Drogen in der Hosentasche: Polizei in Spanien warnt vor Handy-Sucht
Selbst im Urlaub ist digitale Technik nicht mehr wegzudenken. Aber Vorsicht: Internet-Abhängigkeit ist auf dem Vormarsch und bedroht vor allem junge Nutzer.
Orihuela – Es ist ein Zeitalter der Süchte. Das weiß etwa die Polizei der Costa Blanca, wo die Drogen-Kriminalität für ständige Schlagzeilen sorgt. Doch in die Abhängigkeit stürzt sich die Gesellschaft, ob Urlaub oder Alltag, auch im Konsum ganz und gar legaler Dinge. So der Neuen Medien. Internet, Soziale Netzwerke, Smartphone, Videogames – all das schafft verborgene Sucht, und zwar schon bei sehr jungen Bürgern. Vor den digitalen Drogen in der Hosentasche warnte die Ortspolizei von Orihuela an Spaniens Mittelmeerküste neulich auf einer Tagung zur Prävention von süchtig machendem Verhalten. Einen besonderen, verstärkenden Faktor stellten die Experten dabei heraus: die Corona-Pandemie.
Costa Blanca: Drogen in Hosentasche - Polizei warnt vor Handy-Sucht
Selbstredend sind Internet und Neue Medien nicht zu reinen Drogen für die Hosentasche zu reduzieren. Natürlich bietet die Technologie des 21. Jahrhrunderts, siehe Mobile World Congress in Barcelona viele kreative Möglichkeiten, kann mit Funktionen wie PlantApp beim Naturerleben helfen oder sogar mit Meditations-Hilfen beim Abschalten vom Trubel des Alltags. Aber: Falsch und unkontrolliert angewandt, wird ein Handy gerade für ungeübte und junge Nutzer rasch zur Droge, selbst im Spanien-Urlaub. Die Polizei an der Costa Blanca warnt: Nicht mehr in verruchte Parks oder Hinterhöfe müssen Jugendliche sich begeben, um schädigenden Verlockungen ausgesetzt zu sein. Es reiche der Log-In ins Internet.
„Viele Male finden wir die Minderjährigen zu Hause, während ihre Eltern arbeiten und glauben, dass sie im Unterricht sind“, erklärt Antonio Ávalos, Koordinator der Polizei-Einheit gegen das Schule-Schwänzen (absentismo escolar). „Technologische Abhängigkeiten“, wie die Einheit sagt, habe es in Spanien und anderen Ländern zwar bereits vor der Corona-Pandemie gegeben. Allerdings hätten sie unter den Pandemie-Bedingungen, in denen Jugendliche große Teile des Unterrichts von zu Hause aus über den Bildschirm verfolgen mussten, zugenommen und sich zusätzlich verstärkt. Sogar bis hin zu Extremfällen, in denen Minderjährige ein ganzes Jahr nicht mehr im Unterricht präsent waren.
Im Netz der Droge: „Intelligente“ Ampeln ein Ausweg?
„Das ist die Situation, die wir derzeit immer häufiger vorfinden“, bestätigte bei der Veranstaltung zu digitaler Abhängigkeit in Orihuela auch Álvaro Botella, Psychologe der Sucht-Behandlungseinheit UPCCA, die mit Gesundheitsämtern zahlreicher Gemeinden in Spanien zusammenarbeitet. Direkt im eigenen Haus „in den Computern und Konsolen“ stecken die süchtig machenden Dynamiken. Es gebe zwar Fortschritte in der Behandlung der entsprechenden Fälle, sagt Polizei-Beamter Ávalos, aber oft gehe es nur noch darum, „Schlimmeres zu verhindern“. Das bedeutet: Jugendliche, die bereits der Sucht zum Opfer gefallen sind, sollen sich bei den zuständigen Einheiten melden und zumindest als Betroffene registriert und begleitet werden.

Während die UPCCA-Einheit präventiv wirkt, ist der bei der Tagung an der Costa Blanca ebenfalls vorgestellte Verein Renacer speziell für Menschen da, die sich von einer Abhängigkeit befreien wollen. In jedem Fall, so die Experten, sei bei der Bekämpfung der Süchte ein Vorgehen auf allen Ebenen nötig. Lehrer oder Eltern müssten unbedingt – und zwar bereits als Vorbilder – dienen. Aber was ist, wenn diese selbst bereits im Netz der Droge für die Hosentasche gefangen sind? Dann bleiben nur noch Lösungen wie in Torrevieja übrig: Dieses installierte neulich einen mutmaßlich „intelligenten“ Straßenübergang mit Ampel auf dem Boden – für Menschen, die selbst im Sinne ihrer eigenen Gesundheit nicht mehr vom Handy hochschauen können.