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Spaniens Meister des Lichts: Der Maler Joaquín Sorolla und die Farben des Mittelmeeres

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Von: Susanne Eckert

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Frauen in weißen Kleidern spazieren am Meer.
Sommer in Spanien: Der Maler Joaquin Sorolla schuf Spaziergang am Meeresufer im Jahr 1909. © Museo Sorolla nº inv. 00834

Spaniens Maler: Der Impressionist Joaquín Sorolla bannte das Leben und die Farben am Mittelmeer und im ganzen Land auf die Leinwand.

Madrid - Sorolla: er fing das mediterrane Licht mit dem Pinsel ein und bannte Spanien auf die Leinwand. „Joaquín Sorolla Bastida war Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts einer der bedeutensten spanischen Maler“, berichtet der Kunsthistoriker und Sorrolla-Fachmann David Gutiérrez aus Jávea an der Costa Blanca. In seiner 45-jährigen Schaffensphase habe der Künstler rund 4.500 Bilder und 8.000 Zeichnungen angefertigt. „Seine Urenkelin Blanca Pons Sorolla erstellt gerade einen aktualisierten Katalog all seiner Werke.“

NameJoaquin Sorolla Bastida
BerufKünstler
Lebensdaten1863-1923
Bedeutenstes WerkVision de España

Sorolla: Der Maler Spaniens zwischen Materialismus und Sozialkritik

Ein materialistischer Salon-Maler, der die Reichen und Mächtigen portraitierte, ein Sozialkritiker, der das harte Leben der kleinen Leute abbildete, ein kommerzieller Maler, der Spanien auf seine Folklore reduzierte oder ein Genie, dem es gelang, die Essenz eines ganzen Landes in 14 riesigen Gemälden zu konzentrieren – die Meinungen der Kunstkritiker über Sorolla gehen weit auseinander. Das Publikum dagegen bildete damals wie heute lange Schlangen, um seine Ausstellungen zu sehen. Fest steht auch, dass er wie besessen malte. Und auf dem Höhepunkt seiner Karriere kostete ihm seine bekannteste Bilderserie „Vision de España“ für die Hispanic Society in New York dann seine Gesundheit und schließlich das Leben.

Gemälde von Sorolla: Fünf Frauen schlafen in einem Zugabteil
Joaquin Sorollas Sozialkritik: 1894 bringt der Maler in Spanien „Frauenhandel“ auf die Leinwand. © Museo Sorolla, nº inv. 00320

Joaquín Sorolla gab alles für die Malerei, dabei war ihm die Kunst nicht in die Wiege gelegt worden. Der Maler wurde 1863 in Valencia, in Spanien als Sohn eines kleinen Händlers geboren, der sich auf Decken spezialisiert hatte. Doch als Joaquín zwei Jahre alt war, starben seine Eltern an der Cholera und er wuchs mit seiner Schwester Concha bei seiner Tante Isabell auf. „Sorolla entdeckte sein Talent in der Schule“, erzählt der Kunsthistoriker David Gutiérrez. „Er lernte sehr ungern und fertigte statt dessen im Unterricht kleine Zeichnungen an. Ein Lehrer fand, dass er das sehr gut machte, und schenkte ihm Papier und Stifte, damit er üben konnte.“

Sorollas Onkel, der eine Schlosser-Werkstatt hatte, stellt seinen Ziehsohn nach seinem Schulabschluss als Lehrling ein. Er lässt sich aber überzeugen, dass der Junge ein begabter Maler ist, und schickt ihn nachmittags auf die Escuela de Artesanos, die bis heute den weniger privilegierten Klassen gratis Kunst und Bildung nahebringt. Und mit 14 Jahren wird der talentierte Junge von der Kunstakademie Real Academia de Bellas Artes de San Carlos aufgenommen, die heute ein Museum ist, in dem unter anderem auch Werke von Sorolla hängen.

Sorolla sucht seinen Stil: Maler unter Künstlern in Spanien und Europa

„Zwischen 1876 und 1889 war Sorolla in Ausbildung, er suchte – umgeben von verschiedensten Künstlern – seinen Stil, studierte mit einem Stipendium in Rom, bereiste ganz Italien, Paris und sogar Deutschland“, berichtet Gutiérrez. „In dieser Phase probierte er vieles aus, was gerade modern war: den historischen Stil, den orientalischen Stil, die mythologische und religiöse Malerei.“ Schon in dieser Zeit liebt der Maler das Meer in Spanien, „von dem er alles gelernt hat“, wie er später sagt. Und er portraitiert gerne Seeleute und Fischer.

