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Wetter in Spanien: Bilanz eines regenreichen Wochenendes

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Von: Stephan Kippes, Anne Thesing

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Unwetterschäden an Stränden.
Die Unwetter hinterlassen an vielen Stränden Spaniens ihre Spuren. © dpa

Bei starken Regenfällen an der Costa Cálida kam am vergangenen Wochenende ein Mensch ums Leben, Pego an der Costa Blanca verzeichnete Rekordregenmengen. Unwetterwarnungen hatte es schon seit Tagen gegeben.

Update: Montag, 26. September, 10.20 Uhr: Diesmal haben sich die Wettervorhersagen, zumindest an Teilen der Costa Blanca und auch an der Costa Cálida, bestätigt. Die schlimmste Meldung kam in der Nacht von Sonntag auf Montag aus Javalí Viejo, einem Vorort von Murcia. Die Leiche eines Mannes wurde 300 Meter von seinem Haus entfernt gefunden, nachdem Wassermassen in das Wohnhaus eingedrungen waren und ihn offenbar mitgerissen hatten. Weitere Personen konnten gerettet werden, das Wasser riss Möbel und Gegenstände mit, parkende Autos schlugen gegeneinander.

Bereits am Sonntag waren an der Costa Cálida vor allem Cartagena, Torre Pacheco, Los Alcázeres, Mazarrón und Murcia von den Unwettern betroffen. In Los Alcázares fielen über 100 Liter Regen, Sedimente wurden ins Mar Menor geschwemmt und färbten es braun. Im Gebiet von Cartagena, wo die Alarmstufe Rot verhängt worden war, fielen 46 Liter, mehrere Straßen mussten gesperrt werden.

Wetter in Spanien: Alarmstufe Rot im Norden der Costa Blanca

Alarmstufe Rot wegen heftiger Regenfälle verhängte der Wetterdienst Aemet am Sonntagnachmittag und bis zum Montagmorgen auch in der Marina Alta im Norden der Costa Blanca. Rekordmengen an Regen verzeichnete hier bereits am Sonntagabend Pego. 210 Liter pro Quadratmeter registrierte die Ambra-Wetterstation. Seitdem die Station vor 20 Jahren Daten aufnehme, sei diese Menge noch nicht gemessen worden, so der örtliche Wetterdienst Meteopego. In der Region Valencia ist Pego damit der Ort, an dem am Sonntag am meisten Regen fiel, zu schwereren Zwischenfällen kam es trotz der Wassermassen nicht.

Ein wahrer Wasserfall stürzte in Dénia am Sonntagabend gegen 23 Uhr vom Himmel. Der Regen war kurz, aber heftig, und hinterließ in Dénia, so wie man es hier gewohnt ist, zahlreiche überschwemmte und auch gesperrte Straßen. Über 80 Liter wurden bis Montagmorgen gemessen. In der Nacht zum Montag regnete es außerdem heftig in Jávea (bis zu 65 Liter) und Ondara (33 Liter), weitere 24 Liter fielen in Pego.

Für Montagmorgen wurde in der Marina Alta die Alarmstufe statt wie zunächst geplant auf Orange „nur“ noch auf Gelb heruntergestuft. Alarmstufe Gelb wegen starker Regenfälle gilt bis Montagabend auch am Rest der Costa Blanca und der Costa Cálida.

Erstmeldung: Samstag 24. September, 12.40 Uhr: Alicante – In Meeren wie Bergen wächst in Spanien ein Gefahrenpotential, das wie Zündstoff für Naturkatastrophen wirken kann. In den Wäldern fungiert das trockene Unterholz als Brandbeschleuniger, im Meer feuern hohe Wassertemperaturen schlimme Unwetter wie Herbststürme, Hagelschauer und Tornados an, die vor allem im September und Oktober zu sintflutartigen Niederschlägen und Überschwemmungen führen können.

Wetter in Spanien: Lokale Unwetter in Katalonien in angespannten Großwetterlage

In diese Großwetterlage passten die schweren Niederschläge, die Freitagabend und in der Nacht zum heutigen Samstag über Katalonien und insbesondere bei Tarragona niedergingen. In den Straßen am Strand von L‘Arrabassada schwammen Autos, im Camp de Tarragona gingen bis zu 117 Liter auf den Quadratmeter binnen weniger Stunden nieder und die Behörden warnten die Bevölkerung davor, das Haus zu verlassen und baten inständig, nicht mit dem Auto in der Nähe einiger Flüsse wie dem Francolí oder Gaià sowie den Barrancos im Gebiet Costa Sud zu fahren. Seit 13 Jahren hat dieses Gebiet keine vergleichbaren Niederschläge mehr erlebt.

