Das Rosenkranzgebet am Pfingstsonntag und die Abschlussprozession am Pfingstmontag sind die liturgischen Höhepunkte der Wallfahrt, bei der die 125 Standarten der Rocío-Bruderschaften abgeschritten werden, die teils mühsame Wege auf sich nahmen. Dazwischen und drumherum: Volksfest in andalusischen Ausmaßen: Urig, fröhlich, innig, fromm und auch frömmelnd, manchmal ein bisschen archaisch, manchesmal hysterisch und bei aller Marienverehrung letztlich doch sehr irdisch.
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Es ist ein Event, bei dem sich religiöse und weltliche Emotionen vermengen, ohne miteinander konkurrieren zu müssen. Bei dem Habitus und Kulissen eine große Rolle spielen, ein Aufgalopp mit der finalen Szene vor dem Sanktuarium, der Ermita de El Rocío, um die herum das Jahr über kaum 1.500 Menschen leben. Für kurze Zeit wird es zum spirituellen Zentrum der Gläubigen und vieler Mitläufer.
Die Mutter aller Wallfahrten für die Mutter aller Mütter, kurz „El Rocío“ genannt, ist die Apotheose der Semana Santa, der Osterzeit, die mit Pfingsten für das Christentum mit der Ausgießung des Heiligen Geistes ihr Ende erreicht, – in Andalusien ergänzt um die Eingießung erklecklicher Mengen Sherrys, das Schnarren der Gitarren und das Stampfen der Flamencotänzer. Denn viele der spanischen Roma verstehen die Virgen del Rocío als ihre Schutzheilige. Ihre Entstehungslegende fällt just in die Zeit, als die gitanos nach Spanien kamen, um zu bleiben. Und sie hatten Schutz bitter nötig, nicht selten sogar vor der Katholischen Kirche selbst.
Im 15. Jahrhundert soll ein Jäger aus Sevilla in einem Waldstück bei Almonte ein Marienbildnis in einem Baum erblickt haben, das die Einwohner in einer Prozession in die Stadt trugen. Doch bereits Alfonso der Weise wies im 13. Jahrhundert, nach der Reconquista des Örtchens Niebla, den Bau einer Marienkapelle bei Almonte an, so dass die Erscheinung der Allerheiligsten später wie eine Bestätigung seines Tuns gesehen werden konnte.
Die Virgen tat Wunder, beendete Dürren und hielt Plagen fern, sie wurde Patronin von Almonte und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde ihre Wundertätigkeit auch durch den Vatikan anerkannt und mit der Krönung ihrer Statue besiegelt. Seit dem 16. Jahrhundert war ihr eine Ermita gewidmet, doch mit all ihrer Wundertätigkeit konnte die Jungfrau das große Erdbeben von Lissabon 1755 doch nicht verhindern, das auch ihr Sanktuarium zerstörte. Aus katholischer Sicht war dies nur eine weitere Prüfung, wie ernst es die Gläubigen mit ihrer Verehrung für die Heilige Jungfrau meinen. Sehr ernst, denn sie bauten ihren Tempel wieder auf und in den 1960er Jahren sogar einen neuen.
Gepilgert wurde stetig zu ihr, zur Ermita wie zur Jungfrau, allmählich jedoch schälte sich Pfingsten als die würdigste Zeit für die zentrale Wallfahrt heraus, 50 Tage nach Ostern und seinen endlosen Prozessionen und doch noch kurz vor dem unerträglich heißen Sommer Andalusiens.
Webportal zur Wallfahrt El Rocío
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