Etwa acht Kilometer hinter und über Casabermeja wird links der Blick frei auf Málaga, das Meer in der Ferne, rechts tauchen wir nochmal in eine Schlucht gesäumt von dickstämmigen Olivenbäumen, die sich wie uralte Bergziegen in die steilen Hänge krallen. Antonio war eine Weile nicht hier und staunt, über einen neuen Mauerdurchbruch mit Panoramafenster auf die Vega und einen Pool im tropisch bestückten Garten. Sogar eine Hauskapelle hat das Anwesen, ein spanisches Bilderbuch-Gehöft. Die Böden mit ihren typischen Kacheln, die Holzbalken, die Decken sind dezent, authentisch restauriert. Jahre hat das gekostet.
„So 400 Jahre alt“, schätzt Juan Cabello, Hausherr, Olivenmüller und Restaurator, die alten Gemäuer. Er kennt sich aus damit, hat etliche alte Villen, Gehöfte, Wohnhäuser vor dem Verfall gerettet. „Sie wird entstanden sein, als sie die Güter der vertriebenen Morisken aufteilten“, meint er, als er uns durch die frühere Bodega führt. „Als die Reblaus kam, war es aus mit dem Wein“, erklärt er als er uns den Lagerraum mit den in den Boden eingelassenen Amphoren zeigt, auf raffinierte Rohrleitungen und andere Details hinweist. Die Produktions- und Lagertechnik bei Wein wie Öl blieb 2.000 Jahre fast unverändert. „Alle Anlagen, die Mühle, das Depots konnten sie daher schnell von Wein auf Oliven und Öl umstellen“.
Ein tonnenschwerer Balken balanciert die Kräfte der Mühlsteine aus, die Räume sind ein Museum, die Anlage ist aber funktionstüchtig. Sie kann besucht werden, gegen Voranmeldung. Ein „Öl-Frühstück“ bietet Juan an, mit Verkostung im historischen Ambiente. Und natürlich kann man sein Öl kaufen, einen alten Olivenbaum adoptieren, auch eine Ferienwohnung gibt es.
Das Öl produziert er in einer dezent verborgenen hochmodernen Anlage im hinteren Teil des Gehöfts. Nichts von den Hallen stört die pittoreske Szene. Alles sei ökologisch, nachhaltig bis ins Detail. „Wir waschen die Oliven nicht mal vor dem Mahlen“, erklärt er. Denn „wir haben festgestellt, dass einige der wertvollen Inhaltsstoffe wasserlöslich sind“. Mit Luftdruck wird vorgereinigt, dann geht es in die Zerkleinerung, dann die Presse. Nur bei der Zentrifuge kommt etwas Wasser, in einem geschlossenen Kreislauf zum Einsatz. „Deutsche Technik“, lächelt Juan. Die Lagertanks geben dem Öl Zeit zu reifen und damit sich Trübstoffe setzen, auch das ist wie beim Wein. Gefiltert wird am Ende nochmals mechanisch. Von den bei Hippstern gerade wieder so angesagten ungefilterten Ölen hält er nicht so viel. „Das ist ein Spleen, das Öl ist nicht besser, nur trüber“, so der Ölmüller.
Direkte Kaltpressung, die ein Virgen Extra auszeichnet und nichts anderes macht Juan hier, bedeutet, dass die Öl-Maische unter 28 Grad bleiben muss, nicht künstlich erhitzt werden darf und nur einmal gepresst wird. „Je wärmer die Masse, umso mehr Öl bekommt man“. Die Folge: Was die Großindustrie verzapft, sei oft schwindelerregend. Der Trester, also die Pressreste würden sie unter Erwärmung und Wasser bis zu zehnmal ausquetschen, „raffinieren“, wenn sie zu dem Gebräu dann nur zehn Prozent echtes „Virgen Extra“ hinzuschütten, können sie das Öl als „Aceite de Oliva suave“ verkaufen. Seinen Trester bringt er lieber auf Felder oder in eine Biogasanlage.
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Juan ist tief in die Materie eingedrungen, seine Oliven holt er sich mit ein paar Hilfskräften vom eigenen Besitz oder gepachteten Hainen aus der Umgebung. Darunter sind auch die berühmten 1.000-jährigen Olivenbäume des Arroyo del carnicero, hier ums Eck. Seine Öle haben Preise gewonnen, in Spanien, sogar in den USA, immer in der Sparte „ecológico“. Er lebt vom Direktvertrieb, ab Hof, in Läden der Gegend, online nach ganz Europa, an die Gastronomie. Juan fliegt auch schonmal bis nach China auf eine Messe. Man muss sich kümmern, wenn man gegen die Großen ankommen will. 10 Euro der halbe Liter ist nicht billig. Aber auch nicht so teuer, wenn man damit eine Kulturlandschaft erhalten hilft.
Die Olivenöle des Molino del Hortelano gibt es sortenrein: Hojiblanca, Picual, Manzanilla Aloreña. Mal als gereifteres Öl, mal sehr jung geerntet, was sich nicht nur geschmacklich auswirkt, sondern auch auf den Anteil der Polyphenole, dieses antioxidanten Wunderstoffes, der beim Wein Tannine heißt, der in seinen Ölen besonders hoch sei, wegen der schonenden Verarbeitung, aber auch des Timings der Ernte. Polyphenole sollen Cholesterin senken, gegen Sonnebrand helfen, sogar Krebs unterdrücken. Der Stoff, der für den scharfen Abgang der Olivenöle verantwortlich ist, wirke zudem wie ein natürliches Ibuprofen.
„Wir machen alles schön nach und nach, wie es die Bäume hergeben, was jedes Jahr anders“ sei, erklärt Juan Cabello. Die weit verteilten Bäume stehen in halb verwilderter Umgebung und müssen um das Wasser kämpfen, sie werden nicht oder kaum gegossen, „en secano“ gezogen. Weil sie so alt und dick sind, überstehen sie auch schonmal längere Dürrephasen, die in Spanien zur Regel werden. Wie bei Bergkräutern in hohen Lagen oder Fisch aus kalten Gewässern, werden die Frücht dann gehaltvoller. Besonders stolz ist der Ölmüller und Restaurator auf die Verdiales-Olive, eine lokale Art, die fast verschwunden war, die sich vor allem aber aus der jungen Frucht zu einem wunderbar feinen Olivenöl verarbeiten ließe, das sich sogar für Desserts und Backwaren eigne.
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