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Digitaler Euro: Konto bei der Europäischen Zentralbank?

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Von: Daniela Schlicht

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Gebäude der Europäischen Zentralbank EZB mit Euro-Skulptur im Vordergrund
Die Europäische Zentralbank erwägt einen digitalen Euro, CBDC © Pixabay

Weltweit wird an digitalem Zentralbankgeld gearbeitet, sogenannten CBDCs. Auch die Europäische Zentralbank EZB plant die Einführung eines digitalen Euro.

Die Europäische Zentralbank EZB befasst sich immer ernsthafter mit der Ausgabe eines digitalen Euro. Dabei handelt es sich um digitales Zentralbankgeld, kurz CBDC - Central Bank Digital Currency -, also eine von der Zentralbank kontrollierte digitale Fiat-Währung. Vorstellbar ist, dass Privatleute und Unternehmen dann nicht mehr über ein Konto bei einer Geschäftsbank wie der BBVA, der Deutschen Bank oder der Volksbank verfügen, sondern direkt bei der Zentralbank.

Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main
CBDC Konto bei der EZB © Pixabay

Europäische Zentralbank steht mit ihrem CBDC-Projekt digitaler Euro nicht allein da

Nicht nur die Europäische Zentralbank setzt sich mit dem CBDC-Projekt digitaler Euro auseinander. Die meisten Zentralbanken weltweit sind laut einer Umfrage der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) aktiv an der Konzeption eines CBDCs beteiligt. Richtig Fahrt nahm das Ganze auf, nachdem der Social Media-Gigant Facebook im vergangenen Jahr den digitalen Stable Coin Libra ankündigte. Stable Coins („stabile Münzen“) bilden einen Wert eines Assets ab, meistens einer Währung. So auch Libra. Ein Libra-Euro würde beispielsweise einem Euro entsprechen, ein Libra-Schweizer-Franken einem Schweizer Franken.

Facebook hat dafür eigens die Libra Association mit Sitz in Genf ins Leben gerufen. Mitglieder sind unter anderem Shopify, Spotify, Uber und Andreesen Horowitz. Derzeit liegt das Vorhaben, das von vielen Regulierungsbehörden und Zentralbanken harsch kritisiert wurde, der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma zur Bewilligung vor. Für Druck sorgen aber auch Kryptowährungen wie Bitcoin, für die derweil Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Zentralbanken sind mit der Entwicklung ihrer digitalen Zentralbankwährung recht weit

Tatsächlich sind manche Zentralbanken mit der Entwicklung ihrer digitalen Zentralbankwährung schon recht weit, darunter die schwedische Riksbank, die sich mit der e-Krona befasst, Uruguay mit dem e-Peso und China mit dem DC/EP oder Digital Currency Electronic Payment. Die People’s Bank of China (PBoC) forscht schon seit 2014 an einer digitalen Währung. Im April diesen Jahres begannen offiziell die ersten geschlossenen Tests in drei Provinzen des Landes. Anfang Oktober kündigte das chinesische Technologiezentrum in Shenzhen einen Pilotversuch an. Über zehn Millionen digitale Renminbi/Yuan wurden per Lotterie-System an 50.000 Bürger verteilt. Die Empfänger erhielten den ihnen zustehenden Betrag auf einer Wallet, einer digitalen Brieftasche auf dem Handy, die von den vier großen Banken, Chinas, einschließlich der People’s Bank of China, entwickelt wurde.

Die chinesische Zentralbank soll kommentiert haben, dass China die erste Nation werden müsse, die eine digitale Währung herausgibt, um den Yuan zu internationalisieren und um seine Abhängigkeit vom globalen Dollar-Zahlungssystem zu reduzieren. Zwar wird kein offizieller Zeitplan bekannt gegeben, allerdings soll der digitale Renminbi für die olympischen Winterspiele in Peking 2022 bereits verfügbar sein. Ob China das Rennen machen wird, bleibt abzuwarten, denn fast schon unbemerkt hat die USA den Gesetzentwurf „116th Congress (2019-2020), S.3571, Banking for All Act“ herausgegeben. In dem Text sieht man unter anderem die Schaffung eines digitalen Dollars, einer digitalen Dollar-Wallet und einer digitalen „Pass-Through Dollar-Wallet“ für Mitgliedsbanken der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve vor, die spätestens am 1. Januar 2021 für US-Bürger und Unternehmen zur Verfügung gestellt werden sollen.

