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Erster Kakao Europas: Spanien setzt trotz Dürre auf tropische Pflanzen - Ernte in Málaga

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Von: Marco Schicker

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Kakao aus spanischer Ernte
Der erste „spanische Kakao“ vom Feldversuch in Málaga. © CSIC Málaga

Kakao made in Málaga: Ausgerechnet ein staatliches Institut rühmt sich, Europas erste europäische Ernte der tropischen Kakao-Früchte eingefahren zu haben. Während Spanien unter latenter Dürre leidet und die Regierung Bauern das Wasser abstellen muss.

Málaga – Gerade demonstrierten Bauern wieder in Madrid gegen die Regierung, die ihnen den Hahn zur Bewässerung ihrer Felder im Südosten Spaniens aus der Überleitung des Tajo-Segura-Systems allmählich zudrehen will, weil sie muss und sie damit auf die Palme bringt, die sie nicht mehr gießen sollen. Es gibt, sagen Regierung und Forschung, in Spanien immer weniger Wasser, weil es weniger und unregelmäßiger regnet, mehr verbraucht und auch verschwendet wird, - vor allem durch die Landwirtschaft und den Tourismus. Gleichzeitig werkeln Forscher des von der gleichen Regierung finanzierten Instituts CSIC daran, weitere tropische Pflanzen in Spanien anzubauen.

Vor allem die durstigen Avocados und Mangos werden rund um Málaga angebaut, bereits zum Schaden der Wasserwirtschaft und der Böden und zum Nutzen einiger Bauern, aber mehr noch gut vernetzter Investoren angebaut, bis zum Exzess, wie wir immer wieder berichten. Die jüngste Erfolgsmeldung setzt dem Wahnsinn noch ein Schokosahnehäubchen auf, sie betrifft eine Pflanze, die direkt im – Achtung – Regenwald wächst. „Forscher des CSIC gelingt die erste Kakao-Ernte in Europa“ melden die Agenturen.

Kakao aus Spanien: 20.000 Liter Wasser für ein Kilo

Gelungen ist das unweit von Vélez-Málaga, bei Algarrobo, also genau zwischen Touristenhochburgen und Avocado-Wäldern und nur ein paar Kakaobohnen-Würfe von einer Gegend entfernt, die gerade offiziell zur neuesten Wüste Spaniens ernannt werden musste. Um die sehr wählerischen Kakao-Bäume zum Blühen und Entwickeln ihrer Früchte zu bewegen, was die Diven der Regenwälder nur tun, wenn sie perfekte Bedingungen vorfinden, wurden die Blüten „handbestäubt“ und die Pflanzen in einem Gewächshaus aus Plastikplanen untergebracht, das aber „nicht beheizt“ wurde, ein Zusatz, der auf Nachhaltigkeit hinweisen soll.

Churros mit Schokolade
Keine churros ohne Schokolade. Können die Spanier ihr Lieblingsgebäck nun bald in selbsterzeugten Kakao tunken? © Unsplash

20.000 Liter für ein Kilo Kakaobohnen, 1.700 Liter für 100 Gramm Schokolade, weiß der WWF über den Wasserbedarf. Durch geschlossene Kreisläufe und „smartes“ Gießen, kann man das auf etwa 1.200 Liter senken. 100 Gramm Schokolade, das ist so viel, wie ein durchschnittlich süßer Spanier zum einmaligen Eintunken seiner churros in die Köstlichkeit benötigt. Künftig kann er seinen churro in „Kakao, 100% Made in Spain, Made in Málaga“ tunken, jubelt die PR-Agentur im Auftrag des staatlichen Instituts für Subtropische Feldfrüchte von La Mayora, das zur Uni Málaga und zum staatlichen CSIC, dem „Höheren Rat für wissenschaftliche Forschung“ gehört.

Kakao aus Málaga: In Spanien gibt es nicht genug Wasser für Pflanzen aus dem Regenwald

Höherer Unfug seien solche „Errungenschaften“, beklagen der WWF und jene Bauern, die wegen des Leersaugens der Ressourcen bereits heute zu kurz kommen, ihre Felder EU-subventioniert stilllegen oder an Solarenergie-Konzerne verpachten, während auch in den spanischen Supermärkten Obst und Gemüse immer teurer werden. Es hat seinen Grund, warum der Kakao praktisch vollständig aus den Regenwaldregionen Lateinamerikas und Afrika kommt. Bisher liefern sie die fermentierten und getrockneten Kakaobohnen in die großen Häfen der Niederlande und Belgiens, von wo die Veredler sie über eine Börse abkaufen. Ein kleiner, aber wachsender Teil wird über „Fair Trade“ auch direkt gehandelt.

Der Anbau von Kakao in Europa wurde schon oft probiert, doch die Pflanzen vertragen keine Temperaturen unter 15 Grad, sind noch empfindlicher als Kaffee. „Wir haben es in Málaga geschafft, dass etwa 80 Pflanzen anfingen, Früchte auszubilden, wozu wir die Temperatur in einem Gewächshaus kontrollieren mussten“, erklärt Projektleiter Iñaki Hormoza. Ein weiteres Problem: Nur Amazonas-Insekten wissen, wie man Kakaoblüten bestäubt, andalusische Bienen und Fliegen müssen dazu erst noch eine Schulung machen. Daher übernahmen im ersten „Feldversuch“ die Forscher mit Pinzette und Lupe die Bestäubung. Drei Jahre ging das daneben, nun hat es geklappt. „Das Wasser ist kein Problem“ behauptet Iñaki Hormaza, „unter Planen brauchen wir nicht so viel Wasser, auch wenn es mehr ist als bei anderen Pflanzen“. 1.500 bis 2.500 Liter pro Quadratmeter sind es in einer Pflanzung im Amazonas, das ist das Fünffache dessen, was in Andalusien im Schnitt im Jahr als Regen fällt.

Kakao aus Spanien: Kaum rentabel, nur für Gourmets

Erntereife Kakao-Früchte in Spanien.
Erntereife Kakao-Früchte nicht im Amazonas-Gebiet, sondern im Feldversuch in Algarrobo, Málaga, Andalusien, Spanien, Europa. © CSIC Málaga

Der Forscher glaubt – nicht wegen des Wasserproblems, sondern wegen der Delikatesse der Pflanze – nicht an eine Massenproduktion in naher Zukunft, „die sei schwer rentabel zu gestalten“, „aber als Gourmet-Produkt“, das an ausgewählte Hersteller und Vermarkter unter einer Marke „Kakao Made in Málaga“ geht, sehe er Potential. Genau das sagten sie damals auch bei der Avocado. Er und sein Team werden sich nun daran machen, weitere Sorten zum Fruchten zu bringen und ihr Know How an interessierte Landwirte zu vermitteln. Als nächstes Projekt böte sich vielleicht die Vanille an, die braucht pro Kilo schlappe 126.500 Liter Wasser, also „kaum viel mehr“ als andere Tropenfrüchte, um in der Sprachregelung der innovativen Feldforscher zu bleiben.

Zum Thema: Spaniens Pistazien-Blase - Wie Spekulanten Bauern in die Falle locken.

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