Laut Umweltschützern besteht die Gefahr einer Ölpest an Spaniens Küsten, wenn durch den Bruch des Schiffsrumpfes die Lagerkammern beschädigt werden. Angeblich seien bereits "sichtbare" Mengen von Schmieröl ausgetreten, nur wenige hundert Meter auch von der spanischen Küste von La Línea de Concepción. Die Administration von Gibraltar erklärte, "bisher ist keinerlei Öl oder sonstige Ladung ausgetreten", es gebe nur "sehr geringe Abgänge von Schmieröl", die aber "innerhalb der ersten Barriere" blieben. Allerdings widerlegten Luftaufnahmen spanischer Behörden am Donnerstamittag diese Angaben und zeigten, wie Teile des Treibstoffs bereits auf dem offenen Meer Richtung Küste trieben. Gibraltar forderte daraufhin ein weiteres Schiff an, um eine zweite Barriere zu errichten, bis das Abpumpen abgeschlossen sein wird.
Zunächst wurden um das Schiff sowie am Hafen und den angrenzenden Stränden der sogenannten Catalan Bay schwimmende Barrieren ausgelegt, Spanien aktivierte ein erstes Notfallprotokoll des Plan Marítimo Nacional, die Hafenbehörde von Algeciras trägt dafür die Verantwortung. Die Behörden Gibraltars arbeiten zudem mit der Oil Spill Response Limited (OSRL), einer von Ölkonzernen nach zahlreichen teuren Katastrophen gegründeten und finanzierten Eingreiftruppe, die bei Havarien größere Umweltschäden verhindern soll.
Als zusätzliche Barriere wurden Schiffe in U-Form um den havarierten Öltanker platziert bis Spezialschiffe mit dem Abpumpen der Ladung beginnen können. Auch das ist eine heikle Aktion, da beim Kontakt mit eventuell beschädigten Ventilen und Ladeklappen weitere Stoffe austreten können.
Die OS 35 ist in Tuvalu registriert und wird von der Old Stone Management Ltd. betrieben, die am Hafen von Piräus in Griechenland in ihren Sitz hat. Andalusiens Landeschef Juanma Moreno hat Gibraltar "sämtliche Unterstützung" zugesagt, die nötig sei, um eine Ausbreitung von Öl oder anderen Stoffen an der spanischen Küste zu verhindern. Im Vordergrund stehen natürlich die Strände in unmittelbarer Nähe bei Algeciras, aber auch Cádiz und die gen Nordosten die Costa del Sol mit noch sehr vielen Urlaubern ist nicht weit. Estepona ist nur 33 Kilometer vom Unfallort entfernt, Marbella 78 Kilometer. Ein Ölteppich und ungünstige Strömungen könnten die Nachsaison empfindlich stören.
Der Unfall vor Gibraltar erinnert Spanien an die Katastrophe der „Prestige“, fast genau vor 20 Jahren, die eine Ölpest auslöste, die 2.000 Kilometer Küste von Spanien (vor allem die Küste Galiciens), Portugal und Frankreich verseuchte. Die „Prestige“ hatte allerdings 77.000 Tonnen und nicht 500 an Bord, die allerdings für nahe Küstengebiete und deren tierische und pflanzliche Bewohner auch tödlich sein können. Im November 2002 verendeten beim größten Vogelsterben in Spanien und Portugal mehr als 250.000 Seevögel. Elf Jahre später konnte vor Gericht niemand für das Desaster, bei dem 64.000 Tonnen Schweröl ins Meer flossen, verantwortlich gemacht werden – jedenfalls nicht in strafrechtlichem Sinn. Man scheint aus der Katastrophe mit der „Prestige“ gelernt zu haben und versucht nun nicht mehr, einen havarierten Tanker möglichst weit aufs offene Meer zu schleppen, damit er dort auseinanderbricht. Austretendes Öl lässt sich in flachen Gewässern oder Hafengebieten wesentlich besser auffangen als auf dem offenen Meer. Der „Prestige“-Unfall hatte seiner Zeit weite Teile der spanischen und sogar französischen Atlantikküste verschmutzt.
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