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Benidorms Grundsteinleger: Geschichte eines Bürgermeisters, seiner Vespa und Bikinis

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Von: Judith Finsterbusch

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Zwei junge Menschen machen ein Selfie auf einer Aussichtsplattform hoch über einem Strand mit Hochhäusern.
Längst lebt Benidorm vom Tourismus. Den Stein ins Rollen brachte ab 1950 Bürgermeister Pedro Zaragoza Orts. © David Revenga

Wie wurde aus dem Fischerdorf Benidorm eigentlich eine Tourismus-Hochburg mit Wolkenkratzern? Pedro Zaragoza Orts hieß der Bürgermeister, der den Stein ins Rollen brachte. Jetzt wäre er 100 Jahre alt geworden.

Benidorm – Ohne ihn wäre Benidorm heute nicht das, was es ist: eine mal mehr, mal weniger perfekt organisierte Tourismusfabrik an der Costa Blanca. Pedro Zaragoza Orts hieß der Bürgermeister, der in den 50er Jahren die Vision von der Touristenhochburg an Spaniens Mittelmeerküste hatte und den Stein dafür ins Rollen brachte. Zu seinem 100. Geburtstag hat Benidorm nun das Pedro Zaragoza Orts-Jahr ausgerufen.

Benidorms wichtigster Bürgermeister: Wie aus einem Fischerdorf ein Ferienziel wurde

Zum Auftakt brachte Bürgermeister Toni Pérez im Beisein von Zaragozas vier Kindern am 15. Mai einen Gedenkstein an, just an dem Brunnen auf der Plaza de la Hispanidad, um daran zu erinnern, dass Zaragoza einst dafür sorgte, dass Benidorm im Februar 1960 ans Trinkwassernetz angeschlossen wurde – ein Meilenstein für das damalige Dorf, das Touristen aus ganz Europa an die Costa Blanca locken wollte. Zaragoza selbst brachte deshalb bereits einen ähnlichen Stein am Brunnen im Parque de Elche an.

Pedro Zaragoza OrtsPolitiker
Geboren15. Mai 1922, Benidorm
Gestorben1. April 2008, Benidorm
AmtBürgermeister von Benidorm (1950-1967)

Als Zaragoza 1950 zum Bürgermeister ernannt wurde, war Benidorm noch eins von vielen Fischerdörfern an der Costa Blanca. Er kam aus einfachen Verhältnissen, sein Vater war Seemann, die Mutter starb früh, sodass er bei seiner Großmutter aufwuchs. Als junger Erwachsener schlug sich Zaragoza als Bergmann und als Kofferträger im Bahnhof von Madrid durch, bis er schließlich nach Benidorm zurückkam. Hier arbeitete Don Pedro bei der damaligen Sparkasse CAM, 1950 übernahm er das Bürgermeisteramt.

Der Bürgermeister und der Bikini: Sondergenehmigung für Benidorms Strände

Sofort begann Zaragoza, in Benidorm Straßen asphaltieren zu lassen, wenige Jahre später legte er einen Bebauungsplan vor – ein für die damaligen Verhältnisse moderner und revolutionärer Plan, mit dem sich Benidorm vom Fischerdorf zum Ferienziel entwickeln sollte. Die wohl am häufigsten erzählte Anekdote zu Pedro Zaragoza dreht sich jedoch nicht um einen Flächennutzungsplan, sondern um zwei Stücke Stoff. Zaragoza war zwar überzeugter Franco- und treuer Falange-Anhänger, doch er wusste auch, dass Benidorm mit erzkonservativen Strandregeln kaum aufgeklärte Touristen aus dem Norden Europas gewinnen würde: Pedro Zaragoza wollte die verbotenen Bikinis an den Stränden seiner Stadt sehen und erlaubte die zwei Stücke Stoff kurzerhand.

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Die Guardia Civil zeigte den Bürgermeister an, Valencias damaliger Erzbischof Marcelino Olaechea drohte, den rebellischen Kommunalpolitiker zu exkommunizieren. Don Pedro fackelte nicht lange, bat um eine Audienz bei Diktator Franco und fuhr schließlich auf seiner Vespa den langen Weg von Benidorm nach Madrid. Im Palast El Pardo bat er Franco höchstpersönlich um eine Sondergenehmigung für den Bikini – und er sollte sie bekommen.

Franco stets treu geblieben - Benidorms Bürgermeister Zaragoza studierte als Senior

Später verband Zaragoza und Francisco Franco eine enge Freundschaft, die Familie des Diktators soll Benidorm mehrfach besucht haben. Zaragoza selbst dachte weit über die Grenzen Spaniens hinaus, er bewarb Benidorm in ganz Europa, rief den berühmten Gesangswettbewerb Festival de la Canción ins Leben, aus dem Spaniens bekannte Schlagersänger Julio Iglesias oder Raphael hervorgingen. 17 Jahre lang sollte Zaragoza Bürgermeister von Benidorm bleiben, danach arbeitete er im Tourismusministerium. Mehrere Angebote, Posten während der Übergangszeit zwischen Diktatur und Demokratie zu übernehmen, schlug Zaragoza jedoch aus: Zu treu war er dem Franquismo.

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Zur Ruhe setzte sich Zaragoza aber auch nicht, der Tourismus blieb sein Steckenpferd: Im Alter von 82 Jahren schloss der ehemalige Bürgermeister sein Tourismus-Studium an der Universität Alicante ab. Am 1. April 2008 starb Benidorms wohl bekanntester Bürgermeister im Alter von 85 Jahren in der Stadt, in der er geboren wurde - und die er zu dem machte, was sie heute ist.

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