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Ab sofort fünf statt 14 Tage Quarantäne? Virologe Drosten stellt Aussage klar - und legt auf Twitter nach

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Von: Andreas Schmid

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Christian Drosten sprach in seinem Podcast über eine Verkürzung der Quarantäne von 14 auf fünf Tage. Die Aussage schlug hohe Wellen, sodass der Virologe auf Twitter nachlegte.

Hamburg - Christian Drosten hatte viel zu sagen in seinem Podcast. Die Folge „eine Empfehlung für den Herbst“ war die erste Ausgabe nach zweimonatiger Sommerpause und dauerte mehr als 100 Minuten. Zu Beginn der Sendung redete der Virologe über seinen „arbeitsreichen Sommer“ mit Forschung* an der Berliner Charité, um dann relativ zügig auf eine „Schwäche der Masken“ zu sprechen zu kommen.

Coronavirus in Deutschland: Drosten über die Wichtigkeit von Masken

Drosten erklärte die Infektionslage bei Aerosolen dabei wie folgt: „Die feuchte Aussprache, also die Tröpfcheninfektion, wird offensichtlich von einer Maske abgefangen. Das ist ganz klar. Die Frage ist aber, wie ist es mit dem Aerosol? Beim Aerosol kann man sagen: Diese Tröpfchen in dieser ausgeatmeten Aerosol-Luft, die sind so fein, dass die sich nicht in dem Stoff einer schlechtsitzenden Maske fangen. Die atmet man also aus, an der Maske vorbei. Und die atmet man auch ein, an der Maske vorbei. Das muss man sich klarmachen.“ Gleichzeit betonte der 48-Jährige aber auch die Wichtigkeit von Masken, denn einen Mehrwert gebe es allemal, was auch in einigen Studien gezeigt wurde.

Drosten begründet dies an einem Alltagsbeispiel: „Stellen Sie sich vor, man redet mit jemandem. Man hat keine Maske auf und stellt fest, der hat Mundgeruch. Dieser Mundgeruch, das sind vereinfacht gesagt Aerosole. Stellen Sie sich dieselbe Situation vor, aber beide haben Masken auf. Können Sie sich vorstellen, dass Sie noch bemerken, dass dieser Gesprächspartner Mundgeruch hat? Das werden Sie nicht mehr bemerken. Und dieses ´nicht mehr Bemerken´, das können wir auch übersetzen als ´da werde ich mich eher nicht mehr so schnell infizieren´. Und das ist etwas, dass diejenigen, die Zweifel haben an der Wirksamkeit von Alltagsmasken, sich vielleicht mit nach Hause nehmen sollten.“

Der Virologe Christian Drosten ist aus der Sommerpause zurück und hat einen neuen Plan vorgestellt, wie man gegen das Coronavirus nun vorgehen solle.
Gefragte denn je: In Zeiten der Pandemie ist das allgemeine Interesse an Virologen und speziell an Christian Drosten gestiegen. Sein Podcast zählt immer höhere Aufrufzahlen. © Christophe Gateau/dpa

Corona in Deutschland: Gefahr durch Cluster - „vielleicht voller heimlich Infizierter“

Im weiteren Verlauf der Sendung sprach Drosten zusammen mit NDR-Redakteurin Korinna Hennig noch über seine Idee mit dem Kontakt-Tagebuch sowie die mutmaßliche Immunität nach überstandenen Corona-Infektionen, die er für „robust“ halte. Richtig interessant wurde es dann in der zweiten Hälfte der Sendung, als es um die Corona-Verbreitung durch sogenannte Cluster geht.

