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Spargel aus Spanien: Grüne, wilde Sprossen und weiße Riesen im Glas - Mit Rezept-Ideen

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Von: Marco Schicker

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Grüner Spargel nach der Ernte
Der grüne Spargel diente in Spanien häufig als Feldbegrenzung. Den wirklich wilden „triguero“-Spargel gibts eher im Bergland. © Inge Poelman/unsplash

Spargel ist zwar kein spezifisch spanisches Produkt, aber in Lokalen und Küchen durchaus beliebt und präsent. Vom dünnen grünen „Weizen-Spargel“ bis zur weißen Edelstange aus Navarra - und aus der Dose.

Navarra - Von der „Spargelzeit“ werden wir uns in Spanien künftig verabschieden müssen, denn Sommer und Winter rücken im Süden Europas wegen des Klimawandels zusammen, der noch mit sich ringt, ob er Spanien in subtropische oder wüstenähnliche Verhältnisse stürzen wird oder eine wilde Mischung daraus. Dem Frühling aber scheint er den Garaus machen zu wollen.

Der 2022 besonders launische Lenz im wandelhaften Klima machte den Spaniern den Spargel kaputt. Zumindest jenen, der noch das Privileg genießt, auf echter Erde im Freien zu gedeihen. Denn eigentlich sind die Stängelchen bei den Bauern vor allem wegen ihrer Pünktlichkeit beliebt, sprießen sie auf der Iberischen Halbinsel nämlich oft schon im Februar, wenn die Sonnenstrahlen bereits genügend Wärme in sich tragen. Sie wachsen schnell, lassen sich gut vermarkten und im Handumdrehen sind die Felder frei für andere Früchte.

Spargel aus Spanien: "Spargelzeit" verschiebt sich durch Klimawandel

Doch dieser Plan ging 2022 nicht so richtig auf, nach elendiger Trockenheit über den Winter, regnete es im Frühjahr in vielen Teilen Spaniens so lange und so heftig, das viele Wurzeln verfaulten oder die Triebe dann schnell wie Raketen aus ihren Silos schossen, sodass grüner und weißer Spargel zwar jetzt in Fülle da ist, aber nach nichts schmeckt, weil die Natur ihm keine Zeit zum Wachsen und Ansammeln von Aromen gab. Anders ist es mit dem vollständig auf Substraten und unter Planen gezogenen Spargel, der schmeckte noch nie nach etwas.

Spargel ist an sich recht genügsam und wächst eigentlich unter vielen klimatischen Bedingungen, ihm genügen sandige Böden, er ist, auch wenn er ursprünglich aus Persien stammt, weder in Spanien, noch in Mitteleuropa ein Exot. Regionale Erzeuger kreieren mit viel Aufwand Herkunftssiegel, die sie sich teuer bezahlen lassen, während es vor allem Saisonarbeiter aus Billiglohnländern wie Marokko und Rumänien sind, die sich den Buckel krumm schuften, damit wir beim Sonntagbrunch Spargel zutzeln können. In Spanien ist auch die maschinelle Ernte angesagt, zumindest für die durchschnittlichen Qualitäten, ansonsten rücken hier auch vor allem Arbeiter aus dem Maghreb an, wenn sie von den Erdbeeren noch nicht genug haben.

Grüner Spargel aus Spanien.
Espárragos Trigueros a la Plancha, die puristischste und sinnvollste Zubereitung für dünngen, grünen Spargel in Spanien: Anbraten, Olivenöl-Butter-Gemisch, ein paar Salzflocken, fertig. © Javier Lastras/WikiCommons

In Spanien sind vor allem zwei Arten Spargel beliebt, die zwei Extreme repräsentieren: der ganz dünne, grüne, bekannt als espárrago triguero (Weizenartiger Spargel) oder espárrago silvestre (Wilder Spargel) und der besonders dicke weiße Spargel mit der Herkunfstbezeichnung „Navarra“. Wie üblich, verweigert die spanische Küche einmal wieder fast provokant das Kochen, denn den grünen Spargel schmeißt man in der Regel kurz auf die plancha, den weißen sperrt man gerne in Dosen und Gläser und schnippelt ihn später in Salate. Doch so leicht wollen wir es weder dem Spargel, noch dem Leser machen, ein paar Worte mehr zum spanischen Spargel zu verlieren, lohnt sich schon.

