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Polizeichef verhaftet: Kommandant der Nationalpolizei Fuengirola wegen mehrerer Straftaten abgeführt

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Von: Marco Schicker

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Polizeichef von Fuengirola
José María Tocornal (2.v.l.) stellt sich im Januar 2018 im Rathaus Fuengirola als neuer Kommandant der Nationalpolizei vor. Rechts neben ihm, Bürgermeisterin Ana Mula, PP. © Ayuntamiento de Fuengirola

Mit dem Polizeichef des Ferienortes an der Costa del Sol wurde auch ein stadtbekannter Unternehmer verhaftet. Der Chef der Nationalpolizei Fuengirola soll diesen gedeckt und dabei auch Untergebene unter Druck gesetzt haben.

Fuengirola - Am Montag wurde José María Tocornal, Kommandant der Nationalpolizei der 83.000-Einwohner-Stadt Fuengirola an der Costa del Sol, Provinz Málaga, verhaftet. Ihm werden unter anderem Nötigung, Geheimnisverrat zum Nachteil des Volkes, Behinderung und Unterlassung von Ermittlungen, also die Deckung von Straftaten „in besonders schweren Fällen“ vorgeworfen. Offiziell stehen die genauen Vorfälle, die von der „Internen“ bearbeitet werden, unter Geheimhaltung, doch wurde gleichzeitig mit dem Polizeichef der in der Hotel-, Gastronomie und Immobilienbranche in und um Fuengirola bekannte Unternehmer Salomon Kadosh festgenommen. Diesen soll der Kommandant nicht nur über laufende Ermittlungen gegen ihn unterrichtet, sondern diese teils gezielt unterdrückt haben, durch die Weitergabe von Falschinformationen, die Unterschlagung von Ermittlungsdaten sowie die mutmaßliche Nötigung von Untergebeben.

Verhafteter Polizeichef und Unternehmer in Fuengirola: „Golf, Bars und enge Freundschaft“

Sitz der Nationalpolizei Fuengirola.
„Neuer Kommandant gesucht“. Sitz der Nationalpolizei der 83.000-Einwohner-Stadt Fuengirola, die im Sommer zur Großstadt anschwillt. © Daniel Pérez/EFE

Spanische Medien wie „El Mundo“ oder „Vozpópuli“ berichten nur vage und ohne belastbare Fakten über die „trüben Geschäfte“ von Kadosh, dem angeblich mehrere Chiringuitos und andere Gastronomie- und Hotelleriebetriebe gehören. Belegt wird das allerdings nicht. Im amtlichen Firmenregister wiederum taucht Kadosh mit drei Unternehmen auf. Unter gleicher Adresse in Fuengirola betreibt Kadosh danach einen „Mr. Gyros“, ein Unternehmen namens „Diamantibérico“ sowie eine Bio-Plantage „Orgánico Agricultura“ für „medizinische und aromatische Pflanzen“. Von Immobilien, Hotels oder Chiringuitos gibt es unter seinem Namen keine direkte Spur. Ansonsten wird darauf verwiesen, dass der Polizeichef und Kadosh wohl enge Golfkumpel waren und der als „autoritär“ beschriebene „comisario jefe“ häufiger in den Chiringuitos des Unternehmers anzutreffen war. Gegen Kadosh sollen mehrere Verfahren zumindest seitens des Finanzamtes anhängig sein, erklären die genannten Medien, wiederum ohne Belege. „El Mundo“ spricht in einem Artikel von der „Verlockung der Diamanten“, ohne das aber belastbar auszuführen.

Filmreife Verhaftung von Polizeichef an Costa del Sol: Anzeigen von Kollegen schon vor 10 Jahren

Laut der Nachrichtenagentur EFE nahm die Abteilung Interne Ermittlungen der Nationalpolizei die Spur 2021 auf, als Kadosh in Fuengirola in eine Prügelei verwickelt war, letztlich sollen abgehörte Telefongespräche zwischen beiden zur Verhaftung geführt haben. Dass die Vorwürfe schwer wiegen, kann man an der filmreifen Verhaftung durch die Kollegen ablesen, die „ihren Chef“ um 6 Uhr morgens zu Hause aus dem Bett holten und abführten. Normalerweise wird so etwas unter Kollgen diskret über eine Suspendierung und spätere Verhaftung ohne öffentliche Wahrnehmung geregelt. Bereits am Dienstagmorgen setzte ein Richter Tocoral „unter Auflagen“ wieder auf freien Fuß, meldet EFE.

Spaniens Innenminister, Fernando Grande Marlaska ,erklärte noch am Montagabend die Suspendierung und Streichung der Bezüge von Tocoral, Träger von drei Verdienstkreuzen. Der 63-jährige José María Tocornal, gebürtig aus Teneriffa, aufgewachsen in Cádiz und seit 40 Jahren im Polizeidienst, diente zuvor in Bilbao, dann lange in Huelva als Chef der Antidrogeneinheit und danach in Lucena, Córdoba. 2017 kam er nach Fuengirola. Bereits 2011 gab es in Dienststellen in der Provinz Córdoba Beschwerden von Untergebenen gegen Tocornal, 2013 zeigten ihn 13 Polizeibeamte wegen Nötigung und Bedrohung an, zu einer Verhandlung kam es aber bisher nie. Eine Polizeigewerkschaft verlangte „keine Vorverurteilungen und einen fairen Prozess“ und erinnerte an die „Unschuldsvermutung“, ein Hinweis, der übrigens in den Presseaussendungen der Policía Nacional fehlt.

Spaniens Innenminister Marlaska sorgte bereits für viel Wirbel, als er mehrere Generäle und Kommandeure der Guardia Civil absetzte. Verwicklungen von Polizisten in Spanien, sowohl Ortspolizei, Nationalpolizei oder auch Guardia Civil, zum Beispiel bei Drogendelikten, sorgen immer wieder für spektakuläre Verhaftungen. Besonders dramatisch sind indes die sogenannten „Kloaken der spanischen Polizei“, eine illegale Einheit unter Führung des Ex-Kommissars Villarejo, die über Jahre im Auftrag von ranghohen Politikern sowoohl aus politischem wie materiellem Interesse Parteifreunde, Kontrahenten und auch die Opposition ausspionierte und teilweise gezielt kriminalisierte. Die Costa del Sol git als beliebte Spielwiese des nationalen wie internationalen Verbrechens, vor allem das unweit von Fuengirola gelegene illustre Marbella als regelrechte Mafia-Hochburg.

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