„Málaga hat landesweit einen der besten Kollektivverträge“, rühmt sich die Branche, „doch junge Leute sehen das Gastgewerbe nicht mehr als Branche, in der man aufsteigen kann“, bedauern die Arbeitgeberverbände gleichzeitig. Ricardo schult sich zum Webdesigner und -programmierer um, im Home Office, „nie wieder Kellner“, ist seine Motivation. „Lieber würde ich auf dem Bau arbeiten“, erklärt er der CSN bestimmt.
An den Ricardos und Ricardas verzweifeln gerade die Wirte und Hoteliers von Málaga. Bis zu 15.000 Bedienungen, Küchenhelfer, Barkeeper würden kurz vor dem heißen Sommer, der Corona und alle Verluste wettmachen soll, fehlen. Und das allein an der Costa del Sol. Die Situation in anderen spanischen Urlaubsregionen ist nicht besser, wie Benidorm an der Costa Blanca zeigt. Keine Neuigkeit im „Land der Kellner“ und der prekären Arbeitsverhältnisse? Doch die Lage wurde verschärft durch Corona, die bei vielen Gastroarbeitern zum Umdenken führte, die familiäres Leben an Abenden, Wochenenden und Feiertagen schätzen lernten und sich daher in anderen Berufen umsehen. Von unbezahlter Mehrarbeit, unwürdigen Arbeitsbedingungen, Hitze, Lärm und mitunter erniedrigenden Chefs, die sie erst kaputtarbeiten, um sie nach Saisonende zu entsorgen, haben sie genug.
„Viele Arbeitgeber halten sich nicht an die Regeln, Überstunden, Feiertagszuschläge werden einfach nicht bezahlt, viele Bereiche sind ein echter Dschungel, sogar Sechseinhalb-Tage-Wochen eher die Regel als die Ausnahme, die jungen Leute drehen dieser Situation vermehrt den Rücken“, schätzt Lola Villaba von der Gewerkschaft CC.OO. die Lage ein. Sie bestätigt, dass „die Diskrepanz zwischen Arbeitsverträgen und Arbeitsrealität“ enorm hoch sei, trotz eines neuen Arbeitsrechts, das befristete Verträge stark reglementiert.
Hinzu kommt, dass die massiv steigenden Mieten in und um Málaga die Provinz für Saisonkräfte aus anderen Regionen Spaniens immer unattraktiver mache. So fände man „vor allem für die Spitzenzeiten kaum noch ausreichend Leute“, meint Javier Frutos, Präsident der wichtigsten Hoteliers- und Gastrovereinigung Málagas Aehcos. Er spreche jedoch für die „Betriebe, die sich an die Normen halten, sie müssten noch mehr dafür werben, dass wir ein Sektor sind, wo man eine gute Karriere gestalten“ könne.
Die Löhne zu erhöhen, um sie dem tatsächlichen Arbeitsaufwand anzupassen und die Jobs so attraktiv zu machen, kommt nur wenigen Betrieben in den Sinn, denn die Inflation habe Material- und Betriebskosten schon bis zum äußersten ausgereizt, man könne schon jetzt längst nicht alles an die Gäste weitergeben. Kellnern mehr Gehalt zu zahlen, war auch die knappe Antwort der spanischen Regierung auf einen Hilferuf der Branchenverbände. Zeitarbeitsfirmen wie Adecco oder Randstad sollen die Personalnot für diesen Sommer an der Costa del Sol lösen. Die Probleme der Branche lösen sie nicht.
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