In Spanien lebende Deutsche: Keine Corona-Impfung für EU-Residenten ohne Anmeldung

Die Impfung gegen Covid-19 nimmt in Spanien Fahrt auf - jedoch ohne deutsche und andere Langzeittouristen mit ins Boot zu nehmen. Wer in Spanien geimpft werden will, kommt nicht an einer Anmeldung vorbei.
Madrid – Viele Deutsche hängen an Spanien, aber wollen dort nicht hängenbleiben. Meist aus steuerlichen Gründen, wegen der Rente, oder weil sie sich irgendwie ihrer Heimat in Deutschland doch noch verbunden fühlen und nur eine bestimmte Zeit hier verbringen, kommt eine Anmeldung für sie nicht in Frage. So hat auch manch ein Deutscher schon vor Dekaden das Jahr auf 183 Tage gekürzt. War bisher nie ein Problem. Jetzt aber könnte das anders werden. Natürlich wegen der Coronavirus-Krise, vor allem aber wegen der Impfung gegen Covid-19.
Coronavirus Spanien: Impfung gegen Covid-19 läuft schleppend an
Die Durchimpfung hat in Spanien begonnen. Die erste Woche lief wie in anderen EU-Ländern holprig an, von den 360.000 von nun an wöchentlich in Spanien eintreffenden Impfstoffen konnten viele Regionen nur einen Bruchteil des ihnen zur Verfügung stehenden Kontingents nutzen, und Senioren und Pflegepersonal mit dem Mittel von Biontech-Pfizer spritzen. Sogar Corona-Krisenherde wie Madrid erreichten das erste Impfziel bei weitem nicht und verwendeten nur sechs, Katalonien 13, die Extremadura gerademal sieben Prozent, Valencia 16 und Andalusien 37 Prozent der zur Verfügung stehenden Impfstoffe. Wirklich gut meisterte die Feuerprobe nur Asturien, das über eine gut aufgestellte Erstversorgung im Gesundheitswesen verfügt.
Ernüchternd, bedenkt man, dass Impfstoffe wie der von Pfizer und der von Moderna zweimal verabreicht werden müssen. Voran aber geht es, bis Donnerstag verimpfte Spanien bereits 207.323 Einheiten von den insgesamt 743.925 zur Verfügung stehenden Impfstoffen. Es ist eine Frage der Zeit und der Impfgruppen. Nach den Senioren in den Altenheimen, dem medizinischen Personal und den Pflegefällen, kommen Personen im Rentenalter an die Reihe. Darunter würden eigentlich viele Deutsche in Spanien fallen, jedoch ohne behördliche Anmeldung und SIP-Karte stehen die Chancen für eine Schutzimpfung gegen Covid-19 in Spanien schlecht.
Der Schlüssel zu einer guten Impfquote scheint beim Personal zu liegen, das die Dosen verabreicht – was Anzahl und Erfahrung betrifft. Galicien stellte 200 Pfleger ab und impfte allein in Ourense mehr Personen durch als Madrid in der ganzen Hauptstadtregion. Katalonien brach mit freiwilligen Helfern ein. Böse Zungen behaupten, dass bei all den logistischen Herausforderungen wie die europaweite Verteilung und Kühlkette von 60 bis 80 Grad keines so schwer wog wie die Feiertage, die in die erste Woche der Impfaktion fielen. Die allgemeine Empörung trieb die Gesundheitsbehörden an, nun aber tut sich ein weiteres Problem auf: Die Folgen des Sturmtiefs Filomena. Viele Straßen sind nicht befahrbar.
Impfung gegen Covid-19 für Deutsche in Spanien: Ohne SIP-Karte kein Impftermin
„Das Gesundheitswesen ist nicht vorbereitet, so eine Herausforderung zu meistern. Bei dem Rhythmus impfen wir die nächsten fünf Jahre noch“, klagte Antonio Forcada, Vorsitzender des Verbands für Krankenpflege und Vakzine Anenvac. Typisch für diese Pandemie läuft auch der Aufbau dieses Covid-19-Schutzschilds sehr holprig und undurchsichtig an. Etliche vermissen ihren Impftermin, obwohl sie den ersten beiden Gruppen angehören. Viele Langzeittouristen wissen nicht, ob sie sich hier impfen lassen können oder die Rückreise planen müssen. „Meiner Ansicht nach besteht für viele Deutsche keine Aussicht auf eine Impfung. Das läuft mit SIP-Karte. Wer keine hat, kann nicht angerufen werden“, meint Dr. Christoph Meyer-Josten, Direktor der Poliklinik Glorieta in Dénia.