Sorolla lebt damals in einer künstlerisch sehr interessanten Zeit. Historisten, Impressionisten, Realisten... – die Vielfalt der oft widersprüchlichen Kunstrichtungen in Spanien und der Welt schien unendlich. Sorollas großes Vorbild bleibt Velázquez, dessen Werke er als 18-Jähriger in Madrids Prado-Museum bewundert. Doch er lässt sich auch von zeitgenössischen Malern beeinflussen – die Naturalisten, die er in Paris kennenlernt, begeistern ihn besonders. Sie wollen die Dinge so abbilden, wie sie sind, und malen vor Ort, in der Natur oder im Umfeld der Menschen, die sie portraitieren.

Mann in Portrait-Pose
Sorollas Selbstportrait: „Autoretrato“ schuf der Maler im Jahr 1904. © Museo Sorolla, nº 00687

1890 zieht Sorolla nach Madrid, in die Hauptstadt Spaniens. Inzwischen ist er beim Sozialrealismus angekommen, malt Arbeiter, Handwerker, Fischer aber auch Gärten und malerische Innenhöfe sowie Sittenbilder. Der Umzug in die Hauptstadt hatte geschäftliche Gründe, nach wie vor fühlt sich der Maler nur unter freiem Himmel in seinem Element. Im Atelier wollen ihm seine Werke nicht gelingen. Deshalb reist er auf der Suche nach neuen Motiven ins Baskenland und nach Asturien, wo er ein anderes Licht und andere Farben antrifft als in seiner Heimat am Mittelmeer.

„Um seine Karriere voranzutreiben, nimmt der Maler an allen bedeutenden Wettbewerben teil und sahnt in Spanien und im Ausland ab“, erklärt Gutiérrez. „1898 in Wien und 1900 in Paris – dem Zentrum der damaligen Kunstszene.“ Seinen größten Erfolg erarbeitet sich der Künstler Sorolla aber fernab der Kunstausstellungen und Ehrungen, ganz allein an der Staffelei: Er findet um das Jahr 1900 endlich seinen Stil.

In dieser Zeit besucht der Maler vier Mal Jávea an der Costa Blanca – sein Paradies, wie er sagt –, badet im Licht und seinen Reflexen im Meer, in den Farben und der Seeluft des Küstenstädtchens in Spanien. Und genau diese Elemente prägen auch Sorollas neuen Stil: „Die lebhaften Farben, das Spiel von Licht und Schatten, die Abbildung der ungeschminkten Realität“, zählt der Kunsthistoriker auf.

Realität – aber nicht im Malstil des Realismus und Naturalismus, der alles fotografisch genau abbildet. „Wenn man Sorolla in die großen Strömungen der Kunst einordnet, betrachtet man ihn immer als Impressionisten“, sagt Gutiérrez. „Doch der Maler selbst sah sich nie so, ihm gefiel diese Kunstrichtung nicht einmal und er pflegte keinen Kontakt mit ihren Vertretern.“ Sorolla betrachtete sich als Realisten und Naturalisten, obwohl seine Bilder keineswegs einer Fotografie ähnelten. „Er konzentrierte sich auf die Farben und das Licht sowie auf die Wirkung des Lichts in der Landschaft – und auf die Personen.“ Seine Bilder sind Momentaufnahmen, Schnappschüsse, wie man sie heute mit dem Handy machen würde. Die Personen, die der Maler auf die Leinwand bannt, sind – mit Ausnahme der Portraits – immer in Aktion und Teil des Spiels aus Licht und Schatten in ihrer Umgebung. Oft sind auf seinen Gemälden Familienmitglieder zu sehen und die Bilder spiegeln Zuneigung, Sommer, Sonne, Meer und Leichtigkeit wieder. Und er portraitiert immer wieder einfache Leute bei ihren alltäglichen Verrichtungen.

Die künstlerische Erleuchtung Sorollas fällt in eine düstere Zeit: Seit 1898 ist Spanien keine Weltmacht mehr, verliert die Philippinen, Kuba und Puerto Rico. Das Land geht durch eine schwere Identitätskrise. Doch trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – feiert das leuchtende Spanien auf Sorollas Leinwänden immer mehr Erfolge. Der Maler macht Ausstellungen in ganz Europa und den USA, malt Könige und den Präsidenten der Vereinigten Staaten. 1909 und 1911 stellt er in New York aus, die zweite Schau besuchen 160.000 Kunstfreunde in nur einem Monat.