Die Wetterfront wander am heutigen Samstag gen Süden über die Balearen und die Region Valencia. Für Samstag gelten die Warnstufen Gelb und Orange aufgrund der zu erwartenden Regenfälle im Süden der Region Valencia inklusive der nördlichen Costa Blanca – vor allem Dénia und den Kreis Marina Alta - und dem Inland der Provinz Castellón sowie in Katalonien im Großraum Barcelona. Auch für die Balearen hat das Wetterinstitut die Warnstufe Gelb ausgerufen, für Menorca und die nördliche Küste Mallorcas sogar Orange. Auch am Sonntag soll es im Süden der Region Valencia, in Murcia und Almería sowie auf den Balearen regnen. Mit diesen Niederschlägen sinken auch die Temperaturen in Spanien und vor allem im Norden des Landes. Es wird herbstlich.

Wetter in Spanien: Kanaren rechnen mit Ausläufern eines atlantischen Tropensturms

Am heutigen Samstag rüsten sich die Kanaren für die Ankunft von Ausläufern des atlantischen Tropensturms Hermine, der für dieses Wochenende und Montag die Behörden in höchste Alarmbereitschaft angesichts der zu erwartenden Niederschläge, Überschwemmungen und Stürme versetzt hat. Der staatliche Wetterdienst rechnet mit Niederschlägen von bis 150 Litern pro Quadratmetern auf Gran Canaria und den westlich gelegenen Inseln der Kanaren. Der Wetterdienst Aemet warnt die Bevölkerung vor der Gefahr, die von diesem Unwetter ausgehen kann. „Das Risiko von Überschwemmungen ist sehr hoch“, sagte Aemet-Sprecher Rubén del Campo. Seit Tagen säuberten Arbeiter Flussläufe und Abflüsse, damit das Wasser möglichst ungehindert ablaufen kann. Der Schulunterricht fällt am Montag aus.

Die Wetterberichte prognostizieren generell einen trockenen Herbst in Spanien, die Dürre wird sich weiter verschlimmern, die Stausee-Pegel sinken wohl unter die 35 Prozent. Ein Gota-Fría-Unwetter kommt aber wie aus dem Nichts und kann binnen 24 oder 48 Stunden alle Prognosen und Hochrechnungen über den Haufen werfen. So haben die örtlich schweren Niederschläge vom vergangenen Wochenende etwa in Calpe und Benissa, wo ein Ortspolizist in einem Fluss tödlich verunglückt ist, die Meteorologen auf völlig kaltem Fuß erwischt. Auch an diesem Wochenende gilt die Wetterlage als instabil.

Auch deshalb machen dem Professor für Geographie, Jorge Olcina, Überschwemmungen derzeit mehr Sorgen als die anhaltende Trockenheit. „Die hohe Wassertemperatur des Meeres gibt mehr Anlass zu Befürchtungen, wegen der Auswirkung, die sie haben kann, falls sich in einem Gebiet eine Gota-Fria bildet,“ meint der Chef des Klimaforschungsinstituts der Universität Alicante.

Wetter in Spanien: Wie sich eine Gota Fría zusammenbraut

Der Irrglaube sei weit verbreitet, dass Hitzewellen und hohe Meerestemperaturen die Gota Fría an die Küste bringen. „Hohe Meerestemperaturen lösen sie nicht aus, sie verstärken aber die Intensität der Niederschläge“, meint er.

Dieses Unwetter – zu Deutsch Kaltluftropfen – braucht kühle Luft in den höheren Sphären – etwa 5.000 Meter – und die von Osten kommenden Levante-Winde. Die aufsteigende feucht-warme Meeresluft liefert dem explosiven Gemisch die Munition für verheerende Unwetter und Überschwemmungen, die häufig im Herbst und Winter über Katalonien, Valencia, Murcia und Andalusien mit 200 Litern auf den Quadratmeter und mehr niedergehen. Dana nennen Spanier das Wetterphänomen. Das steht für Depresión Aislada en Niveles Altos, was soviel wie ein isoliertes Tiefdruckgebiet in hohen Schichten ist.