Die Durchimpfung zielt auf die Bekämpfung einer Pandemie ab und wird mit Steuergeldern bezahlt wird, nicht etwa über Krankenkassen abgerechnet oder mit Mitteln aus der Seguridad Social finanziert. Privatpatienten können auch nicht in eine Apotheke gehen, sich den Impfstoff besorgen und von einem Arzt ihrer Wahl verabreichen lassen. Privatkliniken verfügen über keine Impfstoffe, mit denen sie ihre Patienten gegen Covid-19 schützen können – zum Leidwesen vieler Deutscher. Eine private Krankenversicherung bringt viele Ausländer diesbezüglich nicht weiter, zumal in Spanien das Gesundheitssystem anders aufgestellt ist und eine spanische private Krankenversicherung eigentlich fast immer eine Zusatzversicherung ist. Eine SIP-Karte hat jeder.
Trotz Anfangsschwierigkeiten hat Spanien einen Wendepunkt in der Coronavirus-Krise überschritten. Nie zuvor gab es eine Durchimpfung von vergleichbaren Dimensionen, nicht in Europa und nicht auf der Welt. „Der Impfstoff wurde zentral von der EU-Kommission im Auftrag der 27 Mitgliedstaaten beschafft und wird von der EU-Kommission nach einem Schlüssel, der sich an der Bevölkerungszahl orientiert, an die Regierungen der Mitgliedstaaten verteilt. Kein Land hat also selbst Einfluss auf die Anzahl der Impfdosen, die es erhält, und es geht ganz europäisch solidarisch und gerecht zu. Das ist eigentlich ein kleines Wunder, das bei dem vielen Streit, den es sonst in Europa wegen nationaler Kompetenzen gibt, großen Beifall verdient“, meint Ministerialrat a.D. und Rechtsanwalt Dr. Rainer Fuchs. Sieben Impfstoffe kommen in die EU, darunter der von Janssen, der einmal verabreicht wird.
Schutzimpfung gegen Covid-19 in Spanien: Privatkliniken haben keinen Zugang zu Impfstoffen
Der Ausschluss von Privatkliniken könnte den Impfprozess verlangsamen und auch viele Personen ausschließen – einige zu Unrecht. Vielen Deutschen versperrt dies eine Möglichkeit, relativ unkompliziert an eine Schutzimpfung heranzukommen. Noch nicht einmal dem epidemiologischen Ziel der Impfung – nämlich möglichst viele Personen zügig zu impfen, um das Gesundheitswesen, die Krankenhäuser und Intensivstationen, zu entlasten – ist dies zuträglich.
Gesundheitsminister Salvador Illa sieht Spanien mit der Geschwindigkeit eines „Kreuzfahrtschiffes“ auf das Impfziel zusteuern. Und das ist Durchimpfung von 60 bis 70 Prozent bis zum Sommer. 33 Millionen sollen dann in Spanien davor gefeit sein, an Covid-19 zu erkranken. Ob das zu schaffen ist? Einige Experten zweifeln daran. So aber hoffen Spanien und Europa, die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen. Das Wunder der Herdenimmunität werden wir wohl erst 2022 sehen“, meinte Rafael Vilasanjuan, Analyseleiter des Instituts Salud Global in Barcelona in einem Interview im Sender Radio Nacional.
Covid-Impfung in Spanien: Mit SIP-Karte gibt es einen Impftermin
Der Ausländeranteil in vielen touristischen Regionen an der Mittelmeerküste macht zwischen 30 und 50 Prozent aus. Die spanische Seguridad Social behandelt zwar alle gleich – wer über eine SIP-Karte verfügt, bekommt einen Impftermin entsprechend seiner Impfgruppe, nicht seiner Nationalität. Bisher fallen aber alle durchs Raster, die nicht gemeldet sind und keine SIP-Karte haben. Die meisten Deutschen haben keine.
Viele EU-Ausländer etwa an der Costa Blanca oder Costa del Sol haben längst das Seniorenalter erreicht. Ohne Impfung setzen sie sich ungeschützt der Gefahr aus, sich das Coronavirus einzufangen und an Covid-19 zu erkranken. Dieses Risiko sollte man nicht unterschätzen, selbst wenn die Umgebung ringsherum geimpft ist. Der Biontech-Pfizer-Impfstoff schützt nachweislich vor einer Covid-19-Erkrankung. Noch nicht klar ist, ob mRNA-Impfstoffe wie der von Pfizer und auch der von Moderna auch eine Infektion mit dem Coronavirus gänzlich verhindern und eine sterilisierende Immunität erreichen. Man kann nicht ausschließen, dass Geimpfte sich infizieren und das Virus verbreiten.
