1. Costa Nachrichten
  2. Costa del Sol

Wandern zu Neandertalern: Ausflüge in Málagas Steinzeit - Höhlen, Gräber, Trampelpfade

Erstellt:

Von: Marco Schicker

Kommentare

Höhlen in Rincón de la Victoria bei Málaga
Die Höhlen in Rincón de la Victoria bei Málaga sind überwältigend. © Turismo de Rincón de la Victoria

Prähistorische Routen durch Málagas Hinterland führen zu Höhlen, Siedlungen und Verstecken in traumhafte Landschaften. Eine neue Karte mit 25 Stationen bringt Durchblick in Andalusiens Steinzeit-Dschungel.

Málaga – Wandern auf den Spuren der ersten (Ein)-Wanderer, für die das Wandern keine Freizeitbeschäftigung, sondern überlebensnotwendig war, ist eine der vielen Möglichkeiten, die das Hinterland Spaniens bietet, aber aus Mangel an Information oft unterbleibt. Die Provinzverwaltung Málaga hat nun mit einer Karte versucht, etwas Orientierung für Ausflügler und Wanderer entlang der Prähistorie zu schaffen und das Interesse an dieser entscheidenden Besiedlungs- und Zivilisationsphase der Region zu wecken.

Die Auswahl und Konkurrenz an Routen ist schließlich gigantisch, in Málaga kann man die Weißen Dörfer abklappern oder die vielen Castillos besuchen, es gibt Routen entlang von Einsiedeleien und Kirchen, welche für Wein und Olivenöl, sogar für eine einzige Tomatensorte. Es gibt Abschnitte des Jakobswegs zu beschreiten, Routen entlang der maurischen oder römischen Zivilisationen sowie Bandolero-Pfade, ganz abgesehen von den Küstenwanderwegen entlang der Strände und Buchten der Costa del Sol. Und überall versucht die verlockendste aller spanischen Routen, die Tapas-Route, uns in die Wirtshäuser zu locken.

Eiszeit-Refugium der Europäer: Spanien als Zentrum der Prähistorie

25 Stationen umfasst die neue „Pfadfinder“-Karte in die Urzeit oder Vorgeschichte Málagas, jene Zeit also, aus der es keine schriftlichen Überlieferungen gibt und die uns doch eine Menge zu sagen hat. Denn die Iberische Halbinsel war nicht nur der Ort, der Menschengruppen aus dem Norden Zuflucht vor der letzten großen Eiszeit bot, als ein kilometerdicker Eispanzer die meisten Teile Europas unbewohnbar machte. Hier im Norden Spaniens wurde gerade kürzlich auch der „erste Europäer“ ausgegraben, ein Homo Erectus, der vor zirka 1,4 Millionen Jahren bei Burgos lebte.

Karte für Wanderungen in Malaga.
Ausschnitt der neuen Karte auf den Spuren der Frühgeschichte durch die Provinz Málaga. Link am Ende des Artikels. © Diputación de Málaga.

Natürlich sind die Höhlen von Altamira in Kantabrien mit ihren beeindruckend üppigen Malereien ein Begriff. Doch der Süden steht dem in nichts nach: Nur einen Hinkelsteinwurf von Málaga entfernt, in Gibraltar, fanden sich die jüngsten Überreste eines anderen Verwandten des Homo sapiens und es scheint so, dass just dort, an der Meerenge von Gibraltar, vor 40.000 Jahren die letzten Neandertaler lebten und starben.

Damals stand auch unsere Spezies, die des „modernen Menschen“, kurz vor dem Aussterben, Forschungen gehen davon aus, dass über mehrere Jahrhunderte nicht mehr als einige tausend Menschen, manche Studien sprechen von gerade 1.500-1.800, in ganz Europa lebten, in Gruppen von um die 40 Personen, aber im sozialen Austausch miteinander, ein Umstand, der letztlich das Überleben sicherte. Nicht wenige von ihnen waren Malagueños. Andalusien kann praktisch eine kontinuierliche Besiedlungsgeschichte seit den ersten Siedlern nachweisen.

Mit den Eiszeitflüchtlingen, vor allem aber der Sesshaftigkeit und dem Produktionsüberschuss durch Ackerbau und Viehzucht, explodierte die Bevölkerungszahl – wir sind jetzt bereits um die 10.000 Jahre vor unserer Zeit angekommen und es dauerte dann nicht mehr lange, bis Arbeitsteilung, neue Techniken, Privateigentum und übernatürliche Kulte die Menschen in Klassen und Schichten teilten. Ein System, aus dem der Murks entstand, den wir noch heute leben.

