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Forscher in Spanien: Insekten in Lebensmitteln nicht ohne Risiken für Gesundheit

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Von: Daniela Schlicht

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Viele Hausgrillen auf einem Haufen
Forscher aus Spanien weisen auf Risiken beim Verzehr von Insekten für die Gesundheit hin. ©  pxhere.com

In Spanien und in der EU darf nun die Hausgrille Lebensmitteln zugeführt werden. Spanische Forscher warnen jedoch vor Risiken für die Gesundheit.

León/Brüssel – Insekten in Lebensmitteln sind zurzeit nicht nur in Spanien, sondern in vielen Teilen Europas ein Thema, auch unter Forschern und Experten, nachdem die EU-Kommission am 3. Januar 2023 die Durchführungsverordnung 2023/5 zur „Genehmigung des Inverkehrbringens von teilweise entfettetem Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille) als neuartiges Lebensmittel“ veröffentlicht hat. Am 23. Januar ist diese in Kraft getreten. Damit gibt es in der EU derzeit vier zugelassene Insekten für den Lebensmittelbereich: neben der Hausgrille die Larve des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus), Mehlkäfer (Tenebrio molitor) und Wanderheuschrecke (Locusta migratoria). Acht weitere Anträge werden noch geprüft. Ein Forscher-Team aus Spanien führt nun neben Vorteilen auch Risiken für die menschliche Gesundheit an. Die spanischen Wissenschaftler fordern weitere Untersuchungen.

Lebensmittel mit Insekten: Forscher aus Spanien zu Vorteilen, aber auch gesundheitlichen Risiken

In Spanien und EU-weit dürfen Insekten in Lebensmitteln wie unter anderem Brot, Nudeln, Chips oder Fleischzubereitungen enthalten sein - sie gelten unter Experten und Forschern als alternative Proteinquelle der Zukunft. Von Risiken für die Gesundheit ist dabei kaum die Rede. Im Falle der Hausgrille hatte eine vietnamesische Firma namens Cricket One Co. Ltd einen Antrag bei der EU-Kommission gestellt, dem, wie bereits erwähnt, kürzlich stattgegeben wurde. In der Durchführungsverordnung heißt es unter Punkt Drei: „Der Antrag betraf die Verwendung von teilweise entfettetem Pulver aus ganzen Acheta domesticus (Hausgrillen) in Mehrkornbrot und -brötchen, Crackern und Brotstangen, Getreideriegeln, trockenen Vormischungen für Backwaren, Keksen, trockenen gefüllten und ungefüllten Erzeugnissen aus Teigwaren, Soßen, verarbeiteten Kartoffelerzeugnissen, Gerichten auf Basis von Leguminosen und Gemüse, Pizza, Erzeugnissen aus Teigwaren, Molkenpulver, Fleischanalogen, Suppen und Suppenkonzentraten oder -pulver, Snacks auf Maismehlbasis, bierähnlichen Getränken, Schokoladenerzeugnissen, Nüssen und Ölsaaten, Snacks außer Chips sowie Fleischzubereitungen für die allgemeine Bevölkerung.“ Eine Liste mit den Lebensmitteln, in denen Insekten verarbeitet werden dürfen, hat heidelberg24.de zusammengefasst.

Pro und Contra zu Insekten in Lebensmittel gibt es von einem Forscher-Team der Fakultät für Veterinärmedizin der Universität León in Spanien - Carlos Alonso Calleja, Camino González Machado, David Jiménez De Juan und Rosa Capita González. Laut dem Portal agrodiario.com hat das Experten-Team seine Bedenken geäußert, was den Verzehr von Insekten betrifft. Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass er Risiken für die Gesundheit bergen könne und dass weitere Untersuchungen erforderlich seien, bevor die Aufnahme von Insekten in die Nahrungskette zur Norm werde. Auf der anderen Seite lobten die Wissenschaftler Insekten als eine nachhaltigere, umweltfreundlichere und kostengünstigere Quelle für hochwertiges Eiweiß, essenzielle Fettsäuren und Mikronährstoffe. Ebenso seien Insekten vielseitig einsetzbar, da sie zu Pulver verarbeitet werden können, was auch die Abneigung der Verbraucher vor dem Verzehr verringern würde. Vielleicht werden Insekten ja in einer künftigen überarbeiteten Ausgabe des Billig-Kochbuchs aus dem Ministerium aufgeführt werden?

Spanische Forscher zu Insekten in Lebensmitteln: Risiken für die Gesundheit wegen Chitin und Allergien

Das Forscher-Team aus Spanien nennt diverse Risiken für die Gesundheit des Menschen beim Verzehr von Insekten in Lebensmitteln. So enthalten Insekten sogenannte Antinährstoffe wie Chitin, aus denen ihre Außenskelette (Exoskellete) bestehen. Chitin gilt in der Regel als schwer verdaulich. Allerdings ruft der AFP-Faktencheck zur Behauptung „Chitin aus Insekten kann nicht verdaut werden und ist schädlich“ zur „Vorsicht vor irreführenden Beiträgen zum Verzehr von Insekten“ auf. Als Antinährstoffe werden Stoffe bezeichnet, die die maximale Verwertung der mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffe einschränken. Die Forscher erwähnen auch Phytate (Phytinsäure) und Oxalate, sogenannte Chelatbildner. Diese verringern unter anderem die Aufnahme von Mineralstoffen wie Kalzium, Zink, Mangan, Eisen und Magnesium im menschlichen Körper.

