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Nordspaniens Küche, Navarra: Schmuggler, Kabeljau und fette Würste - Mit Rezepten

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Von: Marco Schicker

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Ein altes Bauernhaus in Navarra mit einer typischen Veranda.
Die Posada de Ziga im Bastán Tal in Navarra, Etwas Schmugglerromantik und viel authentische Küche in wunderschöner Landschaft. © Posada de Ziga

In Navarra, am Südhang der Pyrenäen, sitzt man mehr drinnen als draußen. Das färbt auf die Küche ab. In der Posada de Ziga enthüllt uns Ana Belén die gastronomischen Geheimnisse der Region im Norden von Spanien.

Pamplona - Im Herbst füllt sich Navarra mit dem Duft feucht-welker Blätter, durchmischt mit jenem frisch angesetzten Weines. Ein Stück Spanien mit echten Jahreszeiten. Das Land grün und bergig, mit schneereichen Wintern, von Süden schwappen Riojas Weine hinein und vom Norden, mit einer atlantischen Brise, pieksen lustig schon die Pintxos des Baskenlandes. Auch muhen dicke Rinder, preisen ihre Chuletones von saftigen Weiden mit denen Galiciens um die Wette an.

Die Region Navarra

Autonome Gemeinschaft (Comunidad autónoma)Navarra
Fläche10.400 km (ca. 2% Spaniens)
Einwohnerzahl650.000 (2019)
HauptstadtPamplona (200.000)

Navarra: Nordspanische Küche mit Einflüssen aus Frankreich

Navarra, eines der ältesten spanischen Königreiche, besteht trotz der sprachlichen und kulturellen Nähe zum einst verfeindeten Baskenvolk auf Eigenständigkeiten. Es war nur ein paar Jahre von den Mauren besetzt, was man der Küche anmerkt, und erwehrte sich auch hartnäckig dem Zugriff der Karolinger, die das Land stets Frankreich angliedern wollten. Auch kulinarisch widerstand man den butter- und sahneschlemmenden Galliern weitgehend, die Küche blieb so deftig wie die Landschaft – und die Menschen herb, aber herzlich.

Die Pimentos rellenos de bacalao, rote Piquillo-Paprika gefüllt mit einem Kabeljau-Ragout, weisen mit ihrer Bechamel-Bindung in der Füllung allerdings sehr auf französische Einflüsse. Das Gericht ist heute in ganz Spanien als Tapa beliebt, stammt aber originär aus Navarra. Über die Nord-Süd-Handelsroute kam der brettharte Trockenfisch in die Berge. Und blieb.

Ein Gericht mit Kabeljau auf einem Teller.
Uralte Handelsrouten brachten den getrockneten Kabeljau auch nach Navarra, wo der Bacalao ajoarriero serviert wird. © Turismo de Navarra

Ein bisschen Schmuggler-Romantik an den alten Handeslrouten in Navarra umweht auch die Posada de Ziga im Baztán-Tal, nur ein paar Steinwürfe von der französischen Grenze entfernt. Hier hat Hausherrin Ana Belén Vega Crespo mit ihrem Gasthaus nicht nur den Urtyp der hiesigen Häuser renoviert, von denen nur noch wenige erhalten sind, sondern sie hält auch die kulinarische Essenz Navarras am Köcheln. Ihre Posada, wörtlich also eine Raststätte, ist auch als „Ostatu Zaharra“ bekannt und geht auf das Jahr 1741 zurück.

Ländlicher Urlaub in Navarra: Kabeljau in der Posada de Ziga

Die nach auslaugendem Erbfolgekrieg mit Frankreich und halb Europa zur Abwechslung einmal gefestigte spanische Zentralmacht stationierte Militär und Polizei in die grenznahen Zonen, wollte den Feind abschrecken und Ordnung schaffen, denn marodierende Banden, Schmuggler (nur ein Wort: Trüffel) und allerlei Gesindel gefährdeten Handel und Aufschwung. In dieses Ambiente versetzt uns die Posada de Ziga zurück, die Inschriften der früheren uniformierten Mieter sind noch sichtbar. Später war das Haus eine Art Dorftreff, dann Schule, seit 2005, nach anstrengender und feinfühliger Renovierung, stößt die Posada de Ziga nun auf einen Markt, der sich nach ursprünglichen Erfahrungen, Traditionen, Landleben sehnt.

Ana Belén nimmt uns mit in die Küche, um uns beim Werden eines der typischen Gerichte der Region zusehen zu lassen. Der Bacalao Ajoarriero, „dessen Name von den Maultiertreibern berichtet, die von Bilbao den Trockenfisch bis nach Zaragoza brachten. Je nach Zone, die sie durchquerten, kamen andere Zutaten hinzu und so kennen wir Bacalao Ajoarriero del Garapitero de Cascante mit pochierten Eiern (Frankreich!), eine Variante mit Krabben und so weiter.“

Spezialitäten aus Navarra: Spargel, Artischocken, Forellen

Die Wirtin nimmt 400 Gramm über Nacht gewässerten, also entsalzten Bacalao, schwenkt aber zunächst Zwiebel, eine grüne Paprika, eine getrocknete Paprika (pimiento morrón oder choricero) in Olivenöl in einem Keramikpfännchen an, löscht dann mit einem Glas Tomatensauce (selbstgemachter) ab und würzt mit Salz und Petersilie. Auf diesem Gemisch lässt man die in Streifen geschnittenen Fischfilets garziehen, „nicht mehr als zehn Minuten auf kleiner Hitze“, so die Köchin. Sie sollten im Inneren leicht glasig sein, dann sind sie perfekt.

