Vom Wischmopp bis zum U-Boot: Was in Spanien schon alles erfunden wurde

Spanien ist zwar nicht gerade führend, was Erfindungen angeht, hatte aber schon so manche bahnbrechende Idee. Seit ein paar Jahren sieht es allerdings mau aus mit spanischen Geistesblitzen.
Madrid - „Du siehst etwas und schaust, wie du es verbessern kannst.“ So bringt Manuel Matellán, Vorsitzender des Clubs spanischer Erfinder, das auf den Punkt, was am Anfang einer Erfindung steht. So war dem 1925 in Logroño geborenen Manuel Jalón offenbar ins Auge gefallen, dass Reinigungskräfte und Hausfrauen auf Knien rutschen und den Lappen per Hand im mit Chlorbleiche durchtränkten Wasser auswringen mussten, um den Boden wischen zu können. Er sah es und schaute, wie er es verbessern konnte. Die Idee, die er daraufhin hatte, umsetzte und über die Grenzen Spaniens hinaus auf den Markt brachte, war ein Wischmopp mit Baumwollfransen an einem Besenstiel, dazu ein Eimer mit Auswring-Vorrichtung – erst zwei Rollen, dann und bis heute ein trichterförmiges Sieb.
1958 gründete der gelernte Aeoronautik-Ingenieur, der übrigens neben dem Wischmopp auch noch die Einmal-Spritze entwickelte, das Unternehmen Manufacturas Rodex, bis 1989 verkaufte er mehr als 60 Millionen Wischmopps in der ganzen Welt. Eine Erfindung, „mit der er die Befreiung der Frau initiiert hat“, heißt es auf der Internetseite www.fregona.com, die die Geschichte des Wischmopps unter die Lupe nimmt. Er wolle „eine bescheidene Arbeit würdigen“, beschrieb Manuel Jalón seinerzeit die Idee hinter seinem Lappen am Stiel, mit dem er das Putzen revolutionierte und im damals noch sehr machistisch geprägten Spanien zu dem Mann wurde, der „den Frauen auf die Beine half“ – und später, mit zunehmender Gleichberechtigung, hoffentlich auch manch einem Mann. Vier Jahre nach seinem Tod im Jahr 2011 wurde Jalóns erster Wischmopp plus Eimer mit Holzrollen zum Auswringen für 500 Euro versteigert.
Wo bleiben die Ideen? Abwärtsspirale bei Erfindungen aus Spanien
Gerne hätte Manuel Matellán auch heute noch einen oder gleich eine Handvoll Manuel Jalóns in seinem Club de Inventores, der Erfinder auf dem Weg zum Patent begleitet und berät. Doch Erfindungen sind in Spanien zurzeit rar gesät, weiß er. Und selbst wenn Geistesblitze da wären: „Nur drei Prozent dieser Ideen haben Erfolg“, sagt Matellán.
Nach einer langsamen Abwärtsspirale seien die Jahre 2021 und 2022 regelrechte Debakel in Sachen Erfindungen gewesen. Insgesamt 1.233 Patente habe es 2022 in Spanien gegeben, das sind 25 Patente pro eine Million Einwohner und zehn Prozent weniger als 2021, wo auch schon neun Prozent weniger Patente als 2020 beantragt worden seien. Dazu kommt besagte Erfolgsquote von nur drei Prozent, die kaum jemanden motivieren dürfte, Energie und vor allem auch eine Menge Geld in die Entwicklung und Patentierung neuer Produkte zu stecken – was wiederum zu noch weniger Erfindergeistern mit guten Ideen führt.
Erfindungen und wirtschaftlicher Erfolg: Spanien nicht vorn dabei
Ein Kreislauf, der nicht nur den Namen Spaniens aus der Erfindergeschichte streicht, in der das iberische Land zwar im internationalen Vergleich nie brillierte, aber in der Vergangenheit dennoch einige kuriose und auch nützliche Einträge vorzuweisen hat. Vor allem aber ist es die Wirtschaft des Landes, der dieser Kreislauf in einer ohnehin schon komplizierten Situation schadet. Berühmtestes Gegenbeispiel: China. 2021 beispielsweise wurden in dem Land 1,5 Millionen Patente eingereicht, das entsprach fast der Hälfte der insgesamt 3,5 Millionen Patente weltweit. „China ist eine Weltmacht, weil es seine Technologie entwickelt hat“, sieht Matellán den direkten Zusammenhang zwischen Erfindungen und wirtschaftlichem Erfolg.