Wilder Spargel aus Spanien: Grüne Wächter am Wegesrand

Zunächst zur Legende vom „wilden“ Weizen-Spargel: Was sie in den Geschäften kaufen, ja selbst beim „Gitano“ auf dem Markt, ist meist kein wilder Spargel mehr. Die Spargelpflanzen dienten den Bauern in vielen Regionen vor allem als Begrenzung ihrer Felder. Denn lässt man die Stängelchen wachsen, bevor man sie „absticht“ und in Sauce Hollandaise erstickt, werden aus ihnen originelle, dichte Gebüsche, deren Blattansätze sich zu harten Stacheln auswachsen und so Eindringlinge abhalten, während der Busch selbst genügsam ist und das Feld nicht leersaugt. Ist die Jahreszeit gekommen, zündeten die Bauern die Sträucher gezielt an, um so den Auswuchs neuer Sprossen zu provozieren, sowohl am Busch, wie aus der Erde. Diese Praxis ist heute verboten, aber in nicht wenigen Gebieten ist das totes Recht, zumal, wenn die Frau des Polizeichefs selbst Spargel züchtet.

Den wirklich wilden Spargel gibt es natürlich auch, Wanderer können ihn vor allem in den vielen Mittelgebirgsregionen Spaniens finden, auch und besonders im Hinterland der Costa Blanca und der Costa del Sol, meist dort, wo er sich das Habitat mit großen Rosmarin-Sträuchen und dem Fenchel teilt. Ihn gibt es sowohl an den beschriebenen Büschen, mehr noch aber sich leicht im Winde wiegend – wie Weizen eben – als Triebe, denn die Büsche schlagen nicht nur über die eigenen Äste, sondern auch durch unterirdische Wurzelungen in alle Richtungen aus. Echter wilder Spargel ist ein kulinarisches Gedicht, weil er sich durch karge Böden kämpfen muss, ihn kann man eigentlich gleich roh essen, kurz angebraten oder angegrillt verfeinert er viele Gerichte, passt hervorragend als Beilage zu Fleisch wie Fisch, als Einlage in Salate, in kalte Suppen oder natürlich pur, mit diversen Dipps.

Spargelland Navarra und der Edel-Spargel aus Tudela

Der Spargel aus Navarra ist hingegen ein kleiner Gernegroß, die bäuerlichen Bürokraten haben den Herkunftsschutz mittlerweile auf 256 Gemeinden und deren Umland ausgedehnt, von denen die meisten gar nicht mehr in Navarra liegen, sondern in Aragón, La Rioja und im Baskenland. Man begründet das historisch, denn irgendwann war alles hier mal Navarra, allein der weiße Spargel, dessen Triebe weiß bleiben, weil ihm Plastikplanen oder kunstvoll gepflegte Erdhügel die Photosynthese verwehren, wird erst seit Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts systematisch kultiviert und vermarktet. Den gleichen Spargel gibt es auch auf der anderen Seite Spaniens, in der Extremadura und der Mancha, er kostet aber nur die Hälfte.

Spargelgericht mit Fisch.
Weißer Spargel kommt in Spanien vor allem aus Navarra und wird gerne mit Fisch und Meeresfrüchten verspeist. © Stefan Schauberger/Unsplash

Neben diesen beiden Hauptsorten - rund 15 Arten wachsen in Europa, aber nur drei bis vier landen gewöhnlicherweise auch auf unserem Tisch - hat Spanien auch ein Edelspargelgebiet, den Espárrago de Tudela de Duero, benannt nach einem niedlichen Ort mit 8.000 Einwohnern in der Provinz Valladolid in Kastilien und León, wo dicker, weißer Spargel gezogen wird, der manchmal eine leichte lila Einfärbung aufweist, die hier aber nicht als Makel gilt. Der Dorfarchivar hat irgendwann ein Dokument auf dem Dachboden gefunden, wonach schon unter den Katholischen Königen im 15. Jahrhundert dieser Spargel hier gehandelt worden sei, seitdem sind alle aus dem Häuschen und bauen die dicksten Spargel an und als dann noch Meisterkoch Ferrán Adría einmal bemerkte, dass „der Spargel aus Tudela der geschmackvollste war, den ich je probiert habe“, schossen die Preise wie Spargelstangen aus dem Boden und man richtet der Gemüsestange jedes Jahr ein Fest aus, die Fiesta de exaltación del espárrago tudelano. Tatsächlich soll der Tudelanische Spargel nicht so fasrig sein wie der klassische und mineralischer schmecken.

