Beim letzten Termin im Oktober musste er sich von den Rathaus-Funktionären, einschließlich der Sozialstadträtin, vorwerfen lassen, er fördere das Schulschwänzen, wenn er Kindern während der Schulzeit Essen ausgebe. „Ich schicke keinen Hungernden weg, erst recht kein Kind“, habe er den Funktionären geantwortet. Dass sein Verein betont „überparteilich und nicht konfessionell“ ist, mag eine weitere Hürde für substantielle Förderungen sein, die sonst in Málaga auffallend oft ins kirchliche Umfeld fließen. Der Comedor bietet auch Halal-Gerichte an, fragt nicht nach Papieren, ist also ein Albtraum für Menschenverächter und Verwaltungsmenschen gleichermaßen. Aber er liefert auch an Menschen mit eingeschränkter Mobilität nach Hause. Damit stellt er sich in gewisser Weise in Konkurrenz zu kommerziellen Anbietern, die von der Stadt bei Sozialfällen beauftragt und natürlich bezahlt werden. Kommt die Blockade vielleicht daher?
Mittlerweile kämen „Kunden“ aus anderen, ebenfalls sozial angespannten Stadtteilen Málagas, weil die dort geförderten Tafeln mit 100 bis 150 Plätzen viel zu klein seien. „Wenn die Stadt nicht hilft, ist im Februar bei uns Schluss“, resümiert Emilio Gómez traurig. „Wo gehen diese Menschen dann hin?“ Er warte „jeden Tag auf einen Anruf“ aus dem Rathaus, man könne über alles reden, aber man müsse dann auch mal handeln. Im Moment sei es ihm aber nur wichtig, „dass jeder zumindest ein Weihnachtsessen bekommt“. Und die Kinder vielleicht auch ein kleines Geschenk dazu.
Szenenwechsel, aber die Bühne bleibt die gleiche: Dass das lange vernachlässigte Dach der bauhistorisch bedeutenden Kathedrale von Málaga repariert gehört, darüber sind sich Kirche, Staat, Stadt und Bürger einig. Doch die massive Werbekampagne, mit der die Diözese jetzt, mitten in der Weihnachtszeit, bei den Einwohnern um Spenden „per PayPal, Bizum und Überweisung“ anklingelt, stößt bei vielen sauer auf. Sowohl in Sozialen Netzwerken, in Zeitungen oder im lokalen Fernsehen machten – auch sich als gläubige Katholiken bezeichnende – Einwohner ihrer Wut Luft.
Rund 17 Millionen Euro wird das neue Dach für die Kathedrale, die sich offiziell im Eigentum der Kirche befindet, kosten. Eine Million davon übernimmt das Rathaus Málaga, weitere 3,25 Millionen steuerte die Provinzverwaltung Málaga bei, beachtliche 5,3 Millionen Euro kommen dafür von der Landesregierung in Sevilla. Die gleiche, die der Tafel für 2.000 Menschen die 90.000 Euro Subvention für 2023 etwas früher auszahlte.
Alle diese Gelder für das Dach der Kathedrale kommen also aus Steuern der Bürger Andalusiens. Die Diözese habe zudem einen Kredit über 3 Million Euro aufgenommen, der Bischof musste dafür aber nicht sein klein Häuschen verpfänden. Nun fehlen ihr immer noch drei bis vier Millionen, „weil die Materialpreise durch die Inflation gestiegen sind“. Was die Kirche denn mit den ganzen steuerfreien Eintrittsgeldern der Kathedrale und den Einkünften aus hunderten Liegenschaften mache, die auf ihren Namen im Grundbuch stehen, fragen Bürger. Zumal die Gelder für Caritas und andere kirchliche, wohltätige Werke ebenfalls aus Steuermitteln kommen und dort vor allem für Personalkosten und „Strukturen“ ausgegeben werden. Ein Fakt, den die Katholische Kirche auch in Spanien selbst gerne unter ihre Beistelltischchen am Altar fallen lässt.
