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Kaviar statt Sardinen: Luxus-Tsunami rollt über Costa del Sol - Neue Hotels, Resorts und Lounges

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Von: Marco Schicker

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Laguna Village Estepona
Handtuch und Tupperdose genügen wohl nicht mehr: Entwurf für das Laguna Village zwischen Estepona und Marbella an der Costa del Sol. © Grupo Pachá

Handtuch, Sonnenschirm, Kühlbox und ein Chiringuito mit Sardinen-Spießen reichen an der Costa del Sol für Urlaub wohl nicht mehr aus. Beauty-Hotels, Luxus-Resorts und Designer-Beach-Lounges müssen es sein - Ghettos für Wohlhabende. Und Marbella ist natürlich wieder ganz vorne mit dabei.

Marbella/Estepona – Im Mai eröffnen an der Costa del Sol traditionell die Strandbars, die Chiringuitos, die in einem mit Sand gefüllten Boot über glühenden Scheiten ihre Sardinen auf Spießen grillen. Diese Espetos de Sardinas sind Kult an der Costa del Sol, eine alte Fischertradition, ein Festmahl für Einheimische, ein Instagram-Motiv für Touristen. Seit Generationen warnen Alteingesessene vor einem schleichenden Ausverkauf der Identität des typischen Strandlebens an der Costa del Sol. Doch noch stehen die scheußlichen 60-80er Jahre Hoteleinheitsfronten, noch gibt es die Eisdiele oder Churros-Bude, noch finden wir die Espetos für 6-7 Euro pro Portion und auch die klassische spanische Familie beim Strandgang: Klappstuhl, Riesen-Kühlbox, quängelnde Gören - und daneben die Guiris im Neonbadeanzug.

Espetos. Sardinen am Spieß in einer Bar in Málaga
Kaum eine Strandbar an der Costa del Sol und Costa Tropical ist ohne: Espetos. Sardinen am Spieß. - Noch. © Pixabay

Das ändert sich gerade dramatisch. Seit Geldeuropa (der Nahe Osten sowieso) nach Corona und trotz akuten Wassermangels in Spanien entschieden hat, jeden noch so unverschämten Preis für das Überwintern, das Ansiedeln oder den Urlaub an der Costa del Sol zu bezahlen, erlebt die Küste einen Investitionsboom, der sich einmal von Málaga Stadt her ausbreitet und zum anderen von Westen, also Estepona und Marbella aus die Strände entlang frisst. Luxus ist krisenresistent und natürlich muss Marbella, Hauptstadt des hohlen Protzes mit mehr Ganoven als Glamour, bei dieser Transformation herausstechen, der an einen Tanz auf dem Vulkan erinnert, denken wir an Waldbrände, Wassermangel, Klimawandel, Gentrifizierung.

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Neue Hotels in Marbella: Incosol kommt zurück - Wo Michael Jackson, Dalí und Lady Di behandelt wurden

Drei - von etlichen mehr - Projekte, die der Gegend zwischen Estepona und Marbella für die kommenden Jahre den Stempel aufdrücken werden, belegen den Drang, die Gegend zu einem Ghetto der Reichen zu machen, „schön“ macht man sie, falls nötig, gegen Aufpreis auch. 150 Millionen Euro, laut „El País“ sogar mehr als 200 Millionen Euro, steckt Investor Ilanga Capital in das frühere Incosol Marbella. Es war seit 1970 Vorreiter auf dem Gebiet des luxuriösen Gesundheitstourismus‘, bot Operationssäle, Therapien und Beauty-Behandlungen aller Art. Michael Jackson, Salvador Dalí und Lady Diana waren Kunden. 2013 meldeten die galicischen Eigentümer Konkurs an, hässliche Gerichtsverhandlungen samt Betrugsvorwürfen gegen einen Käufer folgten. Die Bank gewinnt immer, das Objekt mit eher unscheinbarer Fassade gehörte dann der BBVA.