Dieser Erfolg bringt ihm den Auftrag seines Lebens: Archer Milton Huntington, Gründer des Kulturzentrums Hispanic Society in New York, bestellt bei ihm 14 insgesamt 60 Meter breite und 3,5 Meter hohe Gemälde, die die Essenz Spaniens abbilden sollen. Sorolla bereist zwischen 1912 und 1919 verschiedenste Regionen Spaniens, um einen im verschwinden begriffenen Lebensstil festzuhalten, wie er selber sagt. Trachten, Tänze, Stiertreiben, Umzüge, Märkte, Fischfang – der Maler will das Ortstypische einfangen, ohne zu romantisieren.

Das Werk wird monumental. Doch Sorolla ist tief erschöpft, er wird krank, siecht jahrelang dahin und stirbt schließlich mit 60 Jahren im Jahr 1923 in Spanien. Die Eröffnung seines Ausstellungssaales in New York erlebt der Maler nicht mehr mit.AUnd auch nicht das Nachspiel dieser Geschichte: Die 14 riesigen Gemälde des Malers wurden 2008 restauriert und man schickte sie anschließend auf die Reise. Zwei Millionen Besucher sahen sie in Valencia, Barcelona, Málaga, Bilbao, Sevilla und dem Museo del Prado in Spaniens Hauptstadt Madrid, wo man 2009 eine Sorolla-Ausstellung zeigte, die allein 465.000 Besucher anzog.

Ein Kind mit einem Spielzeugboot am Meeresrand
Sorolla, der Maler Spaniens: Das Kind mit dem Boot aus dem Jahr 1904 © Museo Sorolla, nº inv. 00666

Was bleibt von Sorolla? „Das Sorolla-Museum in Spaniens Hauptstadt Madrid, sein früheres Wohnhaus, in dem rund 2.000 Werke ausgestellt sind“, sagt David Gutiérrez. „Das Museum verfügt über einen riesigen Fundus an Kunstwerken, Fotos, Briefen und anderen persönlichen Objekten des Malers.“

Die Gemälde der „Vision de España“ sind nach wie vor in der Hispanic Society in New York zu sehen. „Sorollas Werke hängen in Spanien unter anderem im Prado, im Thyssen-Museum in Malaga, aber auch in Museen in Paris, Moskau, Havanna sowie in unzähligen privaten Sammlungen“, sagt Gutiérrez. „Alle paar Wochen wird ein Werk des Malers irgendwo auf der Welt versteigert.“

Das Sorolla-Museum: Der Familiensitz

Die größte Sammlung seiner Werke, seine persönliche Kunstsammlung und zahllose persönliche Besitztümer des Künstlers findet man im Sorolla-Museum in Spaniens Hauptstadt Madrid in der Calle General Martinez Campos 37. Hier wohnte und arbeitete Joaquín Sorolla zu Lebzeiten. Nach seinem Tod widmete seine Frau Clothilde Garcia del Castillo die Villa mit Atelier und Garten zu einem Museum um. Dort kann man die künstlerische Entwicklung des Malers nachverfolgen. Das Haus ist heute noch wie zu Sorollas Lebzeiten möbliert. Zudem sind Keramiken, Schmuck, historische Fotografien und ein Archiv seiner Privatkorrespondenz zu sehen.

Museo Sorolla Madrid

Virtuelle Führungen unter: museosorolla.mcu.es/

Instagram und Facebook Museo Sorolla

Telefon 913 101 584, museo.sorolla@mecd.es

Einen Eindruck erhält man auch von der Bedeutung, die die Familie für den Künstler hatte. Ein Portrait der eleganten Museumsgründerin Clothilde eröffnet die Ausstellung. Sorolla lernte die damals 14-jährige Schwester eines Studienkollegen in Valencia kennen und es verband ihn mit ihr eine lebenslange innige Beziehung, die in vielen Briefen dokumentiert ist. Während der Maler in Spanien herumreiste, kümmerte Clothilde sich um die Familie und das Geschäft.

Das Ehepaar hatte drei Kinder, der Künstler war so stolz auf sie, dass er ein Portrait von ihnen in nationale und internationale Ausstellungen einband. Sein Sohn Joaquim war der erste Direktor des Sorolla-Museums. Die Schwestern waren beide Künstlerinnen, Maria malte und Elena schuf Skulpturen. Auch ihre Werke kann man im Museum bewundern.

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