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Juan Carlos I. Flucht aus Spanien: Ex-König von Skandalen und Justiz verfolgt

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Von: Marco Schicker

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König Juan Carlos winkt von einem Balkon vor einem Gemälde.
Kein Gruß für das Volk: Am 3. August hat Spaniens Ex-König Juan Carlos I. fluchtartig Spanien verlassen. © EFE/Ismael Herrero

Spaniens Ex-König und früheres Staatsoberhaupt Juan Carlos I. hat Hals über Kopf am Montag das Land verlassen. Für viele ist es eine Flucht vor den Ermittlungen wegen Geldwäsche und die Skandale um Konten in Steueroasen. Seinem Sohn, König Felipe VI., hinterlässt er einen kurzen Brief. Für seine Untertanen gibt es kein Wort des Abschieds.

Update, 17. August: Spanisches Königshaus bestätigt neuen Aufenthaltsort von Juan Carlos I.

Update, 6. August, 9:00 Uhr: König Felipe VI. soll Juan Carlos mit Entziehung der Immunität gedroht haben. Abreise war mit Regierung abgesprochen.

Update, 4. August, 20:00 Uhr: Ex-König Juan Carlos I. soll sich in der Karibik, in der Dominikanischen Republik aufhalten. Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez stellt vor der Presse klar: Monarchie und König stehen nicht zur Debatte. Alles zum Aufenthaltsort von Juan Carlos und den ersten Reaktionen in Spanien.

Erstmeldung, Madrid - Spaniens ehemaliger König, Juan Carlos I., hat am Montagnachmittag, 3. August, seinem Sohn, König Felipe VI., in einem Brief mitgeteilt, dass er "die Entscheidung getroffen hat, Spanien umgehend zu verlassen". Seinen Wohnsitz im Palacio de la Zarzuela, wo er 58 Jahre lang lebte, habe er bereits geräumt. Er tue das, laut Kommuniqué, "wegen der öffentlichen Wirkung" der Meldungen und Ermittlungen über seine ausländischen Konten und, um "damit dazu beizutragen", dass sein Sohn und Nachfolger als König und Staatsoberhaupt Spaniens, Felipe VI., seine Funktionen "in Ruhe ausüben" könne.

KönigJuan Carlos I. von Spanien
EhefrauSofía von Griechenland (seit 1962)
Geburtsdatum5. Januar 1938 (Alter: 82 Jahre), Rom
Abdankung18. Juni 2014
GeschwisterAlfonso de Borbón, Pilar de Borbón, Margarita de Borbón
KinderFelipe VI. von Spanien, Cristina de Borbón, Elena de Borbón

Ex-König Juan Carlos verlässt Spanien Hals über Kopf

Spanien war ja einiges gewohnt, doch die Flucht des Ex-Königs schlug dennoch ein wie eine Bombe. Am Montagabend laufen auf allen wichtigen TV-Kanälen in Spanien Sondersendungen: Wo ist der König? Warum ist er geflohen? Wurde er zu Unrecht beschuldigt?

Das Spanische Königshaus hat das Schreiben des 82-jährigen ehemaligen Königs Juan Carlos am Montagnachmittag auf seiner Webseite publiziert, die dann sofort abstürzte. Geradezu ironisch liest sich die erscheinende Fehlermeldung, die ein wenig an die Abbitte erinnert, die Juan Carlos I. wegen seines Fehltritts mit der Elefantenjagd in Botswana in die Kameras sprach: "Wir arbeiten daran, Ihnen zukünftig einen besseren Service bieten zu können. Entschuldigen Sie die Unnanehmlichkeiten." (siehe Screenshot).

Screenshot der abgeschalteten Webseite des spanischen Königshauses.
Die Webseite des Spanischen Königshauses ging nach der Ankündigung der Flucht von Juan Carlos I. in die Knie. Die Fehlermeldung ist unfreiwillig komisch: „Wir arbeiten daran, einen besseren Service zu bieten. Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten“. © Screenshot/Casa Real

Die Erklärung von Spaniens Ex-König Juan Carlos I. zu seinem Exil im Wortlaut

„Majestät, lieber Felipe, mit dem gleichen Bestreben, Spanien zu dienen, das auch meine Herrschaftszeit inspirierte und wegen der öffentlichen Wirkung, die verschiedene Bekanntgaben über mein früheres Privatleben zeitigen, wünsche ich, meine absolute Bereitschaft kundzutun, dir die Ausübung deiner Ämter mit aller Ruhe möglich zu machen, da sie deine höchste Verantwortung erfodern. Mein Vermächtnis und meine Würde als Person, erfordern dies von mir“, heißt es wörtlich übersetzt in dem Abschieds-Schreiben des ehemaligen Königs Juan Carlos I.

Weiter schreibt Juan Carlos I. zu seiner Flucht aus Spanien: „Vor einem Jahr drückte ich Dir meinen Willen und Wunsch aus, keine institutionellen Verpflichtungen mehr ausüben zu wollen. Jetzt, geführt von der Überzeugung, den Spaniern, den Institutionen und Dir als König einen guten Dienst zu erweisen, teile ich Dir meine wohlüberlegte Entscheidung mit, in diesem Moment Spanien zu verlassen. Die Entscheidung treffe ich tief bewegt, aber mit großer Gelassenheit. Ich bin 40 Jahre lang König von Spanien gewesen und in all dieser Zeit habe ich immer das beste für Spanien und die Krone gewollt.

In ewiger Treue,

In Liebe und stets ergeben, Dein Vater." (Übersetzung: CBN)

Felipe VI. ließ über seinen Hofsprecher ausrichten, dass der Sohn die Entscheidung "dankbar respektiert" und an die "historische Wichtigkeit der Regentschaft seines Vaters" erinnert, in dessen "Dienst am Land und der Demokratie".

