provinzen nicht erlauben will. Welchen Sinn hätte es da für die Hotels, ihre Etablissements wieder zu öffnen, fragt sich Velasco.
So wie sich auch die Gaststättenverbände fragen, welchen Sinn es haben soll, Lokale wieder zu öffnen, wenn sie zunächst nur ein Drittel der Terrassen und zu einem späteren Zeitpunkt erst Mal auch nur ein Drittel des Innenraums nutzen könnten. Mit diesen Restriktionen wird ein gewinnbringendes Geschäft weder für Bars und Restaurants, noch für Hotels kaum möglich sein. Und wenn die Kosten ihre Gewinne übersteigen dürften, werden es viele Betreiber sicherlich vorziehen, geschlossen zu bleiben.
Arbeitsmarkt leidet unter Tourimus-Stopp
Der andalusische Ministerpräisdent Juanma Moreno sieht die Entwicklung des Tourismus daher düster. Er geht davon aus, dass der Branche Einnahmen in Höhe von etwa sechs Milliarden Euro entgehen und an die 150.000 Arbeitsplätze verloren gehen werden. Schon in den Monaten Januar bis März seien in der Region 28.800 Jobs verloren gegangen und das obwohl der Notstand erst Mitte März ausgerufen wurde.
Die Zahl der Erwerbslosen sei damit auf 836.700 angestiegen. Jeder vierte Arbeitssuchende in Spanien stammt laut Moreno aus Andalusien, obwohl die Region nur 18 Prozent der landesweiten Bevölkerung aufbringt. Dabei seien jene Berufstätige, die sich in Kurzarbeit oder in betrieblichen Ausstellungsverfahren befinden, deren Zahl sich auf rund 500.000 Personen beläuft, noch gar nicht mitgerechnet.
Von der Bar auf die Baustelle
Der vor allem durch den Niedergang des Tourismus bedingte Einbruch des Arbeitsmarktes, ist der andalusische Regierungschef indes überzeugt, könnte durch einen anderen Wirtschaftssektor abgemildert werden und zwar durch die Baubranche. Der Bausektor, der bereits mit sechs Prozent zur Wirtschaftsleistung der Region beiträgt und 6,4 Prozent der Werktätigen beschäftigt, könnte vor allem für nicht qualifizierte Arbeitskräfte des Dienstleistungssekotors quasi als Refugium dienen.
Dies würde allerdings eine Förderung der Branche durch die öffentliche Hand erfordern, erklärte der andalusische Präsident jüngst während einer Viedekonferenz mit Vertretern des Bausektors. Die andalusische Landesregierung jedenfalls sei gewillt, zur Erholung des Arbeitsmarktes ihre Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen sowie in den öffentlichen Wohnungsbau deutlich zu erhöhen, sowohl in Neubau- als auch in Restaurierungsprojekte.
Moreno will stillgelegte Infrastrukturprojekte wieder aufnehmen und noch gar nicht angelaufene zügig voranbringen, in dem sie, um die behördlichen Schritte zu beschleunigen, als dringend eingestuft werden sollen. Wofür er auch die spanische Zentralregierung zur Kooperation drängt, da diese in den Regelungen des Notstandsdekrets Ausschreibungsverfahren gebremst hatte. Außerdem will der andalusische Präsident den Bauunternehmen mehr bebaubare Flächen zur Verfügung stellen.
Mehr Bauland für den Wohnungsbau
Für diesen Zweck soll zum einen das andalusische Bodengesetz modifiziert werden, wobei sein Kabinett in Kürze bereits eine Gesetzesänderung beschließen will, um diese dem regionalen Paralament vorzulegen. Zum anderen sollen zur Genehmigung der kommunalen Raumordnungspläne die Verfahren vereinfacht, legale Vorgaben reduziert und Fristen verkürzt werden, da viele Städte und Gemeinden seit Jahren auf die Absegnung ihrer Pläne warten, was ihre Entwicklung behindere.
Zu guter letzt spricht sich Juanma Moreno dafür aus, das Gesetzesdekret der Landesregierung voranzubringen, welches auf einen Schlag 21 geltende andalusische Gesetze ändert, um für Investoren administrative Hürden wie zum Beispiel Umweltauflagen massiv abzubauen. Gegen das umstrittene Dekret hatten die spanische Regierung, die in Andalusien oppositionelle PSOE und zuletzt auch noch die linke Partei Adelante Andalucia eine Verfasskungsklage angekündigt.