1. Costa Nachrichten
  2. Kultur

Open-Air-Kunst im Hinterland der Costa Blanca: Mauern werden zu Leinwänden

Erstellt:

Von: Anne Thesing

Kommentare

Die weiß getünchte Fassade einer Bäckerei in einem spanischen Dorf ist mit Gemälden verziert.
In Senija im Hinterland der Costa Blanca wurde die Open-Air-Kunst ins Dorf integriert. © Ángel García

Im Hinterland der Costa Blanca verwandelt sich das Vall de Pop peu à peu in ein Open-Air-Museum. Ob in Jalón, Benichembla oder Senija: Immer mehr Fassaden werden zu Kunstwerken.

Jalón/Benichembla/Senija - „Neue Zeiten, neue Winde. In Jalón gibt es jetzt Hippies, die sich ihren Dingen widmen. Ihr utopisches Ziel ist klar, sie wollen ein neues System des Zusammenlebens schaffen.“ Diese Worte des Benissaner Autors und Journalisten Bernat Capó (1928 bis 2017) begleiten das Gesicht einer Hippie-Frau, gemalt von der holländischen Künstlerin Anna Jansen. Das Gesamtkunstwerk ist eins der knapp 20 Wandgemälde, die mittlerweile verschiedenste Fassaden in Jalón im Hinterland der nördlichen Costa Blanca zieren.

Kunst im Hinterland der Costa Blanca: Poesie und Gemälde auf Fassaden in Jalón

„Pinta‘m un poema“ (Mal mir ein Gedicht) heißt die Aktion, die 2019 ihren Anfang mit zwei Kunstwerken nahm und die mit Hilfe einer im Tourismusamt erhältlichen und auch online veröffentlichten Broschüre abgelaufen werden kann. Neben Senija und Benichembla reiht sich damit Jalón ein in die Dörfer des Vall de Pop, die die in Spanien immer beliebtere Street-Art in ihre Straßen bringen. Ein weiterer Baustein zur Förderung des Tourismus in dieser Gegend.

Entstanden war die Idee unter Freunden, die die Straßen Jalóns mit Worten und Bildern, mit Schriftzügen und visuellen Repräsentationen füllen wollten. Aus der Idee ist eine Kunst-Route geworden, bei der sich der kleine Ort im Hinterland der Costa Blanca bestens auf ungewöhnliche Weise erkunden lässt und die die Spaziergänger in Ecken und Gässchen führt, die sie bei einem gewöhnlichen Gang durchs Dorf vielleicht übersehen hätten.

Reise durch die Kunst an der Costa Blanca: Bücher als Ziel und Zuhause

Die „Neuen Zeiten“ von Capó und Jansen beispielsweise verstecken sich bei diesem Kunst-Projekt hinter der alten Wassermühle von Jalón. Ausgewählt wurden Mauern und Fassaden, die ohne ihren neuen Anstrich das Gegenteil eines Hinguckers wären. Vergessene Wände, zur Verfügung gestellt von Anwohnern, die sich zu sehenswerten Leinwänden gemausert haben. So auch die Mauer auf einem eher schäbigen Parkplatz an der Calle San Rafael. Hier sind es gleich vier Wort-Bild-Installationen, die sich aneinanderreihen und dem verkommenen Platz dank der Kunst das gewisse Etwas geben.

Auf einer Mauer ist ein Auszug aus einem valencianischen Song der Gruppe Aspencat geschrieben.
Wort und Bild verknüpft die Open-Air-Kunst im Hinterland der Costa Blanca in Jalón. © Anne Thesing

Die Rockgruppe Aspencat aus Jalón beispielsweise hat sich hier verewigt. „Als wir ungehorsam liefen, als du und ich rebellische Träume hatten, wenn Überleben Teil des Wesentlichen ist, dann gibt es einen Sternenregen in meinem Land“, wird eine Zeile ihres Songs „Cuan caminavem“ aus dem Album „Essencia“ (2013) zitiert. Der kolumbianische Künstler Daniel Padilla, „Freund des Lebens und der Freiheit“, wie es in der Broschüre zu Jalóns poetischer Route über ihn heißt, ließ sich von den Worten für eins seiner Kunstwerke inspirieren, auch für zehn weitere der Kunst-Route hat er den Pinsel angelegt.