Die hohen Meerestemperaturen haben diesen Sommer alle Rekorde gebrochen, wie so viele andere Wetterphänomene. Die 30 Grad Wassertemperatur liegen weit über den Durchschnittswerten von 26 und 27 Grad. Wasser kühlt langsamer ab als Luft, zumal aufgrund der schwachen Winde in diesem Sommer der Austausch zwischen den kühleren, tieferen Wassermassen mit denen an der wärmeren Oberfläche kaum stattfindet.

An Land hat die Entwicklung zur Folge, dass es im Sommer auch nachts recht tropisch zugeht, die Temperatur nicht mehr unter 25 Grad fällt und die pappig-schwüle Luft zu stehen scheint. Und dass das Klima damit vielen Menschen gesundheitliche Beschwerden bringt, angefangen bei unruhigen Schlaf, Atem- und Kreislaufbeschwerden. „Wir werden mindestens bis Mitte Oktober Wassertemperaturen über 22 Grad haben, was ein hohes Risiko ist, wenn die stabile Wetterlage sich ändert“, meint Olcina. Für ihn ist das nicht überraschend. Seit 1980 verfolgen Wissenschaftler einen Anstieg der Meerestemperatur um 1,4 Grad. „Der Anstieg ist doppelt so hoch wie der der Lufttemperatur im Mittelmeerraum“, meint Olcina. Kaum ein anderes Meer legt bei den Temperaturen so schnell zu wie das von Land fast umschlossene Mittelmeer.

Wie wenige andere Wissenschaftler mahnt Olcina Jahr für Jahr Gemeinden und Behörden, ihre Infrastrukturen für die Herbststürme zu rüsten, die Flussläufe von Schilf und Unkraut zu säubern und die Kapazitäten zu schaffen, um möglichst viel Regenwasser auffangen zu können. „Es gibt einige Städte wie Alicante, Benidorm oder Calpe, die wirklich in Hochwasserschutz investiert haben und investieren. Andere haben kaum etwas unternommen, da ist noch viel zu tun“, meint Olcina. „Die Rathäuser müssen sich bewusst machen, dass der Klimawandel sie vor große Herausforderung stellt und stellen wird.“Dazu gehört auch der Anstieg des Meeresspiegels, der Hochrechnungen zufolge zur Jahrtausendwende bei einem Meter liegen könnte. Man muss sich nur die Szenarien etwa für Dénia und den „günstigsten Fall“ ansehen, die Avenida Joan Fuster stünde praktisch unter Wasser, das Gebiet um die Avenida Miguel Hernández auch, Las Marinas gliche Atlantis.

Hohe Wassertemperaturen im Mittelmeer: WWF warnt vor Artensterben und Invasoren

Die höhere Meerestemperatur hat nicht nur Auswirkungen auf das Klima, sondern auch auf die maritime Flora und Fauna. Jüngst hat die Universität Alicante an einer im Wissenschaftsmagazin „Global Change Biology“ veröffentlichten Studie über Artensterben im Mittelmeer mitgewirkt, das mit dem Anstieg der Wassertemperaturen über 26 Grad und in Tiefen von bis zu 45 Metern in Verbindung gebracht wird.

Über 50 Arten verkraften diese Temperaturen und möglicherweise auch den damit einhergehenden höheren Salzgehalt aufgrund der Verdunstung nicht. Ausgerechnet Seegraswiesen und Korallen sterben ab, die in maritimem Ökosystemen wichtige Rollen spielen. Die Edle Steckmuschel und Schwämme drohen zu verschwinden und fremde Arten breiten sich im immer tropischer wirkenden Mittelmeer aus – darunter Schwärme von Kaninchenfischen, die im wahrsten Sinne des Wortes alles bis auf den nackten Felsen abgrasen und der Feuerfisch – jedes Exemplar ein echter Serienkiller.

Beide Arten dezimieren laut dem Umweltverband WWF maritime Fauna massiv und zählen zu den 1.000 Arten, die wärmere Wassertemperaturen angeschwemmt haben. Das höhere Vorkommen von Quallen gilt als ein weiteres Phänomen des Klimawandels im Mittelmeer. „Die ökologischen Auswirkungen, die mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht werden, bedeuten eine Bedrohung sondergleichen für die Gesundheit und die Funktion der Ökosysteme im Mittelmeer“, meint Forscherin Cristina Linares, die an der Studie mitgewirkt hat. Wie an Land gelten diese Hitzewellen nicht mehr als Ausnahmeerscheinungen, sondern als „eine neue Normalität“.

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