Entwurf für das renovierte Incosol-Hotel
Das Incosol in Marbella soll wieder ein Luxus-Klinik-Hotel werden. © Ilanga Capital

Der neue Investor, hinter dem eine illustre Familie von spanischen Adleigen steckt, will das Objekt im Stadtteil Río Real unweit des Four Seasons ebenfalls in ein 5-Sterne-Haus mit 160 Zimmern und viel Schnick und Schnack wandeln. Die Eröffnung soll Mitte 2025 sein, man wolle auch die Sanatoriums-Schiene, die das Haus einst weltberühmt machte, ins neue Konzept integrieren. Marbellas Bürgermeisterin Ángeles Muñoz, immer zur Stelle, wenn irgendwas glitzert, ist vollauf begeistert von dem Projekt, das den ganzjährigen Tourismus voranbringen und jene Gäste bringen wird, die man sich wünscht, – jene mit viel Geld. 500 direkte und 750 indirekte Arbeitsplätze sollen entstehen. „Einen totalen Erfolg“ verspricht sie sich nicht nur für dieses Projekt. Der dürfte bei Zimmerpreisen um die 1.000 Euro pro Nacht garantiert sein.

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Mett Hotel Estepona, Entwurf.
Das erste Mett-Haus in Spanien eröffnet in Estepona, Hotel und Beach Resort mit 5 Sternen. © Mett Hotels & Resorts

Bereits im Juli 2023, wenn auch mit einem Jahr Verspätung, wird das erste Haus der Gruppe Mett Hotels & Resorts in Spanien eröffnen, das in Estepona mit „entspanntem Luxus“, natürlich im 5-Sterne-Segment debütieren wird und ebenfalls einen dreistelligen Millionenbetrag kostet. Die Lage direkt am Strand, der natürlich Beach heißen muss, nur wenige Minuten von Marbella entfernt, dürfte den Erfolg garantieren, Designer-Minimalismus, kombiniert mit „andalusischem Stil“ und nachhaltigen, natürlichen Materialien verspricht die Gruppe für die 249 Suiten und Zimmer, großen Pool, Spa. Ein italienisches, ein griechisches und ein internationales Restaurant mit Meer- und Poolblick sollen die Gastronomie abdecken. Den andalusischen Stil findet man – vielleicht – an der „El Bar de Lola“ mit „internationalen Tapas“ wieder. Hinter dem Megaprojekt steckt die Sunset Group (SHG) aus Dubai.

Village People: Eine Spa- und Wellnes-Landschaft direkt neben dem Meer - Warum?

Ebenfalls diesen Juli 2023 wird das Laguna Village der Investorengruppe Pachá an der Costa del Sol eröffnen. Auch hier geht es um auf nachhaltig getrimmten Designer-Luxus (siehe Foto ganz oben), diesmal aus dem Archidom Studio, samt Bioklimatisierung, „fast ohne Einsatz von Klimaanlagen“. Von der Wasserrechnung spricht man übrigens bei keinem der Projekte sehr laut. Die Investition nimmt sich mit 16 Millionen Euro geradezu ärmlich aus, dafür ist es auch kein Hotel, sondern eine Art Beach Club für besonders zarte Seelen, die auf Bambus und Kashmir statt Sand ruhen müssen.

Marbellas Altstadt
Marbellas Altstadt ist schon lange nur noch ein Bühnenbild für die Geldmaschine Luxus-Tourismus. © Ayuntamiento de Marbella

Das Gelände, auf dem ein altes Objekt überbaut wird, hat gut einen Hektar, 3.000 Quadratmeter auf zwei Etagen sind bebaut, der Rest sind Infinity-Pool, Ruheecken, Dschungelillusion, Spa, Gastro. Ein Fake-Paradies, ölologisch korrekt, direkt neben dem ökologisch bedrohten echten Paradies, dem Mittelmeer. Dafür sind 1.200 Quadratmeter kuschelige Liegen direkt am Strand reserviert. Privatstrände sind in Spanien ja verboten, bis auf für Militär und König, versteht sich.

Ob es am Grill auch nach Sardinen duften wird oder nur noch Ceviche mit molekularisiertem Meeresschaum und Einhornstaub geben wird, wissen wir nicht. Sollten Sie sich aber fragen, warum die Preise auch für gewöhnlichste Hotels und Apartments für den Sommer an der Costa del Sol 2023 in äußerst schwindelerregende Dimensionen gestiegen sind, die genannten drei Projekte geben eine ungefähre Ahnung und auch den Hinweis, dass es in den kommenden Jahren nicht mehr preiswerter wird, wenn zum Beispiel Málaga den Zuschlag für die Weltausstellung 2027 bekommen sollte. Es fehlt dann nur noch die offizielle Umbenennung in Goldküste, denn die Sonne ist für dieses Fake-Paradies eigentlich längst nicht mehr exklusiv genug.

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