Antequera verfügt, wie eigentlich ganz Spanien, über eine ganze Reihe interessanter Spuren aus der Römerzeit, obwohl die süße Kleinstadt vor allem für das Weltkulturerbe der Dolmen von Antequera bekannt ist. In der Alcazába-Burg im historischen Zentrum der Stadt finden sich die Reste einer römischen Villa, unweit davon ein ausgedehntes öffentliches Bad mit reichen Mosaiken. Am Stadtbahnhof gibt es einen Hof, der auf 2.000 Jahre Olivenanbau im Hinterland von Málaga hinweist, aber leider nicht zugänglich ist. Eine römische Olivenpresse steht im DCOOP-Ölmuseum, das meistens geschlossen ist. Aquädukte und andere Leitungssysteme sind in der gesamten Landschaft verteilt, verfallen aber. Gleich mehrere Ortschaften betrieben die Römer um Antequera, das Antiqaria selbst sowie Singilia Barba, nördlich der heutigen AVE-Bahnlinie.
Besonders herausragend ist die Geschichte der Sklavin Acilia Plecusa, die um Antequera lebte, von ihrem verwitweten Herren freigegeben und dann geheiratet wurde und sich zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der Gegend entwickelt hatte. Ihr Werdegang ist auf Inschriften und in Werken römischer Historiker beschrieben und entwirft ein relativ emanzipiertes Frauenbild der damaligen Zeit, wenn auch nur als Anekdote. Deren Prunk-Sarkopharg, der ihr den Status mindestens einer Landgräfin verleiht, ist ebenso im Stadtmuseum Antequera zu sehen, wie die „Mona Lisa“ Antequeras, ein 2.000 Jahre alter „Efebo“, ein bronzener Jüngling im griechischen Stil. Efebos wurden in Athen und Rom pubertierende Kadetten von Militärschulen genannt, die auch auf Festen bedienten und häufig einen „Mentor“ hatten, heute würde man „Sugar Daddy“ sagen.
Antequeras Efebo, der hauchfein gegossen wurde, gilt als einer der bedeutendsten Hispaniens und ist in exzellentem Erhaltungszustand. In den 1950ern fand ihn ein Bauer in einem Feld, dann lag er jahrelang versteckt im Stadtpalais einer örtlichen Oligarchenfamilie, deren Erben ihn dann der Stadt übergaben. Leider werden die meisten römischen Fundstätten in und um Antequera nicht für Besucher hergerichtet, sondern lediglich geleert und dokumentiert, die Fundstücke kommen ins Museum, das Gelände wird dann bebaut, bestellt oder wieder zugeschüttet.
Benalmádena konnte Ende November 2022 sein Besucherzentrum für die römische Ausgrabungsstätte „Los Molinillos“ eröffnen, ein langgehegter Wunsch der Stadtverwaltung und der Archäologen, um die alte Römerstadt für Besucher attraktiv zu machen. Das „Centro de la Historia de Benalmádena“ startet seine Aktivitäten mit einer Ausstellung zu den römischen Villen, die in Benalmádena entdeckt wurden. Das sind neben den Ruinen von Molinillos auch jene von Benalroma und Torremuelle. Letztere fungierten wie Fincas oder Cortijos, Gehöfte mit angeschlossener Produktion, vor allem von Olivenöl, aber auch Wein und Trockenfrüchten oder „salazones“, also gesalzenen, getrockneten Fischen, Fischeiern und Fischsaucen, wie dem berühmten Garum, aber auch einem luxuriösen Wohntrakt mit allen Annehmlichkeiten wie Bädern oder Fußbodenheizung.
Bei Molinillos wiederum befand sich im 1. und 2. Jahrhundert unserer Zeit eine regelrechte Stadt mit Industriegebiet und Hafen auf ihrem Höhepunkt. In der Ausstellung sind sowohl viele Fundstücke zu finden als auch Hinweise auf die Ausdehnung der Anlagen und wo man bei Spaziergängen durch Benalmádena Spuren finden kann. Direkt neben dem Besucherzentrum befindet sich die Reste einer solchen antiken Fischfabrik, deren Arbeitsweise verbildlicht wird. Die römischen Reste tauchten 2002 beim Bau eines Hotels auf, 2004 wurden bei Rohrverlegearbeiten die beiden anderen Villen entdeckt, zu finden auf Höhe der Avenida Antonio Machado Nummer 100. Bedeutende Fundstücke tauchten während der Grabungs- und Konservierungsarbeiten auf, darunter ein mit Muscheln geschmückter Brunnen, Wand- und Boden-Mosaiken in einem Bad aus dem 1. bis 3. Jahrhundert.
Diese Villen belegen, zusammen mit ähnlichen in El Secretario (Fuengirola), Torreblanca del Sol (Fuengirola), Río Verde und Las Bóvedas (Marbella), dass die Römer sich an „ihrem Meer“, dem mare nostrum, sicher fühlten, die Küsten kaum befestigen mussten und bevorzugt hier lebten und so die Traditionen der Phönizier in Hispania fortsetzten, der ersten avancierten Zivilisation an der Costa del Sol und zu ihrer Zeit die Herren des Mittelmeeres.
Gerade im Hinterland von Málaga gibt es reichlich Funde von römischer Ölproduktion, die dann über die Küstenorte abgewickelt wurde. Neben vielen Keramiken und Alltagsgegenständen sowie einigem Schmuck sticht ein Fundstück besonders heraus: ein als Kind bzw. Hermaphrodit stilisierter Griechengott Dionysos aus Marmor aus der Epoche Kaiser Neros oder Flavius. Der Sohn des Zeus galt als Schutzpatron der Landwirte und des Theaters, ihm zu huldigen war unter der römischen Elite damals der letzte Schrei. Viele römische Bürger und Landbesitzer ließen sich Statuen im hellenistischen Stil fertigen und kleideten sich auch gern griechisch, was als eine Art Vintage-Mode angesagt war.
Zum Thema: Spaniens Little Italy - Zu Besuch in Itálica, Spaniens Römerstadt bei Sevilla.