Der grüne Spargel sollte möglichst hellgrün, dünn und mit fester, sozusagen noch geschlossener Spitze sein, wenn sie ihn kaufen, beim weißen Spargel indes kommt es schon auch auf die Größe an, je dicker, umso besser und umso teurer, heißt es. Ein Blick auf den Zustand der Spargelenden hilft, die Frische einzuschätzen. Denn selbst wenn der trickreiche Marketender ihn wässert, spalten sich die Füße überlagerter Spargel auf und werden lila bis grau. Die in Spargelwasser eingelegten Stangen in Gläsern oder Dosen, in denen der Navarreser Spargel leider vor allem kommerzialisiert wird, ist für den scheidenen lukullischen Ertragvergleichsweise teuer.

Spargel aus Spanien: Land unter Top-Exporteuren auf dem Weltmarkt

Spanien ist sowohl bei Produktion wie Export regelmäßig unter den Top 5 und behauptet, je nach Jahr, einen Weltmarktanteil von 5-7 Prozent. Peru, Mexiko, China, USA und Deutschland ringen um die vorderen Plätze, wobei China mit riesigem Abstand den meisten Spargel produziert, die Chinesen ihn aber lieber selbst essen, als ihn ins Ausland zu verkaufen. In den 1980-90er Jahren kam es wegen der lohnenden Preise auf dem Weltmarkt in Spanien zu einer regelrechten Spargel-Euphorie unter den Bauern, die aber bald abebbte, weil die Böden ausgelaugt waren und Billigkonkurrenz auf den Zug aufprang und die Preise verdarb. Ein Schicksal, dass Spaniens Landwirte mit vielen ihrer Produkte, seien es Orangen, Wein, Öl, immer wieder durchleben.

Frischer weißer Spargel aus Navarra: Purismus ist das beste Rezept

Den frischen weißen Spargel aus Navarra sollte man, die kurze Zeit, die es ihn gibt, puristisch genießen, möglichst über Dampf „al dente“ garen, mit etwas Zitrone und Butter salben, Salz und fertig. Es bietet sich an, die Stangen nach dem gründlichen Schälen in Zitronen-Salz-Zuckerwasser zu legen, dann lassen sie sich auch gut in einer Pfanne sozusagen im eigenen Saft köcheln, 4-6 Minuten, je nach Dicke. Ist der Spargel wirklich gut, verzichtet der Feinschmecker auf Hollandaise oder Mayonnaise, sogar auf Schnitzel, Schweinelendchen oder andere „Beilagen“ aus der fetten Zeit des Wirtschaftswunders. Ein leichter Graved Lachs, ein Kräutersößchen oder in Butter angeschwitzte Semmelbrösel (braune Butter) sind klassisch genug.

Spargelernte in Spanien.
Spargelernte in Spanien 1886. Damals wie heute Frauensache, das Kopftuch blieb auch. Illustration. © Narciso Méndez Bringa/WikiCommons

Zubereitungen für weißen Spargel aus Spanien

Der Navarreser Dosenspargel wiederum ist ein eigenes gastronomisches Phänomen: Ihn gibt es pur, aber auch leicht säuerlich, er landet in der Industrie tonnenweise in Mayonnaise-Salaten, vor allem im ensaladilla de congrejo, dem mit Krabbenfleischimitat herumstolzierenden Bruder des berüchtigten Krabbencocktails, der gastronomischen Entsprechung der Lava-Lampa, die beide nicht tot zu kriegen sind. Dabei kann der Konservenspargel, wenn die besseren Qualitäten verwendet werden, einiges. Zum Beispiel in einem Risotto liefert er, kurz vor Ende der Rührorgie in Däumling-großen Stücken untergehoben eine interessante Textur und passt ebensogut in ein Steinpilz- wie in ein Zitronenrisotto, obenauf lohnen sich einige kurz, aber heftig in Knoblauch gebratene Großgarnelen für eine erfreuliche Geschmackskombination. In der Küche von Navarra selbst wird der Spargel ohnehin viel mit Meeresfrüchten kombiniert.

