Im April erlebt das Theater vier Tage, in denen diese Szene sozusagen vom Dach auf die Bühne steigt, aus dem Rahmen fällt. Dann verwandeln einige der maßgeblichsten Flamenco-Künstler unserer Zeit das bürgerliche Szenario in ein Flamenco-Tablao, auf dem gestampft, gelitten, auf das elendige Leben geflucht und gesungen wird. Die musikalisch-theatralische Allegorie auf das Leben wird dargebracht von Künstlern, die die traditionellen Stile mit Avantgarde würzen, auf höchstem technischen Niveau ihren künstlerischen Individualismus ausleben und sich nicht vor Kontakt und Fusionen mit anderen Spiel- und Stilarten scheuen. Ein Kinderspiel, möchte man meinen, ist der Flamenco doch selbst einem lustig brodelnden Schmelztiegel der Kulturen entstiegen.
Ob traditionell oder progressiv, am Ende bleibt die Essenz, mal in einer einfachen Melodie, mal im komplizierten Umtänzeln eines Paares, das sich im wallenden 12er-Takt der Bulerias jauchzend und leidend ver- und entliebt, bis einer oder beide mit gebrochenem Herzen auf der Strecke bleiben. Um dann wieder davon zu singen und, wenn alle Tränen vergossen sind, über sich selbst zu lachen. Die Lebensweisheiten, die Cervantes Quijote und Panza in Spaniens Landschaft verteilen lässt, ihre unendliche Ironie, stimmen mit den Einsichten des Flamenco überein, die Symbiose im Teatro Cervantes ist also nicht gar so zufällig. Die Karten werden schnell rar sein, das Mini-Festival lässt sich wunderbar mit einem Ausflug ins überall swingende, manchmal quietschende Málaga verbinden. „Flamenco lo serás tú“ heißt die Reihe vom 19. bis 23. April, in etwa, „Flamenco, das wirst Du sein“, was aber keinesfalls als Aufforderung gedacht ist, mitzuklatschen. Tun Sie es bitte nicht, wir „guiris“ haben andere, weniger schmerzhafte Möglichkeiten, uns lächerlich zu machen.
Am 19. April wird der Flamenco-Sänger Bonela Hijo sein neues Album vor Live-Publikum aufzeichnen, das somit auch unsterblich wird. Daniel Casares und Rubén Lara an den Gitarren garantieren feinste Begleitung. Am 20. April ist es dann ein Flügel, an dem Pepe Rivero Alba Molina begleiten wird. Durch das Piano verfärbt die Stimmung ins Chansonhafte, eine besondere Erfahrung, zumal mit dieser besonderen Sängerin. Am 21. April wird es instrumental, die Gitarristen der „neuen Generation“ Diego del Morao und Dani de Morón loten Grenzen des Genres ins Jazzige, mitunter Experimentelle aus, ohne den „palo“ und den „compás“, den Pfad der rhythmisch-harmonischen Tugend im Flamenco ganz zu verlassen. Percussion und Gesang kommen als Farbtupfer hinzu. Sie stehen in einer Tradition, die einst Paco de Lucía und Manolo Sanlúcar zur Perfektion brachten.
Flamenco-Tanz in seiner Reinform kommt am 22. April von Superstar Farruquito, begleitet von einer hochkarätigen Gruppe Sängern und Instrumentalisten. Am 23. April versammelt der Gitarrist Juan Requena die Besten das „Flamenco nuevo“ um sich, E-Bass und Keyboard ergänzen die traditionellen Besetzungen, der Sänger Miguel Poveda als Stargast sowie Jesús Carmona und andere Tänzer machen das Bild rund, bevor es wieder in seinen Rahmen steigt und das Dach des Teatro Cervantes ziert. Tickets für 24-31 Euro, Videos der Künstler und alle Details auf www.teatrocervantes.com.
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