Ausflüge in Andalusiens Steinzeit: Rund um Ronda

Die Dolmen-Anlagen sind denn auch die letzten Stationen der frühgeschichtlichen Wanderrouten, die von Forschern der Höhle von Nerja und Tourismusexperten von Ardalestur mit Hilfe der Provinzverwaltung erstellt, ausgeschildert und in der Karte verankert wurden. Vor Ort und auf dem Folder finden sich QR-Codes für weiterführende Infos über die zwölf beschriebenen „prähistorischen Landschaften“, sieben Höhlen und Dolmen-Anlagen sowie die sechs Museen der Provinz, in denen sowohl die Fundstücke ausgestellt werden als auch notwendige Einordnungen vorgenommen werden, denn manchmal ist eine Keramik-Scherbe nur ein Stück Ton, manchmal aber auch ein Schatz.

Cortijo de Puntal, Steinzeitsiedlung bei Málaga.
Cortijo de Puntal, eine Art Steinzeit-Kathedrale? Zu Füßen Siedlungsreste aus der Jungstein- und frühen Bronzezeit. In El Chorro, bei Álora, Málaga. © Diputación de Málaga

Einige „Tapas“ aus dem Routenangebot: Von Ronda führt die MA-7401 nach wenigen Kilometern ins Dörfchen Benaoján. Dort, am Río Guadiaro entlang der Sierra de Grazalema, befindet sich an einem kristallklaren Teich die Cueva del Gato, die Katzenhöhle, die erste Station der Málaga-Urzeit-Route. Zehn verschiedene Wanderwege sind hier ausgewiesen, die sich durch das rund zehn Kilometer lange Labyrinth aus Höhlen, Wasserläufen und Felsengrachten ziehen. Vor rund 14.000 Jahren war die Gegend Lebensraum und Unterschlupf für „Höhlenmenschen“, die das auch an den Wänden dokumentierten. Die Haupthöhle selbst ist aus konservatorischen Gründen gesperrt, doch einsehbar, die Szenerie drumherum bietet der Phantasie genug Stoff und der Seele Entspannung.

Ebenfalls in Benaoján (MA-8401) befindet sich mit der Cueva de la Pileta eine der bedeutendsten Höhlenanlagen Europas, in der vor über 100 Jahren nicht nur Scherben und Knochen, sondern auch ein Anhänger als „Venus“-Figur gefunden wurde. Die Höhle ist in Privatbesitz, die Öffnung Glückssache, allerdings führt ein Wanderweg rund eine Stunde durch das Gebiet, auch vorbei an etlichen Wandmalereien. Die Aussichten sind spektakulär. Es gibt einen Parkplatz und in der Nähe gibt es auch Campingplätze.

Dolmen in der Provinz Malaga
Der „Dolmen des Riesen“ in El Chopo, unweit des Stausees, Embalse Zahara-El Gastor. © Diputación de Málaga

Nordwestlich von Ronda geht es über Montecorto nach Acinipo, das eigentlich als Stadt der Römer bekannt wurde, mit Villen, Thermen und sogar einem ausgewachsenen Theater. Unweit davon gelangen wir zum Dolmen des Riesen (dolmen del gigante), der gar nicht wie eine Kultstätte, schon eher wie eine rustikale Wohnung ausschaut. Er wird der Kupfersteinzeit zugeordnet und ist mit rund 6.000 Jahren Alter auf unserer Route praktisch ein Neubau. Ebenfalls bei Ronda (an der A-366 Richtung Nordosten) befindet sich das Wander- und Klettergebiet Puerto del Viento, in dem ein Unterschlupf mit Wandmalereien, ein Dolmen sowie ein einzelner großer Hinkelstein zu entdecken sind.

An den „Großen Seen“: Prähistorische Siedlungen an Málagas Stauseen rund um den Caminito Real

Zwischen Yunquera und Alozaina, also 20 Kilometer lotgerecht nach Norden von Marbella aus, befindet sich Jorox, ein Dorf mit Fluss, das für mehrere Höhlen bekannt wurde, die Fundstücke aus der Früh- bis Jungsteinzeit freigaben. Ein Wasserfall und die Dolmen del Tesorillo de la Llaná sind weitere sehenswerte Punkte in der Nähe. Von dort sind es nur rund zehn Kilometer gen Osten nach Pizarra, wo sich am Stadtrand, der übrigens wunderbare Panorama-Blicke bietet, eine seltene Begräbnisstätte aus der frühen Bronzezeit befindet, mit Einzelgräbern.

Die Gegend rund um den Caminito del Rey, der endlich von Málaga auch mit der S-Bahn erreichbar ist, mit seinen touristisch überlaufenen Hängebrücken ist wegen der drei großen Stauseen (Guadalteba, Gaudalhorce, Conde del Guadalhorce) ohnehin eine Wanderregion par excellence. Bei Aguilillas-Campillos, praktisch in der Mitte der „Großen Seen“ gelegen, befinden sich sieben Grabstätten (womöglich zunächst Wohnungen) in Form von Höhlen, die in großer Sorgfalt von Menschen mit ihren Werkzeugen geschaffen wurden.

