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Bardot trifft Brando: Als Torremolinos Glamour Marbella in den Schatten stellte

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Von: Marco Schicker

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Brigitte Bardot an der Costa del Sol
Brigitte Bardot erfrischt sich in Torremolinos. An der Costa del Sol sorgte der französische Filmstar für einigen Auflauf. Foto einer Ausstellung in Málagas La Térmica 2021. © Diputación de Málaga/La Térmica

Torremolinos an der Costa del Sol, heute Massentourismus mit Restcharme, war einst Sommerfrische von Weltstars, mediterranes Paradies für Jet Set und Dekadenz, Oase in der Franco-Wüste. Eine Spurensuche.

Torremolinos – Wer heute die Playa La Carihuela in Torremolinos entlang geht, sieht, falls er durchkommt, einen bunten Mischmasch aus kleinen, abgeliebten Strandlokalen, ein architektonisch-touristisches Tetris sowie vor allem langweilige Monstren des typischen Massentourismus der Costa del Sol. Mit etwas Glück erahnt man Restcharme. Kaum zu glauben, dass internationale Stars und der sogenannte Jet Set Torremolinos eine Weile den Vorzug gegenüber dem berühmten Marbella und sich Klinken und Badetücher in die Hand gaben. Nun, auch Marbella hat es hinter sich, die Star-Hochburg wurde zur Festung der Geldproleten und zehrt nur noch von seinem sich entfernenden Ruf. Als Sean Connery aus Marbella wegging, war es endgültig aus mit dem Glanz.

Wandgemälde mit Frank Sinatra in Torremolinos.
Sinatra grinst am Carihuela-Strand: Der Glanz der weiten Welt ist längst verblasst in Torremolinos. © graffitiprofesional.es

Eine vage Ahnung vom Glanz der 1950er und 1960er Jahre sollen ein paar Wandgemälde vermitteln, auf denen Sinatra oder die Bardot etwas deplaziert von Kalkwänden lächeln. Der Historiker José Luis Cabrera spricht sogar vom „Mythos Torremolinos“, von dem, so resümiert auch er, „freilich wenig geblieben ist“. Cabrera ist Mastermind hinter dem Web-Projekt Torremolinos Chic, auf dem Fotos und Geschichten der 50-70er Jahre aufbereitet und so dem Vergessen entrissen werden, aus einer Zeit, in der die Stadt an der Costa del Sol „als eine der freiesten in ganz Spanien“ galt.

Frank Sinatra, Judy Garland, Kirk Douglas: In Torremolinos gaben sich Stars ein Stelldichein

Vor allem auch wegen der prominenten Gäste, wegen denen sich das Franco-Regime keine Blamagen in internationalen Medien über kleinliche Gängeleien erlauben wollte, aber auch, weil die höheren Franco-Schergen ebenfalls hier urlaubten. Es blieb ja noch der Rest des Landes zum unterdrücken. Der nahe Airport Málaga, seit 1919 durchgehend in Betrieb, war auch ein Standortvorteil, aber auch der Grund, warum die Stars bald weiterzogen, als Fliegen kein Privileg der Schönen und Reichen mehr war.

Im Schnelldurchlauf: Frank Sinatra fühlte sich in Torremolinos so zu Hause, dass er sich auch wie in Las Vegas benahm und verhaftet werden musste, weil er einen Fotografen zusammenschlug. Brigitte Bardot schlug mit Mitte 20 für mehrere Sommer ihre Zelte entlang der Costa auf, sie drehte hier 1957 den französisch-italienischen Gesellschaftskrimi „Les Bijoutiers du clair de lune“. Drehen ließ man sie, doch die Franco-Diktatur verbot den Streifen, unkatholische Fremdgeherei, zu viel Fleisch und eine trottelig und korrupt dargestellte Polizei waren zu viel der Freiheit.

Brigitte Bardot 1957 im Hotel Montemar in Torremolinos
Weltstar mit Lokalkolorit: Brigitte Bardot 1957 im Hotel Montemar in Torremolinos mit Mitgliedern einer Flamenco-Truppe. Foto als Teil einer Ausstellung in Málaga 2021. © Diputación de Málaga/ La Térmica

Die Bardot, die meist im Montemar abstieg, verursachte Verkehrsstaus und Massenaufläufe, ritt auf einem Esel durch Mijas, verkleidete sich als Flamenco-Schönheit und simulierte sogar einen Stierkampf in der Arena, bei dem die spätere militante Tierschützerin sich prompt den Knöchel verknackste, weil der Stier im wahrsten Sinne des Wortes auf Bardot stand. Viele Fotos der Bardot, sowohl als Strandnixe an La Carihuela wie als „Spanierin“ umgeben von triefenden Klischees sind aus dieser Zeit erhalten und der Glanz des Superstars soll sogar dafür gesorgt haben, dass in Torremolinos 1959 mit dem „Pez Espada“, dem Schwertfisch, Spaniens erstes 5-Sterne-Hotel eröffnete.

Zeichen des Wandels: Torremolinos als Ort der Freiheit in der Franco-Zeit

Gala Éluard Dalí, Frau und Muse fast aller spanischen Surrealisten zog hier erstmals medial dokumentiert blank. In der Diskothek Tiffany´s, längst Geschichte, tanzten Weltstars wie Judy Garland und Kirk Douglas, aber auch der Meistertänzer und -choreograph Antonio Gades, der, so sagt man, nicht nur keinen Tanz ausließ. Zufall oder nicht, zeitgleich mit Brigitte Bardot, war 1957 auch Marlon Brando, den die Kellner Marlon Brandy nannten, in Torremolinos zu Gast. Er lobte in der Presse, „dass Torremolinos in Hollywood sehr bekannt ist, es gibt keinen besseren Ort, um zu entspannen und die Sonne zu genießen“, meinte er. Eben damals.

Postkarte von Torremolinos
Schon bald wandelte sich Torremolinos vom Strand der Stars zum Ort des Massentoruismus mit Restcharme. © Privat

Scheichs kamen mit ihren Jachten, das spanische Prinzenpaar und eine Tochter Francos machten Urlaub, gleich neben Beatniks und Edel-Hippies aus aller Welt. Torremolinos war damals ein wildes Paradies mediterraner Dekadenz. Die Weltstars, aber auch die spanischen Estrellas darin bunte Tupfer in einem sonst grauen, mitunter braunen Alltag, strikter Diktatur, undendlich viel Armut, aber auch noch sichtbaren Traditionen, wie den alten kleinen Fischerbooten, die damals nicht nur als Sardinengrill für die Espetos, sondern tatsächlich zur Fischerei dienten. Die Mischung war Vorzeichen eines unaufhaltsamen Wandel, die spanische Lebens- und Freiheitsfreude zermürbte Franco-Spanien von innen, von außen lockten Devisen und der Sonnenhunger der Touristen.

Die Webseite www.torremolinoschic.com zeigt Fotos und erzählt Anekdoten aus dieser Zeit, durchaus auch aus dem Alltagsleben und empfiehlt verschiedene Orte, wenige davon allerdings blieben, die vom Glanz der Bardot noch einen Schimmer ins Heute gerettet haben.

Zum Thema: Castillo Bil-Bil - Die Fake-Burg von Benalmádena

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