„Spanien dagegen rückt im Ranking der Weltmächte parallel zur Abnahme der Patente immer weiter nach hinten. Dabei sollte der Staat wissen: Eine Erfindung, sei sie noch so klein, erzeugt Reichtum, Arbeitsplätze und Wettbewerbsvorteile. Sie macht aus einem Import- ein Exportland.“ Trotzdem fehle es an Sensibilität und Unterstützung – in der öffentlichen Verwaltung, aber auch in Unternehmen und in der Gesellschaft. „Ein Erfinder gilt bei uns als verrückter Dummkopf, auch wenn er gute Ideen hat.“
Erfindungen und Ideen aus Spanien: Wischmopp, Dampfmaschine, U-Boot
Dabei sind es in der Geschichte Spaniens so einige, die das Gegenteil beweisen konnten. Nicht nur Manuel Jalón zählt dazu. Da ist zum Beispiel der 1553 bei Pamplona geborene Jerónimo de Ayanz Beaumont, der auch als spanischer Da Vinci bezeichnet wird. Seine herausragendste Erfindung war die Dampfmaschine zur industriellen Nutzung. Aber auch seine Taucherausrüstung mit wasserdichtem Anzug und einer Tauchglocke mit Schläuchen und Ventilen, die mit einem Blasebalg verbunden waren, der vom Ufer oder einem Schiff aus betätigt werden konnte, gilt als bahnbrechende Idee.
Das erste elektrisch betriebene, mit militärischen Torpedo-Vorrichtungen versehene U-Boot war 1888 eine Erfindung von Isaac Peral aus Cartagena. Den Traghubschrauber, Vorläufer des Hubschraubers, entwickelte 1923 Juan de la Cierva aus Murcia (1895-1936) und der zufällig im gleichen Jahr geborene Alejandro Goicoechea aus Bizkaia erfand den Talgo-Zug – ein Gliederzug in Leichtbauweise, der dank reduzierter Masse und besserem Bogenlauf auch auf kurvenreichen Straßen eine höhere Geschwindigkeit erlaubt. Bis heute verkehren Talgo-Züge nicht nur in Spanien, sondern in verschiedensten Ländern weltweit. Und 1935 hatte Emilio Herrera Linares die Idee für den ersten Prototypen des Astronautenanzugs.
Erfindungen aus Spanien: Ideen für den Alltag
Doch nicht nur die Welt der Ingenieure und Techniker profitierte von spanischen Erfindungen und Ideen, auch jeder Einzelne von uns dürfte, natürlich neben dem Wischmopp, schon manch eine Alltagserfindung aus Spanien in der Hand gehabt haben. Als Vater der spanischen Gitarre, eine Fortführung der 1779 erfundenen Mandoline, gilt Mitte des 19. Jahrhunderts Antonio Torres. Eine neue Form des Dosenöffners entwickelte 1906 José Valle Armesto. Den ersten Schachcomputer, bei dem eine Maschine mit Turm und König gegen einen Menschen antrat, der nur einen König hatte, erfand 1910 der kantabrische Ingenieur Leonardo Torres Quevedo.

Der von Braun gekaufte Minipimer Stabmixer geht auf das Unternehmen Pimer des spanischen Industriedesigners Gabriel Lluelles zurück, der den Bamix aus der Schweiz perfektionierte und 1959 auf den Markt brachte. Kinder freuen sich bis heute über die Erfindung des Lollis, Chupa Chups, auf dessen Idee 1959 der Konditor Enric Bernat aus Barcelona kam. Ein Gefühl wie „Süßigkeiten mit der Gabel essen“ sollte es sein, beschreibt das Unternehmen die Sternstunde des Chupa Chups’, der seitdem Zahnärzte zur Verzweiflung bringt und Kinderherzen höherschlagen lässt. „Ein Bonbon, ein Stiel und endlich keine klebrigen Finger beim Naschen“, so die Idee aus Spanien.
