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Wo Eros einst mit Venus spielte: Antequera eröffnet Römische Villa mit 14 Mosaiken

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Von: Marco Schicker

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Blick von der Alcazaba in Antequera
Blick vom Torre de Homenaje der Alcazaba in Antequera. Mitten in der Maurenfestung finden sich Reste einer römischen Villa mit Garten, wahrscheinlich der Sitz eines Olivenölbarons von vor 2.000 Jahren. © Marco Schicker

Das Hinterland von Málaga war schon unter dem Römern das Reich der Olivenöl-Barone. Eine einst besonders prächtige Römer-Villa mit etlichen Mosaiken in Antequera wird nun für Besucher zugänglich. Und es gibt noch mehr zu sehen.

Antequera – Sie waren echte Puzzle-Freaks, die römischen Familien, die vor 2.000 Jahren ein großes Gehöft an der heutigen Estación, der gerade wiedereröffneten Bahnstation von Antequera erbauten. 14 großflächige Mosaiken wurden hier seit 1998 in einem teils berauschend guten Zustand gefunden, darunter sogar ein in Hispania einmaliges, das eine Rampe ziert. Dabei wurde von der Anlage aus dem 1. Jahrhundert womöglich gerade erst ein Viertel freigelegt. Einige Historiker vermuten sogar weitere herrschaftliche Villen in der Vega de Antequera, in der seit über 2.000 Jahren Oliven angebaut werden.

Römische Villa mit 14 Mosaiken in Andalusien
Römische Villa mit 14 Mosaiken: Diese Ausgrabungsstätte unweit des Bahnhofs Antequera wird ab Sommer 2023 für Besucher geöffnet. © Ayuntamiento de Antequera

Die Bewohner dieser Villa müssen ebenfalls reiche Olivenbauern gewesen sein, worauf Ausstattung mit Bädern, Heizung und das Dekor der Wohn- und Lageranlagen hinweisen. Seit Jahren wird immer, wenn mal Geld da ist, hier gegraben, doch fertig werden die Archäologen und Histroker nie. Denn Antequera hat sich nach der Vertreibung der Mauren 1410 auch über den Resten einer römischen Doppelstadt ausgebreitet und verfügt daher über eine ganze Reihe römischer Fundstätten, die ein bisschen neben der Pracht der Alcazaba-Burg und den über 40 Kirchen und Klöstern sowie dem Weltkulturerbe der jungsteinzeitliche Dolmen untergehen, weil die Stadt einfach nicht nachkommt.

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Römische Eros-Figur im Museum Antequera
Ein vorwitziger Eros, eines der Fundstücke der „Villa de la Estación“ in Antequera und ausgestellt im Stadtmuseum. © Marco Schicker

Da wären die Reste einer Villa direkt in der Burganlage, der Alcazaba von Antequera, sodann die großen römischen Bäder zu Füßen des Real Colegiata (früher die Hauptmoschee), alles Teile der Römerstädte Singilia Barba und Antikaria, mit einem verschütteten Theater von 52 Meter Durchmessern, das einst für 2.000 Zuschauer Platz bot, dazwischen die ländlichen Villen der Olivenbauern, deren Reichtum von Sklaven geschaffen wurde, Aquädukte und Kanäle, die wie Drainagen in die Hügel gebaut wurden und so raffiniert das Wasser der Berge anzapften und in die Plantagen und Häuser leiteten.

Der Fund des schönsten Efebus Hispaniens, eines hellenistisch gestalteten Bronze-Jünglings aus dem 1. Jahrhundert in einem Feld sowie die Grabanlagen der einstigen Sklavin Acilia Plecusa, die durch ihre „Affäre“ mit ihrem Eigentümer zur Grande Dame der Umgebung aufstieg, sind die Höhepunkte des Stadtmuseums von Antequera, in der auch zwei viel kleinere, aber besonders feine Reliefs aus der Villa de la Estación aufbewahrt werden, darunter die „Venus von Antikaria“ und ein vorwitziger „Eros“.

Efebus von Antequera
Der Efebus von Antequera wurde eins von einem Bauern im Feld gefunden. Er ist aus feinst gegossene Bronze, im hellenistischen Stil gestaltet, stammt aus dem 1. Jahrhundert und ist die Zierde des Stadtmuseums. © Marco Schicker

Hier finden sich auch jene Mosaiken der Oliven-Villa, die zu zerbrechlich waren, um sie im freien Feld zu belassen sowie etliche andere Wanddekorationen aus anderen Fundstätten in einem Umkreis von nur wenigen Kilometern von Antequera. Noch im Sommer 2023 soll die Anlage, aus der die Mamorgesichter stammen, für Besuche zugänglich gemacht werden, die Mosaiken werden überdacht, Wege für Besucher angelegt, Schilder aufgestellt und Bereiche, die noch erschlossen werden müssen, abgesperrt. Mehre hunderttausend Euro wird die Stadt darin investieren.

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Venus von Antikaria
Die „Venus von Antikaria“ im Stadtmuseum Antequera. Die Statue wurde in einer römischen Villa am Bahnhof gefunden, das Gelände ist bald zugänglich. © Marco Schicker

Erst kürzlich konnte das Stadtmuseum Antequera weitere erstaunliche archäologischen Funde aus der Römerzeit präsentieren. Dabei handelt sich um ein römisches Gräberfeld mit überraschenden Extras, das im Sommer 2022 unweit der AVE-Station und des Ortsteils Bobadilla von Bauarbeitern gefunden wurde. Sie sind hier dabei, die Natur für die Errichtung des „puerto seco“, eines gigantischen Logistikparks, platt zu walzen. 54 Gräber aus dem 1. und 2. Jahrhundert, also der römischen Blütezeit in Hispania, konnten die Archäologen identifizieren, rund die Hälfte davon als Einäscherungen. Heraus ragt ein Grab mit reichlich Beigaben. In einem an sich schon selten zu findenden Bleisarg fanden sich die Überreste eines etwa 15-jährigen Mädchens, das ein Kleinkind in den Armen hält. Über der Grablege fand man die gleiche Konstellation nochmals, aus der gleichen Zeit, allerdings ohne Sarg. Die Vermutung: Es handelt sich um eine Sklavin des verstorbenen Mädchens, die, samit ihrer Tochter, mit der Herrin starb, warum auch immer. Eine Seuche ist am wahrscheinlichsten.

Römisches Grab in Antequera
Die komplette Grabanlage der einstigen Sklavin Acilia Plecusa, die zur Grande Dame des römischen Antikaria aufstieg, befindet sich im Stadtmuseum Antequera. © Marco Schicker

Weitere sehenswerte historische Grabungsstätten sind natürlich die Dolmen von Antequera, Unesco-Weltkulturerbe, mit ihren vielen Legenden. An diesen Dolmen wurde kürzlich die älteste Bodega Spaniens gefunden und der Nachweist erbracht, dass in Spanien schon in der Steinzeit Wein gekeltert (und getrunken) wurde. Etwas nach Norden gibt es ein weiteres Kuriosum. Neben dem Stause Fuente de Piedra, noch im Kreisgebiet von Antequera, liegt der Cortijo de las Mezquitas, ein 500 Jahre alter Bauernhof, dessen Wände eine Moschee aus dem 9. Jahrhundert umschließen, die mitten im Nirgendwo steht, zu ihrer Zeit aber eine der größten von Al-Ándalus war. Was sie hier sollte, darüber rätseln die Historiker eifrig, während das Gebäude leider immer mehr zu Staub zerbröselt.

Zum Thema: Kreuz und quer durch Antequera - Ein Reisetipp hinter die Kulissen.
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