Europäische Zentralbank will den Euro für das digitale Zeitalter rüsten

Aber auch bei der Europäischen Zentralbank tut sich einiges in Bezug auf einen digitalen Euro. Gemäß einer Pressemitteilung der EZB will sie bis Mitte 2021 über ihre geldpolitische Strategie entscheiden. „Die Menschen in Europa bezahlen, sparen und investieren immer häufiger auf elektronischem Weg. Unsere Aufgabe ist es, das Vertrauen in unsere Währung zu sichern. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass der Euro für das digitale Zeitalter gerüstet ist. Wir sollten darauf vorbereitet sein, einen digitalen Euro einzuführen, sollte dies erforderlich werden“, so die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde.

Die EZB wendet sich dafür auch an die Öffentlichkeit. Per Umfrage „Your views on a digital euro“ auf ihrer Webseite befragt sie Bürger und Unternehmen, ob und wie sie digitale Euro nutzen würden. Die Befragung erfolgt auf einem am 2. Oktober veröffentlichten Bericht „Report on a digital euro“ über den Digitalen Euro, der von einer sogenannten Taskforce, einer Arbeitsgruppe um EZB-Direktor Fabio Panetta, erarbeitet wurde.

Zentralbanken legen Rahmenbedingungen für digitales Zentralbankgeld CBDC fest

Einige Rahmenbedingungen, die digitales Zentralbankgeld CBDC haben sollte, wurden bei einem Treffen von sieben großen Zentralbanken – Bank of England, Bank of Canada, Sveriges Riksbank, der Federal Reserve, der Schweizerischen Nationalbank, der Bank of Japan und der Europäischem Zentralbank – zusammen mit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) am 9. Oktober, erörtert. So solle eine digitale Zentralbankwährung erst einmal mit Bargeld und anderen Formen von Geld koexistieren, Innovation und Effizienz im Zahlungsverkehr fördern, für den Verbraucher leicht nutzbar und kostengünstig sein. Um Standards für die Verwendung von CBDCs in Bankensystemen zu schaffen, arbeitet die G20, eine Organisation von Zentralbankgouverneuren und Finanzministern, mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zusammen.

Beim digitalen Euro, oft auch als E-Euro bezeichnen, handelt es sich um eine elektronische Form von Zentralbankgeld, quasi das Pendant der Euro-Banknoten, des Bargelds. Mit dem digitalen Euro werden Bürger und Unternehmen der Europäischen Union ihr Guthaben direkt auf Konten der Zentralbank halten. Dies war bislang nur Geschäftsbanken, anderen Notenbanken und Regierungen vorbehalten.

Programmierbarer digitaler Euro dank Blockchain

Mittels DLT (Distributed Ledger Technologie) wie der Blockchain wird der digitale Euro programmierbar sein. Das ist besonders für die Industrie 4.0, Stichpunkt Internet of Things (IoT) - Internet der Dinge -, von Bedeutung. Laut Schätzungen soll es bis zum Jahr 2025 viermal so viele miteinander verbundene Maschinen als Menschen geben. Diese Maschinen werden untereinander Daten austauschen und somit auch in der Lage sein, sogenannte M2M (Machine-to-Machine)-Zahlungen abzuwickeln. Das heißt, dass künftig auch Maschinen am Wirtschaftsgeschehen teilnehmen werden. Wie kann man sich das vorstellen? Zum Beispiel könnte die Parkgebühr beim Herausfahren aus dem Parkhaus ohne eigenes menschliches Dazutun vom Wallet des Autos – bei neueren Modellen – an das Parkhaus entrichtet werden. Oder das Auto bezahlt künftig an der Tankstelle selbst.

Digitales Zentralbankgeld: Abschaffung des Bargelds?

Analoge und digitale Währung sollen erst einmal nebeneinander als legale Zahlungsform koexistieren, d. h. die Einführung des digitalen Euro wird nicht von heute auf morgen passieren, sondern schrittweise. Obwohl immer wieder hervorgehoben wird, dass das Bargeld mit der Einführung von digitalem Zentralbankgeld nicht abgeschafft, sondern nur ergänzt werden soll, gehen doch einige Experten davon aus, dass die Tage sowohl von Bargeld als auch von Giralgeld gezählt sind. Diese Meinung ist nicht ganz unbegründet. Der Internationale Währungsfonds (IWF) gab letztes Jahr im April eine Art Anleitung unter dem Titel „Enabling Deep Negative Rates to Fight Recessions: A Guide“ (Ermöglichung tiefer negativer Zinsen zur Bekämpfung von Rezessionen: Ein Leitfaden) heraus, in der es um Maßnahmen und Tipps, inklusive PR/Marketing-Programme, für die Abschaffung des Bargelds geht.