Außerdem sollte, so die Forscher aus Spanien, der Verzehr von ‚krypto-toxischen‘ Insekten (einige Käferarten) vermieden werden, da diese Steroidhormone enthalten, wie Testosteron. Ein dauerhafter Verzehr dieser Insekten kann zu Risiken wie Wachstumsstörungen, Hypofertilität, Vermännlichung bei Frauen, Ödemen, Gelbsucht und Leberkrebs führen. Eine Gefahr „unbekannten Ausmaßes“ für die Gesundheit seien vor allem aber Allergien. Viele Arthropoden können bei empfindlichen Personen allergische Reaktionen auslösen, vor allem bei Menschen, die bereits auf Krebstiere und Hausstaubmilben allergisch reagieren. Auch Deutschlandfunk Nova führte im Beitrag „Darum sind Lebensmittel aus Insekten nicht erlaubt“ vom Mai 2016 Allergien auf. Genaugenommen heißt es dort: „Insekten enthalten allergene Strukturen, die Allergien bis zum anaphylaktischen Schock auslösen können.“

Insekten in Lebensmitteln sind in der EU und damit in Spanien kennzeichnungspflichtig

Lebensmittel, die Insekten enthalten, sind in der EU und damit auch in Spanien kennzeichnungspflichtig. Laut der neuen EU-Regelung wird man auf der Zutatenlisten einen Hinweis in folgender Form, am Beispiel der Hausgrille, vorfinden: „...teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille)“. Das heißt, neben dem Namen muss auch die lateinische Bezeichnung der Insektenart angegeben werden und es muss für den Verbraucher erkennbar sein, in welcher Form die Insekten verarbeitet wurden, also, wie in diesem Beispiel, als Pulver.

Ein Mann bietet in einem Imbiss Insekten ganz und als Zutat in Lebensmitteln an.
Insekten als Zutat oder als Snack werden in Spanien bereits angeboten: Hier in Valencia. © Daniela Schlicht

Da beim Verzehr von Insekten unter anderem Allergien ein Risiko für die Gesundheit darstellen können, wie auch die Forscher aus Spanien anmerken, sind Allergiehinweise bei Lebensmitteln Pflicht. So heißt es auf der Webseite der Europäischen Union in einer Pressemitteilung vom 19. Januar 2023 mit dem Titel „Insekten in Lebensmitteln: die Fakten“: „Die Kennzeichnung der Lebensmittel, die teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille) enthalten, muss mit dem Hinweis versehen sein, dass diese Zutat bei Verbrauchern, die bekanntermaßen gegen Krebs- und Weichtiere und Erzeugnisse daraus sowie gegen Hausstaubmilben allergisch sind, allergische Reaktionen auslösen kann.“ Dieser Hinweis muss in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste angebracht werden.

Insekten in Lebensmitteln: Gesundheitliche Risiken wegen der Massenproduktion

Auf gesundheitliche Risiken und andere Bedenken zu Insekten in Lebensmitteln macht nicht nur das Forscher-Team aus Spanien aufmerksam, sondern vor einigen Jahren auch Professor Dr. Wilhelm Windisch vom Lehrstuhl für Tierernährung an der TU München, wie Welt online in dem Artikel „Warum Insekten nicht unser neues Fleisch werden“ berichtete: „Wenn man Insekten im industriellen Maßstab züchtet, bedeutet das Abermillionen von Tiere auf engstem Raum – was den Einsatz von Medikamenten sehr wahrscheinlich macht. Wir wissen nicht, von welchen Krankheiten diese Tiere alle befallen werden und welche Hygieneprobleme wir uns bei einer Massenproduktion einfangen“, sagte Professor Windisch gegenüber der Zeitung.

Etwas ausführlicher in puncto Massenproduktion von Insekten als/für Lebensmittel ist die Tierschutzorganisation Peta. Auf ihrer Webseite heißt es: „Durch die Haltung Tausender Tiere auf engstem Raum sind Insekten genauso wie andere Tiere besonders anfällig für Krankheiten und den Befall durch Viren, Bakterien, Pilzen, aber auch Parasiten wie Würmer. Dadurch birgt die Zucht von Insekten in jedem Fall ein Zoonose- und damit Pandemierisiko, nicht zuletzt, da Insekten als sogenannte Vektoren fungieren – sprich lebende Organismen, die Krankheitserreger auf andere Tiere und den Menschen übertragen können.“ Des Weiteren macht die Tierschutzorganisation darauf aufmerksam, dass es bei dieser Form von Massentierhaltung keinerlei Haltungsvorschriften gäbe sowie keine klaren Regelungen zum Einsatz von Antibiotika und Fungiziden gegen Pilzbefall.

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