Das ist vor allem auch angesichts der Skandale um die Massentierhaltung in Spanien und die Debatte um weniger und schonenderen Fleischkonsum in Spanien eine gute Nachricht, das Gegenmodell sozusagen. Es gab schon immmer auch, bei fast jedem Aspekt, ein "anderes Spanien". Man muss es nur sehen wollen. Huelva und Umgebung sind ohnehin eine Reise wert, einer der wenigen verbliebenen „Geheimtipps“ in Andalusien. Nun kommt einer hinzu.
Hinter dem Konzept der Finca Alfoliz stehen der Unternehmer und Ibérico-Experte Sánchez Romero Carvajal und sein Küchenchef Xanty Elías, die sich zudem im Vorjahr über einen „grünen Michelin-Stern“ freuen konnten, nur drei Monate nach der Eröffnung. In der Finca wird durchaus deftig aufgekocht, Fleisch über der Glut – a la brasa – und urige „Löffelgerichte“ aus der Bauernküche Huelvas, dem letzten Winkel Andalusiens, bevor es zu Portugal wird, stehen ebenso auf dem Programm wie federleichte Versuchungen mit Blüten und Kräutern.
Fast alles kommt aus eigenem Anbau und eigener Zucht, denn in Sichtweite der Gäste auf der Terrasse wachsen nicht nur Gemüse und Kräuter heran und werden je nach Saison und Reife angeboten, sondern grasen und grunzen glückliche Ibérico-Schweinchen (100 Prozent reine Rasse) auf mehreren Hektar Land direkt an der Finca, die sich nur von natürlichem Futter, Eicheln, Kräutern, Pilzen, Trieben ernähren und sich das Futter zum größten Teil selbst suchen.
Dazwischen picken Hühner. Alles andere, wie Milch, Käse, Fische und Meeresfrüchte, kommt von Bio-Produzenten, die nicht weiter als 20 Kilometer entfernt sind. Und auch der private Garten von Küchenchef Xanty wurde auf Restaurant-Bedürfnisse umgestellt, denn der wohnt auch in Aljaraque, wo die Finca steht, praktisch ein Vorort von Huelva und nur sechs Kilometer vom Strand entfernt. Huelva am Atlantik kommt dem Konzept entgegen, denn ernährungstechnisch ist die Gegend ein 365-Tage-Füllhorn.
Zum Thema: Sanlúcar de Barrameda, Gastronomie-Hauptstadt Spaniens 2022.
Wichtig ist auch die Verarbeitung, alle Teile vom Schwein werden irgendwie zu Essbarem verarbeitet, dafür hat Spaniens Küchentradition unendlich viele Rezepte. Auch sonst geht es um die Vermeidung von Verschwendung, keine leichte Sache im tagtäglichen Restaurantbetrieb.
Auch auf industrielle Erfrischungsgetränke wird zugunsten selbstgemachter Limonaden und anderer Mischungen verzichtet. 30 Jahre lang kämpfte der Ibérico-Zuchtbetrieb Sánchez Romero Carvajal darum, seine Schweineherde reinrassig und doch genetisch gut durchmischt und somit gesund zu halten. Dabei baut er auf einen der berühmtesten Schinkenbetriebe Spaniens, Jabugo, der seit 1879 seine Delikatessen aus Huelva in alle Welt schickt. Früher waren die von Natur aus Bio, heute muss man sich dieses Label hart erarbeiten, sich von Masstentierhaltung und Lebensmittel-Industrie absetzen.
„Unsere Küche, unser Wirtschaften steht mit beiden Beinen in der Erde, wie unsere Schweine“, formulieren die beiden Wirte ihr Konzept, das sich von der Abgehobenheit konventioneller Michelin-Betriebe unterscheiden will, ohne auf das Erlebnis und die Geschmäcker zu verzichten. Die Finca bietet im Juni auch Kurse für nachhaltige Küche und Bewirtschaftung, samt Verkostung natürlich. www.fincaalfoliz.com
Zum Thema: Nachhaltige Gastronomie in Spanien mit eigener Fischzucht in Málaga.