Tischfußball: Erfindung aus Spanien oder doch nicht?
Und wer weiß schon, dass der Kickertisch in Spanien sozusagen aus der Not geboren wurde, und zwar von dem galicischen Dichter und Erfinder Alejandro Campos, der sich 1937 als erster das Patent auf den Tischfußball gesichert haben soll. Die Idee entstand im Spanischen Bürgerkrieg. Nachdem er bei einem Bombenangriff unter Trümmern vergraben wurde und eine Beinverletzung davontrug, aber trotzdem nicht aufs Fußballspielen verzichten wollte, nahm er sich den Tischtennissport zum Vorbild und verlegte das Fußballspiel auf vier Tischbeine. In seinen späteren Jahren als Weltenbummler soll er mit seiner Erfindung sogar gegen Che Guevara angetreten sein, schreibt der „Guardian“ 2007 in einem Nachruf.
Doch Vorsicht: Nicht nur Spanien, auch Großbritannien, Frankreich und Deutschland behaupten, der Tischkicker sei von einem ihrer Landsleute erfunden worden. Wie auch bei anderen Erfindungen sind die Grenzen fließend, offenbar liegen bestimmte Ideen zu bestimmten Zeiten einfach in der Luft. Klar ist: Reich wurde Campos mit seiner Idee nicht und stieg schließlich mit einem eigenen Buchverlag wieder auf Gedichte um.
Mehr Erfolg hatte, wenn auch nur zu Lebzeiten, Fernando Casablancas, der 1913 eine neue, sehr viel schnellere Technik des Baumwollspinnens erfand, „die den Textilsektor quasi revolutionierte“, sagt Manuel Matellán. Für ihn ist Casablancas ein Paradebeispiel dafür ist, wie schnell auch große Erfinder mit großen Ideen wieder in Vergessenheit geraten. „Casablancas ist mit über 500 Patenten eine der Personen mit den meisten Erfindungen in Spanien“, sagt er. „In Barcelona ist ihm zwar eine Plaza gewidmet, aber ansonsten kennt ihn heute kaum noch jemand.“ Im Gegensatz zu seinem Enkel Julian, Leadsänger der Band „The Strokes“.

Zukunft der Erfindungen: Spanien muss mithalten
Und Matellán selbst? Muss der Präsident des Erfinderclubs in Spanien nicht auch ein geistiges Eigentum vorweisen? „Einen Kreisel, der sich öffnet, wenn er auf die Erde fällt und aus dem wie bei einem Feuerwerk kleine Kreisel herausspringen“, habe er erfunden, sagt er lächelnd und wechselt schnell das Thema. „Die größten Erfindungen liegen noch vor uns“, blickt er in die Zukunft und gerät bei Schlagwörtern wie Künstlicher Intelligenz, der Schaffung von Materie, Leben und Energie ins Schwärmen. „Uns erwartet eine Revolution, eine Welt, die wir so nicht kennen“, ist er sicher. Besorgniserregend finde er das nicht, schließlich wurde schon so vieles erfunden, was man vorher nicht für möglich gehalten hätte – vom Röntgenbild bis zum schnurlosen Telefon.
„Die Menschheit entwickelt sich konform weiter. Das ist wie auf einer Straße, wo alle mehr oder weniger im gleichen Tempo fahren. Früher, zur Zeit der Kutschen, waren das 15 Stundenkilometer, dann kamen die ersten Autos mit 40 km/h, dann die Autobahn, dann konnte ein Metallkörper fliegen und schließlich gelangte man mit Überschallgeschwindigkeit ins All.“ Alles zu seiner Zeit also. Hauptsache zwischen dem Flug zum Mars und der autonomen Fabrik ist noch Zeit für ein Spiel am Kicker oder einen süßen Chupa Chups. Denn einige Erfindungen und Ideen - auch aus Spanien - sind für die Ewigkeit.