Die Blüte erlangte die Patio-Kultur Córdobas unter den Mauren, damals wurde der Innenhof zum Wohnzimmer, zunm Salon, beschützt durch die Mauern und den zaguán, wie der Eingangsbereich, einst als verwinkelter Blick- und Feindesfang, noch heute im Spanischen heißt, der aber von einem arabischen Wort stammt, wie fast jedes zehnte der spanischen Sprache. Der Patio wurde Refugium vor der lauten Welt, vor lüsternen Blicken auf die Ehefrau(en), vor der Hitze. So finden sich in jedem andalusischen Patio, der was auf sich hält, auch alle Elemente wieder, die die Mauren zum Kult erhoben: eine Galerie aus Säulen und Arkaden, fein gepflegte Pflanzen, die Schatten und Kühle spenden und eine zentrale Wasserquelle, dazu mit Azulejos oder Reliefs geschmückte Wände.
Die individuelle Ausgestaltung wiederum verrät, für jene, die Einlass bekamen, den Stand der Familie, die hier lebt, aber auch ihren Geschmack. Vom Puristen bis zum ausschweifenden Poseur war und ist alles vertreten. Daran hat sich nicht viel geändert, auch wenn heute öfters christliche Heiligenbildchen in den Höfen hängen, die Pflanzen blieben ähnlich, ergänzt um Zuchtblümchen in Töpfen, die Hitze ist mindestens so stark wie damals und das Wasser genauso wertvoll.
Córdoba habe drei Weltkulturerbe vorzuweisen, ist einer der schnell dahingeklecksten Stehsätze in Magazinen und Reiseblogs, wenn es um die Kalifatsstadt im Norden Andalusiens geht. Die Schreiberlinge sollten nochmal nachzählen: Die Moschee-Kathedrale samt Altstadt, die maurische Palastanlage Medinat Azahara und – als immaterielles Erbe – die „patios“, die Innenhöfe und ihre Beschmückung. In Wirklichkeit sind es „mindestens sechs Welterbe“ klärte mich einst ein naseweiser Kellner auf, der, da aus Córdoba stammend, mehr Autorität als die Unesco hat.
Denn auch der Flamenco, seit 2010 auf der Unesco-Liste, hat in Córdoba Bühnen und Wiegen, sodann seien Córdobas Leibgericht der Rabo de Toro (Ochsenschwanz) und der Salmorejo (kalte Tomatencreme) als gastronomisches Welterbe zu benennen. Der Kellner zählte noch Auberginen mit Honig und die Flamenquines auf und wollte gar nicht mehr aufhören. Auch die real caballeriza, die von Felipe II. gegründete Königliche Hofreitschule mit ihrer pura raza andaluca gehöre dazu, sowie, schmunzelte der Kellner am Ende, die „natürlich weltschönsten Frauen“, „unsere Frauen“ betonte er mit bohrendem Blick. Dass Gastronomie, Flamenco und auch die Patios am Ende alle diesem ganz besonders lebendigem Erbe zuarbeiten, das ist in Córdoba auch ein offenes Geheimnis, aber ganzjährig.
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