Aufenthaltsort von Juan Carlos unbekannt - Königin Sofia angeblich in Spanien geblieben

Ob, wann sowie wohin Juan Carlos Spanien bereits verlassen hat, ist zur Stunde nicht bekannt. Ebensowenig, ob seine Frau Sofía ihn begleitet. Gegen 20 Uhr tickerte es auf dem Fernsehsender LaSexta, dass Ex-Königin Sofia angeblich „in der Zarzuela an der Seite ihres Sohnes Felipe VI. weilt.“

Die Schweiz als Exil wäre für Juan Carlos I. zwar nahe liegend, weil dort große Teile des privaten Vermögens des Ex-Monarchen vermutet werden, allerdings ermittelt die Eidgenössische Staatsanwaltschaft seit 2018 gegen Juan Carlos de Borbón. Sie hat den Ärger, vor dem Juan Carlos jetzt flieht, überhaupt erst losgetreten. Juan Carlos´ Rechtsanwalt ergänzte dessen knappen Abschiedsbrief an seinen Sohn, in dem er sich mit keinem Wort an das spanische Volk wendet, um eine Erklärung, wonach Juan Carlos der Staatsanwaltschaft weiterhin für etwaige Anfragen zur Verfügung stünde.

Wo ist Spaniens Ex-König Juan Carlos? In der Schweiz ist sein Geld, aber dort wird auch ermittelt

Juan Carlos Gang ins Exil ist der letzte, dramatische Höhepunkt der Saga um das einstige Oberhaupt der Bourbonen. Am 15. März, nur Tage nach Ausrufung des Coronavirus-Notstandes in Spanien, sagte sich Felipe VI. offiziell vom potentiellen Erbe seines Vaters los und strich ihm die jährliche Apanage von knapp 200.000 Euro. Der Grund: Felipes Name und sogar der seiner zwei Töchter, darunter Thronfolgerin Eleonor tauchten als Begünstigte in den Papieren einer Stiftung auf, in der offenbar Schmiergeld aus Saudi-Arabien an Juan Carlos I versteckt worden war.

Richtig ins Rollen kam die Sache 2018, als die Kripo in der Schweiz auf Anweisung des Staatsanwalts Yves Bertossa eine Hausdurchsuchung beim Vermögensverwalter von Juan Carlos, Arturo Fasana, vornehmen ließ. Dabei stieß man auf die Konten zweier Stiftungen, eine in Liechtenstein namens Zagatka auf den Namen des entfernten Cousins Álvaro de Orleans, von der Rechnungen für private Ausschweifungen Juan Carlos bezahlt worden sein sollen sowie eine zweite namens Lucum, die direkt Juan Carlos I. zugeordnet werden kann und in der auch Felipe als Begünstigter aufscheint.

Erst im März 2020 erfuhren die spanische Öffentlichkeit und die Behörden davon - aus der britischen Presse - begleitet von Aussagen der Ex-Freundin von Juan Carlos I, Corinna Larsen (geschiedene Sayn-Wittgenstein), über Geldgeschenke von bis zu 65 Millionen Euro an sie und anschließenden Druck von spanischen Geheimdiensten und diffusen Mittelsleuten.

Schmiergeld von Saudi-Arabien wird Juan Carlos zum Verhängnis

Das spanische Königspaar schaut in Gijon einem Boot auf dem Meer hinterher.
Sag zum Abschied leise Adiós: Ein kurzer Brief und weg war Juan Carlos I. Zurück lässt er seinen Sohn, Felipe VI. als König und Staatsoberhaupt Spaniens. Hier mit Königin Letizia in Gijón. © Casa Real

Die Schweizer kamen darauf, dass der Vermögensverwalter von Juan Carlos, Fasana, im August 2008 hundert Millionen Dollar (damals rund 64,8 Millionen Euro) mit der Herkunft „Finanzministerium Saudi Arabien“ bei der Privatbank Mirabaud eingezahlt habe und danach unter anderem auf die Bahamas, an Larsen und an andere Scheinfirmen, in Grundstücke in Marokko und der Karibik usw. verteilt haben soll. Bei der Summe soll es sich um eine „Provision“ der Scheichs für den Bau des AVE von Medina nach Mekka durch spanische Firmen gehandelt haben. Der Oberste Gerichtshof in Madrid ermittelt wegen der mutmaßlichen Schmiergeldzahlungen*, wie merkur.de* berichtet.

Der Knackpunkt: Auch nach 2014, also nach seiner Abdankung und dem Rücktritt als Staatsoberhaupt von Spanien, könnte Juan Carlos mit Geldwäsche, Steuerbetrug und weiteren Delikten in Verbindung gebracht werden. Auch wenn Spanien darüber noch streitet, ob die Immunität des Königs lebenslang gilt, in der Schweiz ist er ein Bürger wie jeder andere auch.

Vom Exil ins Exil: Lebenskreis von Juan Carlos schließt sich

Mit der Flucht aus Spanien schließt sich der dramatische und nun tragische Lebenslauf von Juan Carlos I. Denn der Mann, der jetzt ins Exil geht, wurde auch im Exil, in Rom, geboren und kam über die Schweiz und Portugal als Ziehsohn von Diktator Franco nach Spanien. Mit Francos Tod wurde König Juan Carlos eine Stütze des Übergangs zur Demokratie, sein Einsatz beendete einen Putschversuch Anfang der 80-er Jahre im Keim. In späteren Jahren füllten Liebschaften, krumme Geldgeschäfte, ein luxuriös-skandlöses Jet-Set-Leben die Zeitungsspalten, bis er 2014 abtrat. *merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

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