Eine Frau steht vor einer Holztür an einem alten Haus in Navarra.
Gastgeberin Ana Belén vor ihrer Posada de Ziga in Navarra. © Posada de Ziga

Auch die Vorliebe für den weißen Spargel, der als Espárragos de Navarra in Spanien einen Ruf genießt wie der Beelitzer Spargel in Deutschland oder der Marchfelder in Österreich, könnte man französischem Einfluss anhängen, doch macht man hier keine Butter darüber. Dieses Gemüse braucht nachts die Kälte und ein bisschen Zeit, seine Festigkeit und feine Bitternote zu entwickeln.

Auch die Artischocken aus Navarra haben als Blanca de Tudela einen eigenen Herkunftsschutz. Ihre Herzen bereitet man hier gerne im Duett mit almejas, den kleinen Venusmuscheln, zu, die man mit Knoblauch, Petersilie, Weißwein aufkocht und dann in einer leichten Mehlschwitze mit den Artischocken zusammenbringt.

Die Bergflüsse lassen truchas, Forellen, gedeihen, denen man in Navarra eine Scheibe Serrano-Schinken in den Bauch schiebt, die truchas werden dann mehliert und frittiert (besser in der Pfanne ausbacken) und goldgelb serviert, zum Beispiel mit dem Spargel.

Lammgulasch aus den Bergen der Pyränen

Wo immer in Spanien Bauern werkeln, gibt es Lämmer. Aus diesen macht man in Navarra einen Eintopf, den Cordero chilindrón, wobei vorzugsweise die Beine gestückelt werden, um sie in einem sofrito aus Trockenpaprika, Zwiebel, Tomate, Olivenöl und Knoblauch anzuschwitzen. Sehr langsam mit Zitronenschale und Petersilienwurz wie ein Gulasch garen, also Obacht mit Flüssigkeit, zum Schluss eine gute Fuhre erdige kleine Kartoffeln darin weichkochen und im Topf servieren.

Chistorra - Typische Wurst aus Navarra: Sag niemals Chorizo zu ihr!

Sie liegen zwar gekringelt auf allen Fiesta-Grills Spaniens und die Basken brüsten sich mit ihr, doch die Chistorra ist als Txistorra ein wirkliches Eigengewächs Navarras. Es handelt sich um eine Wurst, die aus sagenhaften 70 Prozent Schweinefett bestehen darf, die restlichen Zutaten sind wie beim Chorizo – aber nennen Sie sie niemals so! Der Unterschied: Die Chistorra wird kaum, höchstens ein paar Tage, gelagert und so frisch wie möglich verzehrt. Man brät sie an oder frittiert sie und serviert sofort, daher schmeckt sie auf Fiestas meist auch nicht, zu langes Erhitzen macht das Fett tranig. Kühlt es ab, ist es praktisch unverdaulich.

Chistorra - Stärkung für die Fiesta de San Fermines

Die Chistorra ist in Navarras Küche eine Art Allzweckwaffe. Sie dient kurz, aber kräftig angebraten, als Bocadillo-Belag oder Beilage zum Spiegel- oder Rührei, was gleichzeitig das Kater- wie das Fiesta-Frühstück bei den Fiestas de San Fermines in der Hauptstadt Pamplona darstellt.

Zwei pinchos mit Brot und chistorra.
Sag niemals Chorizo zu ihr: Die Chistorra ist ein „Gewächs“ aus Navarra und das unvermeidliche Fiesta-Frühstück bei den San Fermines in Pamplona. © Pixabay

Dazu brät man Chistorra-Stücke sanft an, so dass ein bisschen von dem vielen Fett austritt, dann dreht man kurz auf, um die Reste zu bräunen, dreht das Feuer ab und lässt die Eier in die Pfanne. Deckel drauf und warten. Die Pochas con chistorra sind ein Minestra-artiger à la Minute-Eintopf aus Gemüse, vor allem Porree, Karotten, Frühlingszwiebeln, in den dann frisch gebratene Wurststückchen eingelegt werden. Und natürlich gibt es etliche andere Eintöpfe, zum Beispiel mit weißen Bohnen oder Kichererbsen, in denen diese heftig-deftige Wurst als Geschmacks- und Kalorienbringer eine wichtige Rolle spielt.

Roncal und Ideazabal: Keine Region in Spanien ohne guten Käse

Zum Dessert sollte man sich in Spanien, egal wo man ist, immer einen Käse auftischen lassen. In Navarra seien der Roncal und der Ideazabal genannt, sehr typische Bergkäse aus Schafsmilch, die dem berühmten Manchego-Käse aus der Mancha zwar ähnlich sind, aber von der Milch eigener Rassen stammen, vorzugsweise Latxa oder Carranzana, und ihre ganz eigene Delikatesse aufweisen. Der Ideazabal, mindestens zwei Monate gereift, hat einen festen, aber gleichzeitig sehr zarten Teig und Aromen, die eben nur durch Kräuter und Gräser in Höhenlagen entstehen können.

Für die „Süßen“ unter den Lesern seien einige Desserts aus Navarra empfohlen: Canutillos rellenos, mit Creme gefüllte Teigröhrchen, die Coronillas de salcedo, ein Blätterteiggebäck mit einer Creme gefüllt oder auch die cremige Cuajada, eine Art Navarra-Pudding, enzymierte Milch, die man schaumig-kalt oder ofenheiß karamelisiert genießen kann.

Mehr Lust auf die Küche Nordspaniens? Hier geht´s nach La Rioja, Spaniens Weinkeller, in dem aber auch sehr gut gegessen wird.

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