Küchenvielfalt: Grüner Weizen-Spargel passt fast zu allem

Der dünne Weizen-Spargel, in Nordeuropa auch als "Thai-Spargel" teuer vermarktet, ob nun wirklich wild oder von der Feldhecke geschnitten, ist hingegen ein kulinarischer Tausendsassa, bei dem es leichter fällt, die paar Gerichte auzuzählen, zu denen er vielleicht nicht passt. In Spanien kommt er besonders häufig im „revuelto“ oder „huevo roto“ vor, jenen mal mehr oder weniger sorgsam gerührten Eiern, die hier beileibe nicht nur ein Frühstücksgericht sind. Auch hier kommt es häufig zum Trio mit kleinen oder größeren Garnelen (gambas, camarones). In einer Pfanne werden in einem Olivenöl-Butter-Gemisch die grünen, halbierten oder gedrittelten Spargel kurz angebräunt, gewürzt wird mit Salz und Pfeffer, etwas Muskatnuss, dann kommen die Garnelen dazu, anschließend wird das Ei in die Pfanne gelassen und nicht viel gerührt, nur durchgezogen. Frühlingszwiebel oder Schnittlauch darüber, fertig.

Vom Grill oder der plancha (heiße Platte) oder aus der Pfanne lässt sich der grüne Spargel mit fast allem kombinieren, mit anderen Gemüsen wie Paprika oder Tomate, sehr gut auch mit Pilzen und dazu etwas Thymian als „salteado“, also Pfannengemüse. Er passt in jeden Salat. Der espárrago triguero legt sich gerne zur Dorade oder zum Wolfsbarsch, natürlich zum chuletón vom baskischen Rind genauso wie zu Lammkoteletts. Man sollte ihn nie kochen, sondern anbraten, ihn so etwas karamellisieren, aber bissfest lassen, anschließend mit etwas gutem, aber mildem Olivenöl benetzen, wer ihn mediterran halten will, ansonsten ist natürlich Butter das Mittel der Wahl, die immer passende Ausrede des faulen Kochs.

Grüne Gazpacho mit wildem Spargel aus Spanien

Rotbarben mit grünem Spargel in einer Pfanne.
Ob im Ofen oder in der Pfanne: Der Felsenfisch Rotbarbe / Salmonete ist leicht in der Zubereitung. © Marco Schicker

Auch ein Süppchen aus grünem Spargel ist ein Genuss, eine kleine Kartoffel sollte als Bindung mitgekocht werden, ein griechischer Yoghurt-Klecks, ein paar Zitronenschalenraspel und natürlich wieder Garnelen, aber auch Muscheln oder feine Schinkenstreifen obenauf komplettieren das einfache Gericht mit seinen unendlichen Variationsmöglichkeiten. Der grüne Spargel selbst dient auch als Zier und Suppeneinlage, zum Beispiel für ein Salmorejo (der gurken-, paprika- und essigfreie Bruder des Gazpacho), auch hier in Kombination mit exzellenten Schinkenfetzen und Krümeln gekochten Eis. Die wilden Spargel können als Bestandteil einer „grünen Gazpacho“ dienen, sollten aber nicht mehr als ein Viertel der Einlage ausmachen, das meiste sollte Gurke und Zucchini sein, etwas Avocado für die Bindung, Basilikum oder Grünkohl für den Kick. Weitere Varianten der Gazpacho.

Liebling der Diät-Gurus: Wie gesund ist Spargel wirklich?

Enährungstechnisch ist Spargel besonders nützlich, weil er kaum etwas zu bieten hat, 93 Prozent sind Wasser. Nur rund 150 Kalorien kommen auf ein ganzes Kilogramm, dick macht nur die Butter drumherum. Es geht das Gerücht, dass Menschen, die für Gicht anfällig sind, Spargel meiden sollten, was aber als widerlegt gilt, wenn es entsprechend Konditionierte mit den Mengen nicht übertreiben. Der hohe Stickstoffgehalt des Spargels soll die Bildung von Harnsäure anregen, die einigen Patienten Ärger bereitet und auch für den strengen Geruch beim Wasserlassen verantwortlich ist.

Daher kommt auch die zugesprochene entwässernde Wirkung, die dem Spargel als Star der Diätvorschläge in „Frauenzeitschriften“ immer wieder zugesprochen wird und aus der dann eine Art „Entschlackung“ entstehen soll, weil die Nierentätigkeit angeregt werde. Die wird allerdings auch durch Bier angeregt, das können Sie mir glauben, und den Körper kann man durch einzelne Produkte, die den Harndrang anregen nicht „entschlacken“, höchsten dehydrieren.

Gesunde, vielfältige Ernährung, viel Bewegung, wenig Stress, halten Organe gesund, die wissen dann schon selbst, was sie wann wohin abgeben müssen. Ansonsten bietet Spargel Kalium, Kalzium und Phosphor, etwas Vitamin E, A und K, aber in Konzentrationen weit von Wunderheilungen entfernt.

Zum Thema: Mörderische Eierfrucht - Wie die Aubergine über Spanien nach Europa fand.

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