Das OCU vermeidet es indes, unter anderem mit dem Verweis auf Länder wie Portugal, eine direkte Verbindung mit der Kaufkraft bzw. dem verfügbaren Einkommen beim schleppenden Autoverkauf herzustellen. Im Schnitt gehören die Spanier zwar gar nicht zu den ärmsten Bürgern Europas, stecken ihr Kapital aber traditionell lieber in ein Eigenheim, das als Teil der Altersvorsorge verstanden und gebraucht wird, statt den Fuhrpark regelmäßig zu erneuern, zumal E-Autos in der Wahrnehmung vieler Fahrer noch immer als überteuert gelten, vor allem wenn man nur den Kaufpreis und nicht die langfristige Ersparnis bei der „Betankung“ kalkuliert.
Massiv steigende Zinsen für Hypotheken und die allgemeine Teuerung, die in Spanien besonders bei Lebensmitteln (15,4 Prozent teurer in einem Jahr) spürbar ist, dürften auch in den kommenden Jahren kaum eine Trendumkehr bringen. Auch führte der aberwitzige Anstieg der Strompreise 2022 in Spanien dazu, dass diese Energieform als Risikofaktor und nicht als Sparpotential wahrgenommen wird. Die miese Kauflaune betrifft in Spanien aber auch das konventionlle Segment, der Fuhrpark der Spanier ist mit über 15 Jahren Alter im Schnitt einer der ältesten der EU, was auch eine Herausforderung bei der Einrichtung der Umweltzonen in 149 spanischen Städten über 50.000 Einwohnern darstellt, die bis Ende 2023 laut EU-Vorgabe fällig werden. Das ist auch deshalb besonders schade, da der Anteil sauber erzeugten Stroms in Spanien mit Solarparks gerade einen echten Boom erlebt.
Dennoch ist über die Jahre auch in Spanien der Anteil der E-Autos gestiegen, wenn auch sehr langsam. Vor allem die staatlichen Förderungen für den Kauf von Hybriden und Elektroautos tragen dieses Wachstum. Seit 2020 steckt Spanien Milliarden Förderungen in den Autokauf. Im Rahmen des Programmes „Moves III“ können bis Ende 2023 400 Millionen Euro Subventionen für die Anschaffung von E-Autos in Spanien ausgeschüttet werden, die spanische Regierung hat sich sogar ein „Nachladen“ auf 800 Millionen Euro vorbehalten. Bis zu 7.000 Euro können private Autokäufer als Zuschuss für den Kauf eines neuen Elektroautos oder Hybriden bekommen, wenn sie dabei ein mindestens 7 Jahre altes Altauto verschrotten, ansonsten gibt es immerhin noch 4.500 Euro. Die Förderungen in Spanien umfassen sowohl Brennstoffzellenautos, Elektroautos (BEV) als auch die Plug-In-Hybride, wenn die rein elektrische Reichweite mindestens 90 Kilometer beträgt.
Außerdem darf das neue Auto nicht teuerr als 45.000 Euro sein (netto), bei Mehrsitzern bis 9 Plätzen liegt diese Grenze bei 53.000 Euro. Käufer von mit Strom betriebenen Kleintransportern können sogar bis zu 9.000 Euro abgreifen, für Busse und andere Fahrzeuge im öffentlichen Dienst gelten eigene Förderlinien.
Die Verbraucherschützer vom OCU haben in einem Test für E-Autos in Spanien vor allem die schwache Autonomie der reinen Elektroautos angeprangert, die in keinem gesunden Verhältnis zum Preis stehe. So verlangt Renault für seinen Twingo Electric, also eine fahrende Hutschachtel mit einer mittleren Autonomie von 154 Kilometer, in Spanien Ende 2022 satte 24.590 Euro (Referenzpreise laut OCU-Test). Der Smart Fortwo Coupé EQ, also ein Zweisitzer, kostet sogar über 25.000 Euro, fährt dafür mit einer Ladung nur rund 112 Kilometer weit. Der Dacia Spring Electric 45 kommt auf 186 Kilometer, kostet aber für einen Dacia beachtliche 20.555 Euro. Der Opel Corsa-E schafft im Schnitt 283 Kilometer, aber wer bezahlt für einen Kleinwagen dieses Designs knapp 33.000 Euro? Im Test der spanischen Verbraucherschützer kamen der KIA E-Niro und der Hyundai Kona zwar auf über 400 Kilometer, kosten aber auch je fast 42.000 Euro.
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