Ordensvater der Zisterzienser ist jedoch Abt Bernhard von Clairvaux (1090-1153), der für die rasche Ausbreitung des Ordens in ganz Europa verantwortlich war und 1174 heiliggesprochen wurde. Das erste Zisterzienser-Kloster Spaniens war das 1140 gegründete Monasterio de Niencebas in La Rioja. In der Folgezeit wurden an die 50 weitere im Land errichtet.
Die Klöster im Camp de Tarragona wurden alle noch im 12. Jahrhundert gegründet. Das Monasterio Real Santa María de Poblet ist eines der größten Klöster in Europa und wurde 1992 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt, Santa María de Vallbona ist das einzige Nonnenkloster auf der Ruta del Cister und blickt auf über 800 Jahre ununterbrochenes klösterliches Leben zurück. Das Monasterio Real Santes Creues hingegen ist vor allem wegen seiner Königsgräber spektakulär.
Viele Zisterzienser-Abteien wurden – zumindest in der Frühzeit des Ordens – in abgelegenen Tälern, fernab von bedeutenden Handelsrouten errichtet, um in Abgeschiedenheit und Einfachheit leben zu können. Dass aber auch die Zisterzienser-Mönche das asketische Leben mit der Zeit schleifen ließen, zeigen einige überlieferte Kloster-Anekdoten. Gerade eine der wichtigsten Regeln des heiligen Benedikt – „auf das Fleisch vierfüßiger Tiere sollen alle verzichten, außer die ganz schwachen Kranken“ – fiel ihnen offenbar besonders schwer. Die Zisterzienser waren sehr einfallsreich, um das Fleischverbot zu umgehen, wie aus den Aufzeichnungen eines jungen Mönches in einem Kloster in Süddeutschland bekannt ist. So kramten die Mönche nicht nur ständig neue Heilige aus, an deren Ehrentag der Verzehr von Fleisch erlaubt war, sondern machten auch Fischotter und Biber kurzerhand zu Fisch – schließlich leben die Nager im oder am Wasser und schwimmen. Angeblich soll das im Mittelalter fast zur Ausrottung der beiden Arten geführt haben. In Spaniens Klöstern wiederum galt Kaninchen bisweilen gar nicht als Fleisch.
Besonders pfiffig war der Laienmönch Jakob im Zisterzienser-Kloster Maulbronn im heutigen Baden-Württemberg. Um ein Stück Fleisch in der Fastenzeit nicht verderben zu lassen, zerkleinerte und versteckte er es in Teigtaschen. Die typisch schwäbischen Maultaschen waren geboren, der Volksmund nennt sie auch „Herrgottsb’scheißerle“.
Doch natürlich war das Leben im Kloster trotz dieser kleinen „Sünden“ ansonsten nicht wirklich komfortabel. Auch die Klöster der Ruta del Cister und ihre Räumlichkeiten zeugen davon. Da war etwa das generelle Redeverbot, das die Mönche nur im Lokutorium für kurze Gespräche unterbrechen durften. Im Kloster Santes Creus etwa verbindet dieses „Sprechzimmer“ den großen mit dem hinteren Kreuzgang, es ist ein schmaler Gang mit Tonnengewölbe und zwei Sitzbänken rechts und links, durch den im Nordwesten Spaniens fast immer ein unangenehmer Wind pfeift. „So war dafür gesorgt, dass die Mönche sich hier nicht allzu lange aufhielten, um zu plaudern“, verrät der Guide der Klosterführung.
Auch ein Kerker findet sich im Innern der Kloster-Mauern, wo Buße und Bestrafung vonstatten gingen. In Santes Creus können Besucher Kritzeleien der eingesperrten Mönche an der Decke und ein Wandbild auf Höhe des zweiten Stocks sehen, das die Kreuzigung Jesu darstellt. Die Benediktusregel sah auch die Möglichkeit einer körperlichen Züchtigung zur Korrektur eines offensichtlichen Fehlverhaltens vor, etwa wenn ein Mönch wiederholt gegen die klösterliche Ordnung verstoßen hatte und auf keine andere Haltung, Lektion oder sonstige Strafe zurückgegriffen werden konnte.