Teba, wir sind nur wirklich im hintersten Hinterland, ist nicht nur ein verschlafenes Weißes Dorf, sondern auch Standort zweier interessanter Höhlenkomplexe, der Cueva de las Palomas und der Huerta de la Cueva, wo ein dunkler Schlund aus rötlichem Gestein uns anzuschreien scheint. Die Taubenhöhle gehört zum Tajo del Molino, ein Trockenflussbett, das ein bisschen an das Tal des Todes und Western erinnert. Hier aber lebten nicht „wir“, sondern unsere Cousins, die Neandertaler, die sich hier mit abstrakter Kunst befassten.

Antequera: Zum Torcál und zu den Dolmen

Dolmen de Menga in Antequera
Archaische Ästhetik: Eingang zum Dolmen de Menga in Antequera © Marco Schicker

Der Torcál von Antequera, das fast surreal geformte Karstgebirge, ist natürlich vor allem Domäne der Geologen, wo findet man sonst Ammoniten und anderes Meeresgetier „fangfrisch“ auf 1.500 Meter Höhe. Doch im Torcál und seinen umgebenden Bergwelten gibt es auch interessante Spuren, wie die Höhlen Cuevas del Toro und Hoyos, auch diese mit rotfarbiger Gestaltung verziert und ein Beleg für die Verbindung zwischen den Siedlungen an Küste und Hinterland in Jungstein- und früher Bronzezeit.

Etwas nördlich von dort, gleich neben dem Stausee Fuente de Piedra (Flamingos), können Sie bei Mollina mit der „Camorra“ friedliche Bekanntschaft machen, denn so heißt die unscheinbare kleine Hügelwelt, die sich angeberisch „Sierra“ nennt. Hier finden sich zwei Dutzend Siedlungsspuren aus der Jungsteinzeit, am auffälligsten ist der „Abrigo de los Porqueros“, ein höhlenartiger Unterschlupf, an dessen Wänden schematische Darstellungen gefunden wurden.

Steinbock im El Torcal
Steinböcke beobachten die Wanderer im malerischen Karstgebirge El Torcál. © Tuxyso/Wikimedia Commons /CC BY-SA 3.0

In Archidona wiederum, dessen eigentümlich geformter Hauptplatz und urig andalusische Altstadt einen Besuch wert sind, geht es ein paar Schritte nach Norden zur Cueva de las Grajas, es gibt direkt vom Zentrum aus einen ausgeschilderten Rundwanderweg. Auch diesen natürlichen Unterschlupf benutzten bereits nachweislich die Neandertaler vor über 40.000 Jahren, zahlreiche Nachmieter hinterließen Spuren.

Höhlen und Museen: Wandern durch die Steinzeit bei Málaga

Bei Casabermeja, von wo aus man bereits Málaga und das Meer sehen kann, werden die Peñas de Cabrera als Wandergebiet empfohlen. Sehr malerische Felsformationen mit eingemeißelten und ausgespülten Unterschlüpfen und umgeben von hunderte Jahre alten Olivenbäumen machen den Ausflug zu einem Erlebnis. Das Flussbett des Guadalmedina schlängelt sich hier entlang. Schauen Sie genau in die Felswände, vor allem die ausgehöhlten, denn etliche rötliche Malereien portraitieren Gesichtszüge und Menschen.

Höhlen von Ardales, Spanien
„Campingplatz“ vor 40.000 Jahren. Die Höhlen von Ardales dürfen nur mit Führungen betreten werden. © Ardales Tour

Neben diesen Landschaften bietet das prähistorische Málaga noch eine ganze Reihe teils spektakulärer Orte, die ebenfalls auf der neuen Karte ausgewiesen sind, so dass sich Interessierte Routen nach ihren Wünschen zusammenstellen können. Manche legen mehr Wert auf das Wandern, andere mehr auf die historischen Aspekte. Planen Sie auf alle Fälle mit ein: Die Cueva del Boquete de Zafarraya bei Alcaucín, die Dolmengräber Corominas bei Estepona, die Cueva de Ardales, die Dolmen (mit Museum) von Antequera, die Unesco-Weltkulturerbe sind, die malerischen Wanderwege rund um die Unterschlüpfe und Höhlen der Cuevas de la Araña unweit von Rincón de la Victoria. Natürlich ist die Cueva del Tesoro in Rincón zu erwähnen, doch das ist kein Wandergebiet, sondern eine Sehenswürdigkeit mit Anmeldung und Eintritt, das Gleiche gilt für die Cueva de Nerja ganz im Osten der Costa del Sol.

Um das Erwanderte historisch einzuordnen, bieten sich das wunderbare Museo de Málaga im alten Zollpalast an, das MVCA-Stadtmuseum von Antequera, das MUVEL in Vélez-Málaga, das Museo de Estepona sowie der Palacio de Mondragón in Ronda und natürlich das Museo de Nerja mit dem berühmten Pepita-Skelett.

Link zur bebilderten Karte (pdf) zu den prähistorischen Routen und Punkten in der Provinz Málaga samt QR-Codes für weitere Infos. Webseite der Provinzverwaltung Málaga mit nützlichen Informationen und Fotos zu den Wanderzielen.

Zum Thema: „Leeres“ Andalusien sucht halbe Million Einwanderer aus Europa

Auch interessant

Kommentare