Kunst und Poesie: Reise durch die Gedankenwelt mehrerer Dichter im Hinterland der Costa Blanca

Zum Beispiel für die Blume, mit der Marc Granell „mein Land“ vergleicht oder für die Blume von Jean Lorrain, die „Blume eines Traums, die aus der Dunkelheit hervorgeht“ und für die „Vientos del pueblo“ (Winde des Dorfes) des in ganz Spanien bekannten Miguel Hernández.

Ein Wandgemälde an einer Fassade in einem spanischen Dorf stellt das Dorf, seine Einwohner und Traditionen dar.
Schon am Dorfeingang von Senija werden die Besucher mit einem Kunstwerk begrüßt. © Ángel García

„Els llibres són l’avió, el tren, el camí. Son la destinació i el viatge. Són la llar.“ (Bücher sind das Flugzeug, der Zug, der Weg. Sie sind das Ziel und die Reise. Sie sind das Zuhause). Mit diesen Worten von Anna Quindlen und dem passenden Gemälde von Inés Garcés endet Jalóns poetische Route, die genau das sein will: eine Reise. Eine Reise durch die Gedankenwelt verschiedener Dichter, die auch zu eigenen Gedanken anregt – und so mit Hilfe der Kunst den ganz persönlichen Weg weist. Durch Jalón im Hinterland der Costa Blanca und durchs eigene Leben.

Open-Air-Kunst in Senija an der Costa Blanca: Offenes Museum lockt Touristen an

Doch Jalón ist nicht der einzige Ort im Vall de Pop, der mit seiner Open-Air-Kunst auf sich aufmerksam macht. Ein unscheinbares Dörfchen, so könnte man den Ort Senija auf den ersten Blick beschreiben. Auf den zweiten Blick offenbart dieses Dörfchen im Hinterland der Costa Blanca allerdings große Schätze. Bereits 2017 startete hier das Kunst-Projekt „Museo Obert“ (Offenes Museum), bei dem Künstler immer wieder Hausfassaden mit ihren Werken schmücken – und das mittlerweile zu einer Touristenattraktion in der Marina Alta geworden ist.

Auf einem Wandgemälde in einer kleinen Straße eines spanischen Dorfes trägt eine alte Frau die Erde auf ihren Schultern.
Große Kunst in kleinem Costa-Blanca-Dorf: Wandgemälde in Benichembla. © Ángel García

Seit vergangenem Sommer macht sich Senijas Künstlerflair auch gleich am Ortseingang bemerkbar. Mit einem großen Wandgemälde werden die Besucher dort willkommen geheißen– ein Gemälde, das all die Elemente beinhaltet, die Senija auszeichnen: Geschichte, Kultur, Architektur, Landwirtschaft, Gastronomie und Sport. Künstlerin Amparo Saera widmete sich einen Monat der Aufgabe, Senijas Essenz auf die Mauer zu bringen.

Straßenkunst an der Costa Blanca: Benichembla wird zum Atelier

Der Dritte im Bunde der Kunst-Dörfer des Vall de Pop ist Benichembla. In regelmäßigen Abständen veranstaltet die kleine Gemeinde im Hinterland der Costa Blanca die Schau „Bimau“, kurz für Benigembla Internacional Muestra de Arte Urbano. Auch dies ein Straßenkunstwettbewerb, bei dem das Dorf zu einem Kunstatelier und die Gebäude zu Leinwänden werden. Die Themen, die sich durch die Werke und damit durchs gesamte Dorf ziehen, waren bisher unter anderem der Klimawandel in Spanien, die Landwirtschaft und, im vergangenen Jahr, örtliche Geschichten und Legenden.

Auch interessant

Kommentare