Urlauber aus Russland und der Ukrainer, die gerade in den letzten Jahren vor Corona eine ständig wachsende Größe auch an der Costa del Sol geworden waren, wird man zwar vermissen, vor allem auch, da sie überdurchschnittlich viel Geld im Land ließen, 40 Euro mehr pro Tag und Kopf als Deutsche, 80 mehr als Franzosen. Doch die Provinzverwaltung, die in der Region die meisten öffentlichen Gelder für das Tourismusmarketing ausgibt, kommt – erst jetzt – zu dem Schluss, dass die Verlässlichkeit von Touristen aus stabilen Herkunftsländern auf lange Sicht besser sei, statt auf betuchte aber volatile Klientel aus krisenanfälligen Märkten zu setzen.
Hinzu kommt für Málaga und Umgebung, dass der Post-Covid-Anflug von Euphorie und Fördergeldern zu einem erneuten Investitionsboom führte, allein in Málaga Stadt werden in diesem Jahr zwei Dutzend Hotels eröffnet, hunderte Ferienwohnungen wurden neu registriert und auch Neubau-Genehmigungen tragen oft den Aufdruck „viviendas vacacionales“: Ferienwohnungen. Dass dies auf Kosten der angestammten Anwohner geht, die immer mehr verdrängt werden, Stichwort: Gentrifizierung, steht auf dem selben Blatt, wird aber von Funktionären und Branche verdrängt.
Die Agentur Turismo Costa del Sol schwenkt in ihrer Strategie um und verabschiedet sich wohl für länger vom britischen Markt als Primärziel, der bis 2019 Großteile der Kontingente aufkaufte und so die Betten füllte. „Deutschland, Frankreich, Dänemark und Schweden“ heißen die neuen Zielmärkte der Touri-Werbung, 1,6 Millionen Euro gibt die Provinzverwaltung in diesem Jahr aus, um Besucher aus diesen Ländern anzulocken.
„Wir brauchen Verlässlichkeit in den Herkunftsmärkten“ lautet die erstaunliche Einsicht, des Präsidenten der Provinzverwaltung Málaga, Francisco Salado, der gleichzeitig die Tourismusagentur leitet und auch noch Bürgermeister von Rincón de la Victoria ist. Laut offizieller Zählung waren im Krisenjahr 2021 rund 353.000 deutsche Touristen in registrierte Unterkünfte der Costa del Sol gekommen, schon 88 Prozent mehr als im Lockdown-Katastrophen-Jahr 2020, Franzosen waren es 290.000, Belgier 244.000 und Dänen 203.000, sogar 131 Prozent mehr als zuvor, ähnliche Zuwächse erlebte man mit Schweden, von denen 184.000 2021 an die Sonnenküste kamen.
„Unsere Studien zeigen, dass die Deutschen vor allem auf den Preis und die Nachhaltigkeit des Zielortes schauen, 60 Prozent buchen alles online und weit im voraus, vor allem Familienurlaub am Strand und Luxusurlaub im Landesinneren.“ Die meisten kamen aus München, Stuttgart, Köln, Hamburg, Frankfurt und Berlin, so Salado. Franzosen hingegen würden „auf den letzten Drücker buchen, am liebsten über Reisebüros“, und sie geben mit etwas über 100 Euro am Tag deutlich weniger aus als Skandinavier oder Deutsche (um 140 Euro).
Dänen und Schweden wiederum würden gerne aktiven Urlaub machen, golfen oder im Inland auf Entdeckungstour gehen, erklärt Salado. Die Studie legt zudem nahe, dass die Costa del Sol „ein Urlaubsziel für 365 Tage im Jahr“ sei und die Werbekampagnen daher nicht mehr nur Strand und Chiringuitos zeigen werden, sondern auch die Sierra de las Nieves, das Valle del Genal und andere Naturgebiete, Kultur in Málaga Stadt, die berühmten weißen Dörfer Andalusiens, allen voran Ronda und Frigiliana. Und sogar Granada mit dem Weltkulturerbe Alhambra liegt sozusagen im Einzugsbereich der Costa del Sol, zumal die Staatsbahn Renfe die Verbindungen dorthin verbessert. Málaga wuchert mit den Pfründen, die ganz Andalusien zu bieten hat.
120 Städte in 34 Ländern sollen von März bis Oktober per Flugzeug mit Málaga verbunden sein. 16,5 Millionen Passagiere hätten 50 Fluglinien bisher für diesen Zeitraum angemeldet, freut sich Pedro Bendala, Chef des Airports Málaga. Mit diesen Zahlen liege man „sogar vier Prozent über dem Rekordjahr 2019“ mit insgesamt fast 20 Millionen Passagieren. Die „Luftbrücke“ nach Großbritannien bleibe ein zentraler Faktor, doch gebe es mehr Diversifikation. 85 Prozent aller Passagiere seien Touristen, 8.000 Menschen fänden durch den Airport Arbeit. Der Manager hofft, auch die Direktverbindung nach New York bald“ wieder anbieten zu können, die Delta 2019 nach elf Jahren eingestellt hatte.
Eine Art Konjunkturbarometer für den Tourismus an der Costa del Sol sind hingegen die Flugpläne des Billigfliegers Ryanair, der seit einem Jahrzehnt den Ton am Airport Málaga angibt und nach Passagieren auch in ganz Spanien führend ist. In diesem Jahr wollen die Iren ihre eigenen Rekorde brechen und von und nach Málaga 340 Flüge auf 79 Routen pro Woche anbieten. Darunter sind auch gänzlich neue Angebote, so ein Inlandsflug zwischen Málaga und Lanzarote auf den Kanarischen Inseln sowie Direktflüge nach Aarhus in Dänemark, Agadir in Marokko, Arlanda etwa 40 Kilometer nördlich von Stockholm, Paris Beauvais, Kaunas in Litauen, Riga in Lettland, Turin und ins kroatische Zagreb.
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