Darunter versteht Drosten Situationen, in denen eine Gruppe mehrerer Menschen zusammen gekommen war und sich mindestens einer von ihnen mit Covid-19 infizierte. Von diesen Clustern könnten anschließend viele weitere Fälle ausgehen. Der Ort, an dem sich die Person infiziert hat (zum Beispiel eine Hochzeit, Geburtstagsfeier oder ein Restaurantbesuch) wird Quellcluster genannt. „Dieses Quellcluster ist vielleicht voller heimlich Infizierter“, erklärt Drosten. Doch wie soll man mit diesen potenziellen Corona-Kranken umgehen? Man könnte wie üblich „anfangen, alle zu testen, anzurufen, zum Arzt, zur Teststelle oder sonst wohin schicken und dann warten, bis das Labor das Ergebnis zurückschickt.“

In der Zwischenzeit hätten jedoch womöglich viele Menschen das Virus bereits weiter getragen. Daher müsse „man einfach sagen, wenn so ein Quellcluster erkannt ist, dann muss das sofort ohne weiteres Hinsehen, zu Hause isoliert werden, jeder Einzelne von denen muss zu Hause bleiben.“ Dadurch lasse man das Cluster abklingen. Doch wie lange soll eine solche Quarantäne dauern? 14 Tage sind für einen symptomfreien, mutmaßlichen Gesunden schwer vermittelbar.

Corona in Deutschland: Fünf statt 14 Tage Quarantäne - Drosten-Kompromiss schlägt hohe Wellen

Deshalb stellt Drosten einen Kompromiss vor, mit dem er „bis an die Schmerzgrenze der Epidemiologie“ geht: Fünf Tage Quarantäne statt 14! Der Virologe machte sich zuletzt Gedanken darüber „was kann man denn in der Realität machen, damit man nicht ein De-facto-Lockdown hat?“ Denn „es nützt nichts, wenn man alle möglichen Schulklassen, alle möglichen Arbeitsstätten unter wochenlanger Quarantäne hat. Es muss kurz sein.“

Man gehe in der Forschung inzwischen davon aus, dass Infizierte zwei Tage vor und fünf Tage nach den ersten Symptomen* ansteckend sind. Weil die Infektiösität danach abflache, könne über eine Quarantäne-Verkürzung nachgedacht werden. Diese Aussage schlug hohe Wellen. Mehrere Medien und Nachrichtenagenturen berichteten über die Worte des Virologen - der sich dann am Freitag auf Twitter erneut zu Wort meldete und sich falsch verstanden fühlte.

Corona in Deutschland: Nach „steiler These“ - Drosten meldet sich auf Twitter

So meldete die Deutsche Presse-Agentur etwa: „Drosten für Verkürzung der Quarantänezeit auf fünf Tage.“ Hört man sich außerdem die ganzen 104 Minuten des Podcasts an und liest anschließend auch noch das 20-seitige Skript der Sendung, kann dieser Eindruck durchaus entstehen. Nichtsdestotrotz reagierte der 48-Jährige am Freitagnachmittag mitunter etwas streng. Die in einem Fall gewählte Überschrift gehe „hier einfach zu weit.“

In einer Mail an die Deutsche-Presse Agentur präzisierte Drosten das Vorgehen bei nachgewiesen Infizierten: „Ab dem Zeitpunkt der Diagnose geht der Patient noch fünf Tage in Heimisolierung. Dann erfolgt eine Testung und bei niedriger Viruslast eine Aufhebung der Isolierung. Optional kann man auch ohne Freitestung die Isolierung aufheben, denn die Virusausscheidung ist meist schon vorbei.“ Dies gelte nur für milde Fälle mit geringem Risiko der Verschlechterung. Bislang gilt laut Robert-Koch-Institut, dass Infizierte frühestens zehn Tage nach Symptombeginn aus der Isolation dürfen. 

Die Quarantäne-Verkürzung sei nur als Art „Notfallmodus“ gedacht, eine Änderung der gesamten Strategie damit nicht gemeint. Die „steile These“ von der Drosten sprach, beziehe sich zudem nur auf die Cluster, in denen viele Menschen gleichzeitig betroffen sind. Trotz alledem bleibt eine Unklarheit: Wer aufgrund eines Clusters in Quarantäne geht, tut dies womöglich nur fünf Tage — wer sich allerdings woanders angesteckt hat, aber für 14? Dahingehend meinte Drosten: „Derzeit läuft eine Diskussion auf EU-Ebene, ob man die 14 Tage auf 10 Tage reduzieren kann. Ich denke, das geht. Ich kann mir auch vorstellen, dass man sogar noch ein paar Tage weiter reduzieren kann, zum Beispiel auf sieben Tage.“ (as) *Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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