Das Credo des IWF: Zentralbanken sollten ihre Leitzinsen deutlich unter Null Prozent senken können, um die Wirtschaft in Krisenzeiten anzukurbeln. Das bedeutet, wer Geld auf dem Konto hat, zahlt Strafzinsen. Allerdings, solange es Bargeld gibt, ist diese Maßnahme nicht wirklich durchführbar, denn Bankkunden können ihr Guthaben abheben und Zuhause verwahren, um dem Strafzins zu entkommen. Von daher schlug der IWF unter anderem auch vor, Bargeld gegenüber Giralgeld abzuwerten. Nun könnte es so kommen, dass Bargeld gegenüber Zentralbankgeld abgewertet wird, um Bargeldzahlungen madig zu machen. Möglich ist auch die Schaffung von Anreizen, für bargeldloses Bezahlen. Des weiteren hält man es für denkbar, dass die Übergangsphase letztendlich in einem Währungsschnitt münden wird, vergleichbar mit der Währungsumstellung DM-Euro 1998 bis 2002. Ob der Umrechnungskurs zwischen dem analogen und dem digitalen Euro 1:1 sein wird, ist offen.

Digitales Zentralbankgeld ein willkommenes Tool

Digitales Zentralbankgeld ist so gesehen ein willkommenes Tool für die Institutionen. Zentralbanken könnten, wie erwähnt, mit CBDCs direkt auf die Wirtschaft einwirken. Ebenso könnten Finanzprozesse automatisiert abgewickelt werden, wie Zahlungen, Leasing und Kredite. Aber auch Steuern und Gebühren könnten automatisch abgebucht werden. Grenzüberschreitende Zahlungen würden nicht mehr Tage dauern, sondern sekundenschnell und dazu noch extrem kostengünstig. Letzteres würde erstmals auch Transaktionen von Kleinstbeträgen, sogenannte Micro-Payments, ermöglichen. In kleinsten Einheiten könnten Maschinen dann untereinander abrechnen. Zudem erhöht die zu Grunde liegende Blockchain-Technologie die Sicherheit gegen Hackerangriffe oder Unwetter-Szenarien, da Transaktionsdaten kryptographisch auf mehreren, miteinander synchronisierenden Computern, gespeichert werden. Kunden müssten auch nicht mehr befürchten, eventuell ihr Geld zu verlieren, wenn ihre Hausbank in Schieflage gerät, denn Zentralbanken können in der Regel nicht Pleite gehen – sie sind es ja, die das Geld „drucken“ und den Geschäftsbanken unter bestimmten Voraussetzungen zur Verfügung stellen.

Digitaler Euro: Daten hinterlassen Spuren

Hinter dem digitalen Euro stehen Daten und diese hinterlassen Spuren. Hinzukommt: eine Blockchain vergisst nichts, denn „Blockchains sind fälschungssichere, verteilte Datenstrukturen, in denen Transaktionen in der Zeitfolge protokolliert, nachvollziehbar, unveränderlich und ohne zentrale Instanz abgebildet sind“ (BaFin). Diese Transparenz ist für Zentralbanken sowie Regierungen ein enormer Vorteil. Alle Zahlungsströme können verfolgt und kontrolliert werden. Das macht Geldwäsche fast unmöglich und unter Umständen könnten Konteninhaber gar auf eine schwarze Liste gesetzt werden. Für den einen ist es transparent, für den anderen gläsern. Für den einen ist es Kontrolle, für den anderen Überwachung. Manchmal ist beides nur ein Schritt voneinander entfernt. So kann aus Kontrolle schnell Überwachung werden.

Bestes Beispiel ist dafür bisher China mit ihrem Sozialkreditsystem (Social Scoring)-Projekt. Kurzum, wer positiv auffällt, bekommt Pluspunkte, wer negativ auffällt, bekommt Abzug von seinem Punkte-Konto. Das Problem: Was „gut“ und „schlecht“ ist, legt die Regierung fest. Der Punktestand entscheidet, ob jemand mit Vorteilen, wie kostenlosem Parken oder mit Einschränkungen wie der Unmöglichkeit ein Flugticket zu bezahlen, zu rechnen hat. Summa summarum, Jürgen Wechsler, Ex-Investmentbanker, fasste das Ganze treffend zusammen: „Wer gedacht hat, das Internet hat die Welt verändert, war im Kindergarten. Jetzt kommen wir ins richtige Berufsleben rein, mit den Veränderungen der digitalen Zentralbankwährungen und der kompletten Umstellung des Geldsystems“.

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