„Unsere Kosten sind auch gestiegen, wir helfen über Lebensmittelspenden (recogida de alimentos in den Supermärkten, Anmerkung) zu Weihnachten den Ärmsten, während die Kirche bei uns betteln geht“, schimpft ein, nach eigener Aussage, „treuer Gläubiger“. Das Problem: Es fehlt an Transparenz. Die juristische Sonderstellung der Kirche, die praktisch nur dem Vatikan rechenschaftspflichtig ist, macht es für Außenstehende unmöglich, ein wahrhaftiges Bild über die Finanzlage des Bistums Málaga oder der Kirche in Spanien insgesamt zu erhalten. So kann es schon sein, dass Klöster und Pfarreien völlig verarmt sind, aber irgendwo gehen die Einnahmen doch hin?
Dass der Bischof von Málaga die Steuerzahler aber nun sozusagen doppelt zur Kasse bittet, einmal über die Subventionen von Stadt, Provinz und Land und nun noch über private Spenden, halten viele angesichts der sozialen Lage vieler Malagueños für unverschämt. Die in Málaga regierende PP, die „Volkspartei“ stellt zudem derzeit Stände und Zelte auf Weihnachtsmärkten und im Zentrum der Stadt auf, um die Spendenkampagne der Kirche zu unterstützen. Eine maßgebliche Subvention oder gar ein planbares jährliches Budget und damit die Rettung der größten „Tafel“ der Stadt, die ja im Grunde auch ihre Arbeit macht, verweigert sie aber seit langem. Warum? Ein Warum, dass wir uns täglich in vielen Städten fragen können, in Spanien, in Europa, in der ganzen Welt. Es wechseln nur die Zutaten, mal sind es Militärausgaben gegen Sozialwohnungen, mal Golfplätze statt Schulen.
Das Rathaus, das mit Herz und Seele lieber bei der Weltausstellung Expo 2027 in Málaga zu sein scheint, verweist auf städtische Angebote, die „einen wirklichen Ausweg aus der Armut“ anstrebten. Das ist schön, aber kurzfristig unrealistisch und ungenügend, wie ein Blick auf Málagas Straßen zeigt. Oder auf die täglichen Schlangen am Comedor Social de Miraflores. Bei Hunger hilft erstmal nur: essen. Die Tafel will helfen, keine ideologischen Debatten führen oder die Defizite der Politik korrigieren. Und ich will in diesem Artikel auch nicht auf die Tränendrüse drücken. Wer bei Kindern, die zu Weihnachten Hunger haben müssen, nicht windelweich wird, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen.
Kirche und PP könnten in Málaga einfach für beides gleichzeitig sammeln, denke ich mir ganz unobjektiv, für das Dach und die Tafel. Oder? Vielleicht würde das so manchen Bürger sogar noch viel eher zu einer dann vielleicht größeren Spende anregen? Oder aber zum tieferen Nachdenken. Dach oder Tafel. Kirche oder Mensch. Warum eigentlich oder? Vielleicht ist es genau diese Frage, die Kirche und PP vermeiden wollen. Ein gewisser Jesus, wir feiern bald seinen Geburtstag, hat sie gestellt und selbst beantwortet. Nur seine Antwort hat nicht allen gefallen. Damals nicht und heute erst recht nicht. Frohe Weihnachten!?
Zum Thema: Morenos Steuergeschenke für Reiche in Andalusien: Eine Ohrfeige für die Armen.
Wer dem Verein „Yo soy tú“ und damit der Tafel Málaga spenden oder sonst helfen möchte (als Partner oder Helfer) und kann, findet alle Daten auf deren Webseite. Direktüberweisungen sind möglich auf: CAIXABANK: ES98 2100 8986 9302 0000 4089, UNICAJA: ES51 2103 3056 8100 3000 6794 oder mit dem spanischen Handy-Bezahlsystem BIZUM an: 02662