Covid-Schutzimpfung für Ausländer in Spanien: Anmeldung im Rathaus und Eintrag ins Ausländerregister
Wenig zielführend für die Impfstrategie mutet die Vorstellung an, dass die touristischen Städte von Dénia bis Marbella in Urbanisationen in Kauf nehmen müssen, dass ein beträchtlicher Anteil der dort lebenden ausländischen Senioren keine Schutzimpfung bekommt. Ein Coronavirus-Ausbruch könnte fatale Folgen haben. Und die Uhr tickt. Personen über 65 Jahren zählen zu den Risikogruppen und kämen im Frühjahr an die Reihe. Eine Lösung sollte her.

Genug Zeit, damit Betroffene ihre Situation in Spanien überdenken. Viele mögen es nicht hören, manchmal liegt die Lösung bei einem selbst. Wer dauerhaft in Spanien lebt, muss sich melden. So ist das Gesetz. Eine Anmeldung im Rathaus, ein Eintrag im Ausländerregister – und SIP-Karte und Impftermin rücken in Reichweite. Das läuft in Deutschland übrigens ähnlich. Dort sind laut Rechtsanwalt Rainer Fuchs alle Personen anspruchsberechtigt, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, unabhängig von ihrer Versicherung. Ihnen wird auch ein Impfzentrum zugewiesen. Wer sich lieber in Deutschland impfen lassen will, muss darauf achten, dass die Benachrichtigung des Impftermins nicht ins Leere läuft.
Covid-Schutzimpfung für Deutsche: Botschaft in Madrid macht Anfrage bei Gesundheitsministerium
Eine wünschenswerte Regelung für die Durchimpfung von Langzeiturlaubern vor Ort gibt es noch nicht. Die deutsche Botschaft in Madrid hat beim spanischen Gesundheitsministerium nachgefragt, ob und inwieweit dieser Personenkreis in den Impfplan einbezogen werden kann. Eine Antwort liegt noch nicht vor. „Wir bleiben weiterhin am Ball“, versicherte der deutsche Konsul von Málaga, Arnulf Braun. Die entscheidende Frage dürfte für die Diplomaten sein, ob Personen, die eigentlich im deutschen Krankenversicherungssystem sind und dort geimpft werden könnten, auch hier die Vakzine erhalten können. Für die spanische Regierung, ob die deutschen Residenten zur „Bevölkerung“ zu zählen sind – was auch immer das heißen mag.
Mit im Boot sind alle Deutschen, die im spanischen System sind und sich mit dem Formular S1 bei der Seguridad Social angemeldet und eine Tarjeta Sanitaria oder SIP-Karte haben. Berufstätige und Deutsche mit Hauptwohnsitz in Spanien fallen in diese Gruppe, Touristen aber nicht. „Ganz sicher wird Spanien auf seine Kosten keine Touristen impfen, die sich auch zu Hause impfen lassen können. Echte Touristen melden sich nirgendwo, sie tauchen in den Listen der Gemeinden und Regionen nicht auf“, meint Rainer Fuchs.
Schwarz sieht er auch für Deutsche, die dauerhaft in Spanien leben, aber sich wie Touristen verhalten und nirgendwo ihren Aufenthalt gemeldet haben. „Wer nirgendwo gemeldet ist, weder bei der Gemeinde im Empadronamiento, noch beim Ausländerregister, der wird sich mit Sicherheit nicht in Spanien impfen lassen können. Schon deshalb nicht, weil ihm kein Einladungsschreiben zum Impftermin zugestellt werden kann – auch in Spanien läuft die Impfung nicht auf Eigeninitiative, sondern mit Einladung“, sagt Rainer Fuchs.
Fazit Covid-Impfung für Deusche in Spanien: Anmeldung oder Rückreise
Zwischen Touristen und Auswanderer fallen Deutsche, die im Einwohnermeldeamt geführt werden, aber nicht im Ausländerregister stehen – obwohl der Eintrag nach drei Monaten verpflichtend ist. Diesen Schritt scheuen viele, weil sie keine schlafenden Hunde wecken beziehungsweise das Finanzamt nicht auf den Plan rufen wollen. Seit Jahren weisen Experten wie Rainer Fuchs und Stadträte darauf hin, dass der Eintrag ins Ausländerregister noch nichts über den Lebensmittelpunkt und damit über den Hauptwohnsitz aussagt – vergeblich. Das Vertrauen in die Behörden hüben wie drüben scheint nicht allzu groß zu sein.
Derzeit bleibt es reine Spekulation, ob oder welches der beiden Register für eine Einladung für den Impftermin herangezogen wird. „Für das Ausländerregister spricht, dass erst dann, nach drei Monaten, echte Touristen von Personen unterschieden werden können, die sich länger in Spanien aufhalten. Erst dann macht die Impfung auch aus Sicht der Pandemiebekämpfung wirklich Sinn“, meint Rainer Fuchs. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, dem bleibt nur die Wahl zwischen Meldung und Rückreise für die Impfung.