Doch wie fast alle Landwirte macht auch den Korkbauern in Portugal und Spanien die Trockenheit zu schaffen. Eine Jahrhundert-Dürre vernichtet ganze Ernten auf der Iberischen Halbinsel und stresst auch die eigentlich an eine gewisse Trockenheit gewöhnten Bäume wie die Korkeiche, obwohl sie in einem Gebiet mit einem relativ gesunden Wasserhaushalt stehen. Die chronische Dürre macht die Bäume anfälliger für Plagen und in Andalusien werden die Korkeichen gerade von einem Schmetterling - im Volksmund würden wie Motteoder Falter sagen - heimgesucht, dessen Raupen die Bäume zerfressen und absterben lassen. Der Übeltäter heißt lymantria dispar auf Latein, auf Spanisch lagarta peluda (behaarte Eidechse), auf Deutsch Schwammspinner. Er hat sich über Asien und Nordafrika schon vor Jahrzehnten auch in Südeuropa ausgebreitet, Trockenheit und höhere Temperaturen halfen ihm dabei.
„Im Moment zerstört der Schwammspinner die Baumbestände im Naturpark Los Alcornocales“, erklärt die Parkdirektion der Junta de Andalucía., der Landesregierung. Alcornocal, das ist das spanische Wort für die Korkeiche. Die Raupen des Schwammspinners stürzen sich auf jeden Trieb und jedes Blatt, dadurch stellen die Korkeichen aus Notwehr das Wachstum der Rinde ein, es gibt dann auch keine Eicheln mehr. Der Baum stirbt, die Raupen ziehen zum nächsten. „Mittelfristig bedeutet das den Ruin des Sektors, der in Spanien 2.000 Menschen Arbeit gibt“ und etlichen mehr, die mit der Verarbeitung und dem Verkauf des Korks ihren Unterhalt finden. Im Schnitt erntet Spanien rund 62.000 Tonnen Kork im Jahr, 150 Unternehmen sind in der Branche tätig.
Nicht zuletzt sind die Korkeichenwälder auch Biotope und wunderschöne Naturgebiete, wie zm Beispiel der Naturpark Los Alcornocales mit rund 170.000 Hektar in der Provinz Cádiz, der die größten Eichenwälder der Iberischen Halbinsel beherbergt. Er ist ein tiefgrünes Geheimnis, das von vielen übersehen wird. Der Park, der drittgrößte Naturpark Spaniens, liegt dabei nur rund 40 Kilometer westlich der Costa del Sol und reicht von den Grenzen der Serranía de Ronda in Málaga und die weithin bekannte Sierra de Grazalema, über die Bergorte Cortes de la Frontera, Ubrique und El Bosque bis an die Surfer-Küste von Tarifa und nach Algeciras. Neben den Korkeichen findet sich hier auch die höher wachsende Portugiesische Eiche und die Steineichen sowie Lorbeerbäume in einer märchenhaften Landschaft mit vier Stauseen und etlichen Bächlein, die, beschützt vom dichten Laub, länger Wasser führen als anderswo im trockenen Andalusien.
In den mal lichten, mal dschungelhaft dichten Eichenwäldern, die mit Eichen-Weiden genauer beschrieben sind, stromern vor allem in den nördlichen Gebieten auch die Ibérico-Schweine herum, fressen Eicheln und Kräuter. Diese „dehesa“ lebt von der Symbiose zwischen Schwein und Eiche. Und die Produzenten des berühmten Ibérico-Schinken, die ihre Preise auch wegen der traditionellen Aufzucht und Fütterung der Ibéricos rechtfertigen können, stünden ohne die Eicheln der Eichenwälder ohne Betriebsgrundlage da. Der Naturpark Los Alcornocales, der wilder ist als die meisten Korkeichenwälder in der Extremadura, ist zudem für seine Geier- und Adlerbestände sowie andere Raubvögel bekannt, ein Zeichen, dass auch die Artenvielfalt am Boden in Ordnung sein muss. Der Naturpark Los Alcornocales ist ein echtes Naturwunder.
Die Bekämpfung des Schädlings ist ähnlich problematisch wie bei der Xylella-Plage der Mandelbäume vor allem an der Costa Blanca oder der Wolllaus-Plage an den Zitronenbäumen der Vega Baja. Das in den USA häufig gegen den Schwammspinner eingesetzte Insektizid Mimic ist zwar effektiv, aber giftig und schadet erwünschten Insekten, es ist in Europa verboten. Brackwespen und Raupenfliegen kommen als natürliche Feinde in Frage, deren Einsatz bringe aber nur langfristige Erfolge und mit hohem personellen Aufwand. In Frage käme der Einsatz des Insektizids Diflubenzuron, ein Benzamid, das bis Ende 2018 in der EU erlaubt war.
Dafür bräuchte es aber eine Sondergenehmigung aus Brüssel, die über das Landwirtschafts- und Umweltministerium in Madrid eingereicht werden müsste. Diese solle Madrid nun schnell einholen, die Landesregierung in Sevilla meint, „es gab in 25 Jahren Einsatz mit dem Mittel keinerlei Probleme, weder für Mensch, noch Umwelt“. Brüssel hat es also aus Spaß verboten? Es gab Probleme, denn es handelt sich um ein Gift, nicht nur für Raupen. Dennoch kann der kurzzeitige aber intensive Einsatz die Schäden, die sonst eine ausgewachsene Raupenplage fabrizieren wird, eindämmen. Es ist wie Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Manchmal geht es gut und ist die einzige Rettung, manchmal aber zerstört es alles.
Die Eigentümer des Naturparks Los Alcornocales, zu dem neben öffentlichen Flächen in der Mehrheit private Fincas gehören, haben mit natürlichen Bekämpfungsmethoden keine Erfolge gehabt, sagen sie. Ihr Sprecher, José Manuel Macías, erklärt, dass man „den Bacillus Thuringiensis ohne Erfolg gesprüht habe, da hätte man gleich Wasser versprühen können“. Die Bakterien werden sonst gegen Stechmücken eingesetzt. Im Jahr 2000 gab es schon einmal eine kleinere Plage, „man spritzte Chemie und das Problem war erledigt“. Doch das sei verboten, weil „die Stoffe andere Arten schädigen“.
Nun befürchten Forscher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Schwammspinner-Plage auch in Portugal zuschlägt. Dort werden Korkeichen praktisch im ganzen Land angebaut, in 40 Prozent der Landesteile wurde der Dürre-Notstand ausgerufen, das heißt, auch dort sind die Bäume bereits gestresst und anfällig für Plagen, wie die nimmersatte Raupe. Bis dato blieb die Plage auf den Süden Andalusiens beschränkt, doch die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte zeigen, dass die Ausbreitung nach Norden in die Extremadura und damit fast zwangsläufig auch nach Portugal kaum zu verhindern ist, zumal Temperaturen und Dürre die Tiere geradezu einladen. Mit einer Kartierung der Fälle und Konzentrationen wollen die Spanier den portugiesischen Kollegen helfen, damit die zumindest gewarnt sind.
Zum Thema: Kampf ums Wasser - Proteste gegen legalisierten Wasserraub im Naturpark Doñana.