Im Scriptorium im Stil der Spitzbogenromanik kommt den Besuchern erneut „Der Name der Rose“ und das zweite Buch der „Poetik“ des Aristoteles in den Sinn. In diesem Raum duplizierten auch die Zisterzienser reich verzierte Handschriften und fertigten neue Manuskripte an, es war eine der wichtigsten Aufgaben eines mittelalterlichen Klosters. Ordensvater Bernhard von Clairvaux erließ zu dieser Tätigkeit einschneidende Normen, schränkte etwa den Gebrauch von Farben ein und begrenzte die Ausschmückung der Handschriften auf die Initialbuchstaben, figurative Elemente sollten die Mönche komplett weglassen.
Waschraum, Mönchspforte, Dormitorium und der Kapitelsaal, in dem die Mönche den täglichen Lesungen eines Kapitels aus der Regel des heiligen Bernhards lauschten, sowie die Küche sind weitere Räume, die in den Konventen der Ruta del Cister Einblick in das Leben im Kloster geben und sich in vielen Zisterzienser-Abteien auch außerhalb Spaniens in Aussehen und Anordnung ähneln.
Auch Grabplatten – meist mit den Namen der verschiedenen Äbte oder auch des einen oder anderen Gönners – finden sich in den Klöstern, etwa an den Wänden oder im Boden des Kreuzgangs. Drei ganz besondere Gräber sind in der Kirche des Monasterio Real Santes Creus zu bestaunen. Dort ruhen in einem Schiefersarg nicht nur die sterblichen Reste des aragonesischen Königs Jakob II. der Gerechte (†1327) und seiner Gemahlin Blanca d’Anjou (†1310). Auch der 1285 verstorbene aragonesische König Pedro III., zu Deutsch Peter der Große (nicht der Zar), liegt hier bestattet.
Alle drei Grabmäler gelten in Spanien als wichtige Werke der frühen katalanischen Gotik. Der Leichnam Peters des Großen ruht in einem großen Porphyr-Sarg, der nach Meinung verschiedener Kunsthistoriker aus antiker, konkret aus konstantinischer Zeit stammt. Der ehemalige Abt Gener hatte sich die Gunst des Königs gesichert, der das Kloster für seine letzte Ruhe wählte. Die allerdings wurde im Jahr 2010 noch einmal gestört, als der Sarg im Zuge der Restaurierung des Pantheons geöffnet und die sterblichen Überreste von Pedro III., Jakob II. und Blanca d’Anjou zu wissenschaftlichen Zwecken exhumiert wurden, wie auf der Webseite für Kulturerbe der katalanischen Landesregierung erklärt wird.
Ein Team aus Historikern, Archäologen, Paläontologen und Anthropologen untersuchte die Leichname und gewann dabei wichtige Erkenntnisse über Leben, Krankheiten und Tod dieser Persönlichkeiten sowie auch über Aussteuer und Bestattungsriten im Spanien jener Zeit. Das folgende Video des katalanischen Ministeriums für Kulturerbe zeigt das Innere des Grabes Pedros III. vor der Öffnung.
Doch entlang der Ruta del Cister können Touristen nicht nur die monumentalen Klosterbauten und deren Religions- und Königsgeschichte entdecken, sondern auch etliche Burgen, weitere Kirchen und eine von Flüssen durchzogene grüne Landschaft, die mit unzähligen Routen zum Wandern einlädt. Außerdem lockt die Region mit einer hervorragenden Küche und historischen Kellereien, den sogenannten Cellers, in denen bei einem Ausflug die Weine des Anbaugebiets Camp de Tarragona verköstigt werden können. Einige von ihnen sind wahre architektonische Juwele des katalanischen Modernisme. Und Klöster und Wein sind immer eine gute Kombination.
Die Tourismus-Route bilden die drei Zisterzienser-Klöster Poblet, Santes Creus und Vallbona de les Monges sowie weitere interessante Orte in der Provinz Tarragona (Katalonien). Informationen und nützliche Hinweise zu Sehenswürdigkeiten, Weintourismus, Unterkunftmöglichkeiten und vielem mehr gibt es – auch auf Englisch – auf der Webseite der Ruta del Cister oder telefonisch unter der Nummer 977 861 232.